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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Brun
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hielten.
    Garilliati lachte schallend. Er nahm ein Leinensäckchen vom Tisch, trat auf Jakob zu und legte ihm das Gold in die Hand.
    »Es sind zwölfhundert; viel Spaß. – Übrigens fände ich es entgegenkommend, wenn Ihr mir bei Gelegenheit berichten würdet.« Dann führte er Jakob zur Tür, die wie auf ein geheimes Zeichen hin von außen geöffnet wurde; der Lakai nahm Jakob in Empfang und geleitete ihn zum Tor.
    Auf der Strada del Popolo versuchte Jakob seine verworrene Lage zu überdenken und schlenderte die wenigen Meter zum Kapitol hinüber. Langsam erklomm er die Himmelsleiter, jene Treppe mit ihren einhundertvierundzwanzig Stufen hinauf zu Santa Maria, die in der Zeit des päpstlichen Exils zu Avignon erbaut worden war. Je näher er der schlichten Backsteinfassade kam, um so deutlicher empfand er die Würde des Ortes, an dem bereits in der Antike ein Tempel der Juno Moneta gethront hatte, und als er in die düstere Basilika eintrat, fielen die weltlichen Dinge, die ihn Momente zuvor noch so sehr in Beschlag genommen hatten, von ihm ab.
    Jakob bekreuzigte sich und suchte die Ädikula, jenen Ort der sibyllinischen Verheißung von der jungfräulichen Geburt des göttlichen Kindes; Augustus selbst hatte daran geglaubt und damals einen Altar zu Ehren des Erstgeborenen Gottes errichten lassen. Jakob kniete nieder und gedachte der heiligen Helena, welche die Reliquien von Christus' Passion nach Rom bringen ließ. Du heilige Frau, betete Jakob, gib mir Rat in meiner Lage, die so verworren ist, daß ich am liebsten nichts anderes möchte als fliehen. Er hob den Blick und verharrte stumm, bis ihn die Knie schmerzten. Er wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war, aber er fand immer noch keine Antwort auf die vielen Fragen, die ihn plagten. Im Mittelpunkt seiner Überlegungen stand, ob ihm Garilliati eine Falle stellte oder ob der Bankier Ambrogio wirklich eins auswischen wollte. Im letzteren Fall mußte er den Hinweis, Frangipane versuche sich als Mädchenhändler, ebenso ernst nehmen wie den Verdacht, Trippa spiele ein doppeltes Spiel. Wenn Garilliati ihm allerdings eine Falle stellte, konnte er auf keine der Äußerungen des Bankiers einen Scudo geben und müßte sich, um Ambrogios Vermutungen hinsichtlich Fabricio Casales zu bestätigen, mit dem Medici-Bankert in Verbindung setzen. Das wiederum könnte Claudia in arge Schwierigkeiten bringen.
    Er wollte bereits mit Gott hadern, als ihm klar wurde, daß er Ambrogio Farnese keinesfalls trauen dürfe; er konnte nicht sagen, woher diese Gewißheit kam, aber er nahm sie als einen göttlichen Hinweis und dankte der heiligen Helena dafür. Ebenso gelangte er, was Monsignore Trippa anging, zu neuen Einsichten; erstens zeigte sich Trippa stets als erster von den neuen Morden unterrichtet; zweitens legte er es darauf an, die Taten geheimzuhalten und Jakob von allen anderen abzuschotten, die möglicherweise zu einer Lösung des Falles beitragen konnten, und drittens gab er selbst keinerlei Informationen preis, während er von Jakob genaueste Aufklärung forderte. Diese drei Gründe wiesen mit überzeugender Kraft auf den Monsignore als Verbündeten des Verbrechens hin und machten ihn auf jeden Fall als Vertreter von Recht und Gerechtigkeit unglaubwürdig. Kein ernstes Wort würde er mehr mit dem Kanzleinotar wechseln, nahm sich Jakob vor, und begann den Umstand, daß Trippa vor knapp einem Jahr sein Amt teuer von Casale erkauft hatte, mit anderen Augen zu betrachten. Was, wenn Trippa und Casale wirklich unter einer Decke steckten, wie Ambrogio es vermutete? Dann hätte Jakob jenes Gefühl nicht getrogen, wonach er Spielball dieser heimlich wirkenden Kräfte war; dann wäre er Teil jenes perfiden Schauspiels, in welchem die Darsteller von ihrer Aufgabe gar nichts wußten. Aber welche Figur spielte Frangipane? Ambrogio hatte ihn mit einem zwar gefährlichen, aber letztlich ohnmächtigen Bauern verglichen. Doch war auch dieser Vergleich eine Finte? Die heilige Helena schwieg dazu.
    Das Geheimnis der Engel lag also weiterhin im verborgenen, als Jakob Aracoeli verließ und langsam die Himmelsleiter hinunterstieg; Rom lag in abendlicher Dämmerung vor ihm, und unterhalb des Kapitols sammelte sich allerlei Volk; bis in die Strada del Popolo hinein war es ein Kommen und Gehen. Unter manchem Fenster standen die Männer in Gruppen und plauderten mit den Kurtisanen, die in ihren offenen Fenstern hockten und durchaus einen Galan, der ihnen ordentlich den Hof machte, auf eine Nacht

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