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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Brun
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hatte.
    »Paola«, erinnerte sich Claudia, »die am Ende der Tiberinsel angespült wurde, war der Engel von Bischof Frangipane. Eines Nachts kehrte sie nicht mehr heim. Dora dagegen besuchte zum ersten Mal einen Herrn außerhalb unseres Hauses. Das arme Ding war erst vor wenigen Monaten aus einem Städtchen der Orsini nach Rom gekommen, um hier ihr Glück zu versuchen; sie war jung und bedurfte vieler Anleitung. Der hohe Herr, der sich mit ihr vergnügen wollte, wünschte aber, keinesfalls in ein öffentliches Haus kommen zu müssen. Ein hohes Entgelt räumte all meine Bedenken aus. Also ließ ich sie ziehen und war anderntags sehr erschrocken, als Dora in den Ruinen unterhalb des Kapitols gefunden wurde.«
    »Wie lautet der Name jenes Herren?«
    »In diesem Fall kenne ich den Namen nicht.«
    »Weiter – wohin ging das dritte Mädchen?«
    »Tullia, die man bei San Pietro in Montorio fand, stand seit Monaten bei Ambrogio Farnese in höchster Gunst«, antwortete Claudia und schlug die Augen nieder. Jakob spürte einen Stich in seiner Brust – also auch Ambrogio, dachte er und rang nach Atem. Daß Frangipane sich mit Engeln vergnügte, überraschte ihn nicht, denn von dessen Leidenschaften wußte halb Rom. Bei Ambrogio verhielt es sich anders; Jakob hatte dem Farnese vertraut und ihn für einen Menschen gehalten, der mit der Moral innigeren Umgang pflegte als dieser aristokratische Pöbel, dessen Laster zum Himmel stanken. Wie konnte Jakob zukünftig noch ein Wort aus Farneses Mund für die Wahrheit erachten?
    Von den Fingerspitzen die Arme hinauf zog eine Kälte, die Jakob allmählich erstarren ließ. Selbst die Frage nach dem Sinn der ganzen Nachforschungen, die sein Herz rasen ließ, erfror langsam in dieser namenlosen Angst; ihm schien es, als habe sich alles gegen ihn verschworen und als seien die Verbrechen nur begangen worden, um ihn auf die Probe zu stellen. Hatte ihn nicht Ambrogio mit Absicht auf sein Fest geladen, der Kanzler ihn planvoll ausgewählt und Trippa ihm mit diabolischer Freude seinen Auftrag überbracht? Gewiß waren weder sein erstes Zusammentreffen mit Frangipane in der Kanzlei des Monsignore noch die Begegnung mit Apollonia Zufall, sondern eine gesteuerte Notwendigkeit, deren Sinn kunstvoll vor Jakob verborgen wurde. Gehörte alles zu einer teuflischen Komödie, angezettelt von einem jener gelangweilten Purpurträger, die einem Schauspiel nur noch dann Vergnügen abgewannen, wenn es sich, den handelnden Figuren unbekannt, im sogenannten wahren Leben abspielte? Man wußte doch von jenem Angelo del Bufalo, dem Claudia noch immer nachtrauerte und der mehr als nur die berühmte Kurtisane Imperia in den Selbstmord getrieben hatte, daß er auf seinen Festen Theaterstücke aufführen ließ, in denen Liebende von echten Liebespaaren gespielt wurden; da gab es kein Tabu, das nicht gebrochen worden wäre, sie liebten und hurten vor allen anderen und taten auf schamloseste Weise, als wären sie allein. Wo, wenn nicht in der perfiden Art eines Schauspiels mit Darstellern, die von ihrer Rolle gar nichts wissen, fände sich eine Steigerung solch verruchter Unterhaltung?
    »Herr«, stammelte Jakob tonlos, »verbirg mich vor der Schar der Bösen, rette mich vor dem Toben derer, die Unrecht tun.« Er hob den Blick zur Decke hinauf, die ebenfalls mit goldverziertem Leder ausgeschlagen war, und murmelte die Verse der beiden Psalmen um Gottes Hilfe, die er gerade ineinander verwoben hatte, in der richtigen Art. Dieses Gebet beruhigte seine Sinne. Allmählich wich seine Furcht einer neuen Zuversicht. Er zwang sich, Claudia weitere Fragen zu stellen und dabei direkt auf Fabricio Casale abzuzielen. Hatte Claudia nicht gestern bereits den Namen Fabricio erwähnt? Und wenn in diesem teuflischen Spiel alles mit allem zusammenhing, wie es Ambrogio mit seiner Erklärung am Schachbrett aufgezeigt hatte, mußte Casale mit Claudia bekannt sein.
    Jakob sah Claudia streng an und fragte: »An alle diese Herren in Purpur vermittelst du die Mädchen selbst?«
    »Es fällt mir schwer, dir diese Frage zu beantworten«, entgegnete sie stockend, »denn der Arm jenes Mannes, der in besonderen Fällen den Vermittler spielt, reicht in jeden Winkel von Castel Sant' Angelo bis San Giovanni in Laterano. Keiner wünscht sich ihn zum Feind, selbst zum Gegner mag ihn niemand. Nur wer ihn seinen Freund heißen kann, schläft ruhig.«
    »Sprich den Namen ruhig aus, denn ich kenne ihn längst.«
    »Du weißt von Fabricio Casale?« Claudia

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