Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Brun
Vom Netzwerk:
anmutigen Unterhaltung mit Damen verbinden. Lydia gab die Dame des Hauses und steigerte ihren gesellschaftlichen Glanz, während ich in den hinteren Gemächern blieb und die Verwaltung besorgte; das half mir, meinen Schmerz zu vergessen, und ich begann mir selbst zu gehören, das erste Mal in meinem Leben.« Nun weinte sie, und ihre Tränen rührten Jakob mehr an, als er es sich eingestehen wollte.
    »Wem gehörtest du zuvor?« fragte er mit leiser Stimme.
    »Stets irgendwelchen Männern. Angelo del Bufalo nahm mich schließlich mit Haut und Haar, ehe er mich fallenließ. – O nein, ich beneide Ambrosina nicht; ihr steht all dies noch bevor, was ich in den letzten zwei Jahren durchlitten habe; und weil ich das weiß, kann ich sie nicht hassen; sie tat nichts anderes als ich, sie eroberte jenen Mann, dem jede zweite Dame Roms zu Füßen liegt. – Mir fehlen die rauschenden Feste nicht mehr, die Angelos Palazzo so berühmt machen, daß in diesem Karneval sogar Isabella d'Este zugegen war. Bis gestern habe ich die Ruhe in diesen Gemächern genossen, diese Ruhe, die mir Lydia mit ihrer Umtriebigkeit schenkte. Wer, so frage ich dich, erinnert sich noch an die strahlende Claudia, die Geliebte des Angelo del Bufalo, die Cortigiana der Bischöfe von Rapolla und Genazzano und des Grafen Garilliati? Niemand. Raimondo hat sich mit Gratiosa Paduana getröstet, Garilliati ist in den Tiber gefallen und die Colonna kämpfen um ihre Burgen. Ich bin vergessen, und das ist gut so.«
    Ihre Stimme klang betrübt, und ihr Blick ging ins Leere. Jakob sann ihren Worten nach, darüber, in welcher Verbindung sie möglicherweise zu den Morden standen. Plötzlich kam ihm der Bischof von Rapolla wieder in den Sinn, den Claudia bereits gestern erwähnt hatte.
    »Jener Raimondo, zu dem du Bibiana schicktest, ist Senili, der Bischof von Rapolla, nicht wahr?«
    Claudia nickte.
    »Hast du ihm des öfteren Mädchen vermittelt?«
    »Ja. Ab und an überkommt ihn der Wunsch nach Jungfrauen, und es schien mir nicht von Übel, ihn zufriedenzustellen. Du mußt wissen, daß Bischof Senili an sich dem Weib wohlgesonnen ist, denn er führt mit Gratiosa in seinem Haus beinahe das Leben eines Familienvaters.«
    »Mit deiner Nachfolgerin?«
    »Ich war seine Geliebte, Gratiosa ist seine Konkubine.«
    »Wo ist der Unterschied?«
    Claudia errötete. »Ich hatte weitere Liebhaber neben ihm und teilte nicht sein Haus; Gratiosa dagegen teilt Tisch und Bett mit ihm wie eine Ehefrau und ist ihm treu ergeben.«
    Jakob dachte einen Moment darüber nach, ehe er fragte, was mit den Engeln geschah.
    »Sie mußten ihm mit beinahe jeder Körperöffnung zu Willen sein, und manchmal bestrafte er sie danach mit der Rute für ihre Lasterhaftigkeit. Aber niemals ernsthaft – soweit ich es weiß.«
    »Wir fanden Bibiana in einem Gebüsch unter der Engelsburg. Ihr Leib war zerschunden. Über ihren Po zogen sich blaurote Striemen wie von einem Rohrstock oder einer Peitsche, Arme und Rücken zeigten viele blaue Flecken, und im Po sah man kleine Verletzungen von einem Eindringen der gewalttätigen Art. – Könnten diese Wunden von Raimondo Senili stammen?«
    Claudia sah ihn hilflos an. »Ich weiß es nicht. Vielleicht griff er zu Rohrstock oder Peitsche, um die Bußstrafe mit Nachdruck zu vollstrecken. Und ihr Po …« Sie zögerte. »Nun, es ist, wenn jene Pforte genommen und mit dem Gänsefett gespart wird, ein Akt der gewaltsamen Art – doch wenn du von solchen Erfahrungen frei bist, so erspare es mir, dich hier zu belehren.«
    Ein Schauder lief über Jakobs Rücken; wohl waren ihm Berichte über die Knabenliebe bekannt, doch fehlte ihm genauere Kenntnis darüber, und wenn er sich ein Bild zu machen versuchte, befiel ihn Ekel.
    »Auf solcherlei Belehrung«, erwiderte er leise, »verzichte ich gern. – Doch könnte es sein, daß Senili Gefallen am Töten fand?«
    »Niemals«, rief Claudia sofort. »Er ist kein schlechter Mensch; ich glaube sogar, daß er zu den wenigen wahrhaft Guten gehört, bei all seinen Fehlern im sechsten Gebot. Und warum sollte er ausgerechnet Bibiana töten, die ihm von mir geschickt wurde, von der auch ein anderer weiß, daß sie zu ihm ging? Fiele nicht stets auf ihn der erste Verdacht?«
    Das leuchtete Jakob ein, doch nahm er sich vor, den Bischof selbst so bald wie möglich aufzusuchen. Nun mußte er noch das Schicksal der anderen Mädchen erfragen und bat Claudia, ihm von jeder der Toten den Herrn zu nennen, der zuletzt nach ihr verlangt

Weitere Kostenlose Bücher