Der Engel Der Kurie
Luigi lachte, »und die Farnese verstehen damit sehr gut zu leben. Sie wissen ihre Helfer zu belohnen, denn als das Amt des Notarius cancellariae Anfang dieses Jahres verfügbar wurde, soll ein den Farnese verbundener Bankier Trippa die Differenz zwischen der Simoniegebühr und seinem Vermögen geliehen haben.«
»Ganz schön kompliziert«, bemerkte Cesare. »Und was hilft uns das in unserem Fall?«
»Na, falls irgendeiner der Farnese die Finger im Spiel hat, muß Monsignore Trippa für die Purpurhüte die Kohlen aus dem Feuer holen.«
»Sag, Cesare«, mischte sich Serena zaghaft ein, »willst du jetzt immer noch einen Farnese zum Papst?«
Er mache eine abwehrende Handbewegung. »Es ist mir egal. Ich will dir nur helfen, den Mörder deiner Tante zu finden; und wenn's ein Farnese ist, dann soll es ihm genauso schlecht ergehen wie jedem anderen.«
Serena schenkte ihm ein Lächeln. »Und wie wollen wir vorgehen?«
»Ich finde das aufregend«, sagte Luigi. »Ich werde Trippa mit meinen Jungs im Borgo auf die Pelle rücken und versuchen, meinen Vater bald in einer seiner redseligen Stunden zu sprechen. Ihr glaubt gar nicht, was so ein Suppliken-Referendar alles mitkriegt.«
»Und wir«, warf Cesare ein, »kümmern uns um die Mezzana, die deine Tante zu Bischof Senili geschickt hat, und hören uns bei den Huren um.«
Als sich Cesare und Serena von Luigi verabschiedeten, vereinbarten sie, sich bald wieder in der Laube der Braschi zu treffen und einander bei besonderen Vorkommnissen rasch zu verständigen. Cesare ließ es sich nicht nehmen, Serena bis zu Apollonia zu begleiten. Er schärfte ihr ein, keine riskanten Alleingänge zu unternehmen.
»Die Sache«, raunte er, »kann gefährlich werden. Ich will dich nicht verlieren.«
Sie nickte und sah ihm lange nach; in Zukunft würde sie ihn sofort an seinem Gang erkennen, und dieser Gedanke tröstete sie seltsamerweise. Freundschaften, dachte sie, sind der Anker der Welt, ohne Freunde triebe jeder so ziellos dahin wie ein Schiff ohne Anker im Sturm. Ganz nebenbei bemerkte sie, daß sie Cesare überhaupt nicht mehr häßlich fand.
Oben winkte sie Apollonia zu sich. Die Ruffiana zeigte einen gequälten Gesichtsausdruck. »Ich fürchte mich.«
Serena erschrak. So hatte sie Apollonia noch nie sprechen hören.
»Ja, mein Kleines, ich fürchte mich tatsächlich. Wenn die römischen Puttani nicht mehr sicher sind, dann geht die Stadt unter, glaube mir. Es gibt einen Mönch«, fuhr die Kupplerin mit tonloser Stimme fort, »einen Dominikaner; Giuseppe sagt, er sei ein Tedesco; vielleicht ist er ehrlich. Jedenfalls habe ich ihm gestern einen Hinweis auf Claudia gegeben, als er sich bei mir nach Engeln erkundigt hat. Kann sein, daß ihm an der Wahrheit gelegen ist. – Geh und schau dich auf dem Campo de Fiori um, und wenn du ihn siehst, so bringe ihn zu mir. – Wer, wenn nicht die Canes domini, sollte das Verbrechen aufklären? Kannst du das für mich tun?«
Das Mädchen nickte.
»Er ist dick. Du wirst ihn leicht erkennen. Wenn du ihn siehst, frage ihn, ob er Engel sucht; an der Art seiner Antwort wirst du ermessen, daß er auf unserer Seite ist. – Und paß auf, daß niemand an dir Anstoß nimmt; binde dir ein Kopftuch um, das hält die Männer besser ab.«
In ihrem Kopf herrschte eine heillose Unordnung, als Serena zum Campo de Fiori ging, aber die Aussicht, einen ehrlichen Mönch zu treffen, der bereit sein könnte, Bibianas Mörder zu suchen, ermutigte sie. Noch war heller Tag, und nach einem kurzen Rundgang über den Platz wußte Serena, daß der Dominikaner nicht da war. Vielleicht würde er später kommen. Sie mischte sich unter einige Huren, die sie von Apollonia her kannte, und versuchte, sich von dem Gekicher und Geplapper ablenken zu lassen. Alle hofften, es einmal jenen Cortigiani gleichtun zu können, die mit Kutschen zu ihren Liebhabern fuhren.
Erst als es schon dunkel geworden war, bemerkte Serena drüben bei Giuseppe einen dicken Mönch, der auf einem Schemel saß. Langsam ging sie auf den Dominikaner zu. Ihr Herz klopfte. Von den Dominikanern gab es üble Geschichten, sie galten als die Herren der Inquisition, sie waren diejenigen, welche die Hexen verfolgten und viele arme Frauen auf den Scheiterhaufen brachten.
Serena gab sich einen Ruck und trat unmittelbar vor den Mönch hin.
»Was willst du, mein Kind«, fragte er, und seine Stimme hatte einen mitfühlenden Klang.
»Bist du auf der Suche nach Engeln?« fragte sie und sah, wie es in seinen
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