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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Brun
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verstand sich jedoch blind auf das Entriegeln von Schlössern.
    Nach wenigen Momenten vernahmen sie ein leises metallisches Knacken. Luigi öffnete die Tür. Vorsichtig traten sie ein und sahen einen mittelgroßen Raum von etwa sieben auf fünf Doppelschritte. Die Luft war kalt und roch modrig, durchsetzt von einem süßlichen Hauch.
    Luigi zog die Tür hinter sich zu und entzündete eine Kerze. An der Längsseite des Raumes sahen sie zwei Bahren. Ihnen stockte der Atem. Zögernd trat Luigi auf eine Bahre zu und hob ein weißes Leintuch an; mit einem spitzen Schrei ließ er den Stoff fallen und wich an die Wand zurück.
    »Um Gottes willen«, stöhnte er, »das sieht ja schrecklich aus. Das solltest du dir nicht anschauen, Serena.«
    »Doch«, widersprach Serena, »ich will es sehen, meiner Tante zuliebe.«
    Sie nahm all ihren Mut zusammen und schritt auf die erste Bahre zu. Vorsichtig hob sie das Leinentuch hoch. Aschfahl sprang sie das Gesicht eines Mädchens an, in dessen Augen eine erschreckte Frage lag. Serena hielt einen Moment inne, weil sie glaubte, das Mädchen zu kennen; sie hatte diese junge Frau schon einmal gesehen, aber sie konnte nicht sagen, wo. Schließlich schüttelte sie den Kopf, ließ das Tuch sinken und ging zur anderen Bahre.
    Auch Cesare war an die Bahren herangetreten; hastig blickte er bei der einen und der anderen unter die Leichentücher, während Serena einen Augenblick brauchte, um sich zu sammeln und auch unter das zweite Tuch zu schauen.
    Ein halb erstickter Schrei drang über ihre Lippen. Vor ihr lag Bibiana. Ihr Körper war verkrümmt. Serena zitterte, aber dann zog sie das Tuch ganz herunter, bis die Leiche offen vor ihr lag. Über und über bedeckten blaue Flecken die blasse Haut. Die strahlenden Augen ihrer Tante waren starr, und der Mund war halb geöffnet wie von einem ungläubigen Staunen. Die mädchenhafte Brust auf der rechten Körperseite war unversehrt und wunderschön anzusehen, doch der linke Busen bot einen grausigen Anblick. Genauso übel zugerichtet zeigte sich der Bauch: Er war unterhalb des Rippenbogens aufgeschlitzt worden.
    Unfähig, ein Wort zu sprechen, stand Serena nur da und starrte auf die Leiche. Es dauerte eine geraume Zeit, bis ihr Tränen über die Wangen liefen. Dann hauchte sie ihrer Tante einen Kuß auf die Lippen, drehte sie sich um und kehrte zurück zum Treppenhaus. Rasch folgten ihr Cesare und Luigi. Am Absatz hielten sie kurz inne, weil sie Stimmen hörten, und huschten schließlich hinaus auf den Hof und in das Hinterhaus, wo sie zur Sicherheit nochmals unter dem Treppenabsatz warteten, bis sie die Gebäude der Kanzlei in Richtung Porta Castello verließen.
    »Verflucht«, zischte Luigi, als sie unterhalb der Engelsburg am Tiber standen, »wir haben vergessen, das Leichentuch wieder über die Tote zu breiten.«
    Cesare schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn. »Das hätte uns nicht passieren dürfen. Hoffentlich fällt das niemandem auf.«
    »Jetzt ist es zu spät. Egal. – Hast du deine Tante erkannt?«
    »Ja«, flüsterte Serena; ihr war ganz flau geworden.
    »Sie bewahren dort zwei tote Frauen auf«, bemerkte Cesare. »Warum?«
    »Weil es ein Geheimnis ist«, erklärte Serena leise. »Vielleicht wollen sie den Mörder schützen.«
    »Das müssen wir herausbekommen«, sagte Cesare und streckte Luigi die Hand entgegen; dieser schlug ein und legte sich dann seine Faust an die Brust.
    »Ist das eure Art, einen Pakt zu schließen?« fragte Serena und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen.
    »Ja.« Luigi grinste. »Wir nehmen uns diese Mistkerle vor.«
    »Was weißt du über den Monsignore?« Cesare fragte so geschäftsmäßig, als wäre er bei einem Inquisitor in die Lehre gegangen.
    »Wir kennen ihn sehr gut«, erwiderte Luigi einen Hauch zu großspurig. Er legte seinen Arm auf Cesares Schulter und schob den Freund einen schmalen Weg hinauf zu einem kleinen, umzäunten Weinberg. Luigi kannte das Schlupfloch, und bald waren sie hinter einer Hecke verschwunden. In der abgeschirmten Weinlaube, dem Liebesnest der Familie von Braschi, wie Luigi kundig mitteilte, begann er über Trippa zu berichten.
    »Monsignore Trippa ist ein Günstling des Kanzlers, er hat schon mehrfach Aufgaben für Farnese erledigt, der ihn wiederum schützt, wenn von einer Seite, die dem Papst nicht wohlgesonnen ist, Angriffe auf den Kanzleinotar erfolgen. Aber spannender als diese Verflechtung ist die Art und Weise, wie Trippa an sein Amt gelangt ist. Er hat es wie

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