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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Brun
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dem kurzen Weg hinüber zum Palazzo Garilliati tat es ihm leid, Claudia so plötzlich verlassen zu haben. Was würde sie von ihm denken? Daß er ein ebenso herzloser Mann war wie all diejenigen, die sie in ihrer Zeit als Cortigiana benutzt hatten? Er hatte im Hinauslaufen die Enttäuschung in ihren Augen gesehen; also hätte er kehrtmachen müssen, tadelte er sich. Doch setzte er mit schlechtem Gewissen seinen Weg zu Garilliati fort, wo er von einem Lakaien sogleich in einen prunkvollen Raum geführt wurde. Hinter einem schweren Tisch saß der prahlerische Bankier, neigte leicht den Kopf und begrüßte Jakob mit herablassendem Tonfall.
    »Eure Bitte sei Euch, wie ich gestern bereits sagte, gewährt«, näselte Garilliati. »Erlaubt mir allerdings eine Frage: Wen bezahlt Ihr für die frivolen Dienste? Casale? Oder Frangipane? Oder einen dritten?«
    »Noch bin ich frei in meiner Entscheidung«, erwiderte Jakob und überlegte fieberhaft, was für eine Falle ihm hier aufgestellt sein könnte, »wenngleich die heftigste Verlockung von den Angeboten des Vizedatars ausgeht. Solltet Ihr einen Ratschlag parat haben, wie ich in den Genuß bester Engel gelange, so sprecht ihn unverblümt aus; ich bin gewogen, erst danach mein Urteil zu bilden.«
    »In der Tat«, Garilliati lächelte und fuhr sich dabei mit der Zunge über die Lippen, »sind Casales Engel die besten, wenngleich … sie zu kurzem Leben neigen.« Er blickte Jakob prüfend an.
    »Wie muß ich das verstehen?« fragte Jakob und hatte schon Angst, er wäre mit dem Versuch, sich dumm zu stellen, einen Schritt zu weit gegangen, als Garilliati wieder lächelte. Anscheinend funktionierte der Trick, und Jakob wurde wieder einmal von seinem Gegenüber unterschätzt.
    »In der Stadt gibt es Gerüchte, daß Huren ermordet worden sind, und es sollen stets Casales Mädchen gewesen sein, die starben … Mir scheint, Frangipane drängt sich in das Gewerbe; Ihr kennt den Dicken doch näher? Macht er neuerdings Angebote?«
    »Nein«, antwortete Jakob ehrlich überrascht, »ich hielt ihn bis eben ausschließlich für einen Genießer. Wie kommt Ihr zu Eurer Annahme?«
    »Fama agit.« Garilliati zuckte mit den Achseln. »Eigenartig ist nur, daß alle toten Engel in irgendeiner Beziehung zu Frangipane standen, das heißt, sie waren wenige Tage vor ihrem Tod bei unserem Freund aus dem Mezzogiorno; und wer ins Geschäft kommen möchte, der muß versuchen, die Konkurrenz auszuschalten. – Geht es ihm besser? Hat er die gestrige Attacke überstanden? – Es muß doch einen Grund haben, daß ihm jemand nach dem Leben trachtet. Da es auf meinem Fest geschah, habe ich ein natürliches Anrecht darauf, an der Aufklärung mitzuwirken, findet Ihr nicht?«
    Jakob nickte. »Ich weiß allerdings nicht, wie ich Euch dabei helfen könnte.«
    Garilliati klatschte in die Hände. »Das sieht Ambrogio ähnlich, dem alten Fuchs. Er benutzt Euch, und Ihr merkt es nicht.«
    »Wie meint Ihr das?«
    »Ambrogio steht für eine riesige Summe gerade. Glaubt Ihr, er tut das aus Nächstenliebe? Damit Ihr Euer Vergnügen mit Engeln habt? Kein Farnese ist ohne Grund freigebig, mein Freund. Ambrogio will etwas erreichen, und Ihr seid sein Mittel zum Zweck. Ich wüßte zu gern, was in dem Fuchs vorgeht. – Ich gebe Euch zweihundert Scudi extra, wenn Ihr mir versprecht, dem Intriganten eine wächserne Nase zu drehen.«
    »Was soll ich tun?«
    »Ihr nehmt Euch weder von Casale noch von Frangipane Engel, sondern versucht Euer Glück an ganz anderer Stelle, die niemand vermutet.«
    »Nun gut«, erwiderte Jakob scheinbar zögernd, »aber die Engel müssen ihre Qualitäten haben. Von Casale hat man mir versprochen, sie seien jung und gepflegt, hätten alle Pforten offen wie Roms Kirchen im Heiligen Jahr und ließen sich danach zu den notwendigen Bußübungen herbei, die den Ablaß bringen.«
    Garilliati nickte mit Kennermiene. »Ihr seid gut informiert, aber ich nenne Euch einen Namen, der das alles und vielleicht noch mehr garantiert. Ihr müßt allerdings äußerst verschwiegen sein; kein Wort zu Ambrogio.«
    »Ich bin einverstanden«, erwiderte Jakob und schlug in die Hand ein, die ihm der Bankier hinhielt. »Von wem sprecht Ihr?«
    »Ihr werdet überrascht sein, denn Ihr kennt ihn. – Geht zu Monsignore Trippa.«
    »Ihr erlaubt Euch einen Scherz«, entgegnete Jakob. Sein Mund blieb vor Erstaunen sperrangelweit offen; nun wirkte er in der Tat so begriffsstutzig, wie ihn manche in Rom offensichtlich

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