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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Brun
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erschrak.
    Jakob nickte.
    »Er ist gefährlich, sehr gefährlich.« Sie schlug für einen Moment die Augen zu. »Hat er mit Lydias Tod zu tun?«
    »Das möchte ich herausfinden. Du kannst mir dabei helfen.«
    »Wenn ich helfen kann, Lydias Mörder zu finden, werde ich helfen. Was muß ich tun?«
    »Zunächst muß ich alles über die Engel wissen. Dann brauche ich jede mögliche Information über deine Kunden. Was sind das für Männer, die sich bei dir oder Casale Engel bestellen? Ich muß diese Menschen verstehen, selbst wenn sie wenig Menschliches an sich haben.«
    »Wenig Menschliches«, wiederholte Claudia. Dann wurde sie zornig. »Ja, es sind Tiere, richtige Tiere.«
    Jakob verstand ihren Zorn. Allein der Umstand, daß sie als Kurtisane wahrhaft lieben konnte, berührte ihn unerwartet. Christus hatte recht, dachte er, als er die Ehebrecherin in sein Himmelreich aufnahm. Mit einem Gefühl der Zuneigung fragte er: »Was weißt du über Fabricio Casale?«
    »Er ist ein wichtiger Mann in der Kurie, und er ist mächtig, weil er die Vorlieben der Kardinäle und Bischöfe nicht nur kennt, sondern sie bedient. Als ich mich als Cortigiana zurückzog und mit Lydia unser Haus ausbaute, bot er sich an, uns junge Dirnen zu besorgen. Seine Mädchen kamen zumeist aus den Dörfern und Städten Umbriens und waren vollkommen unverdorben. Von mir erhielten sie eine gute Ausbildung und lernten, sich in Gegenwart hochgestellter Herren richtig zu verhalten. In Lesen und Schreiben schulte ich sie ebenso wie in Musik, Malerei und Literatur. Ich hielt sie dazu an, ihren Körper zu pflegen und auf Geschmack bei der Wäsche zu achten. Schließlich zeigte ich ihnen auch, wie man den Cazzi verwöhnt und welche Mittel helfen, einen alten Herrn zu verjüngen. Nach vier Monaten durften sie erstmals bei Lydia auftreten, wo sie als Badehelferinnen ihre Künste üben konnten. Meistens meldete sich dann bald einer der hochgestellten Herren und bat Lydia um die Jungfrau; Lydia zeigte sich jedoch streng und unzugänglich und gab vor, für die jungen Mädchen eine besondere Verantwortung wahrnehmen zu müssen. Das trieb den Preis in die Höhe und brachte Fabricio auf den Plan, denn in ihrer zunehmenden Gier wandten sich die Herren irgendwann an den Vizedatar, von dem es hieß, er könne in Rom alles bewirken. In bezug auf die Engel in Lydias Haus stellte er seine Allmacht regelmäßig unter Beweis. Kein einziges Mädchen aus unserem Haus besuchte oder empfing jemals einen Herren, der nicht von Fabricio vermittelt geworden war.«
    »Das gilt auch für Bibiana?«
    »Ja. Fabricio fragte im Namen von Raimondo an, ob ich einen Engel hätte; als ich verneinte, wies er mich an, schnellstmöglich ein Mädchen zu besorgen. In meiner Not wandte ich mich an Apollonia, die mir Bibiana schickte. Ich schaute sie mir kurz an; sie war sehr gepflegt, beinahe wie meine Mädchen, alles ordentlich gewaschen, auch die Potta; es ist nämlich ärgerlich, wenn sie schlecht riecht. Sie sah jung aus und hatte Erfahrung, also genau das Richtige für Raimondo. Das Geschäft selbst schloß Fabricio ab; ich schickte die Kleine lediglich zur verabredeten Zeit los.«
    »Dann bist du ja gar keine richtige Kupplerin?« bemerkte Jakob, und in seiner Stimme lag eine gewisse Erleichterung.
    »Der Mezzani ist eigentlich Casale.« Claudia lachte bitter. »Aber was spielen diese Begriffe schon für eine Rolle? Ich habe alles getan, was Fabricio wollte, und gehofft, auf diese Weise mein Leben zu schützen. Jetzt stehe ich vor einem Scherbenhaufen.«
    Ihr bitteres Lachen schlug in Weinen um; heftige Krämpfe begannen sie zu schütteln. Jakob versagte sich die Geste, sie in den Arm zu nehmen, wie es ihm am liebsten gewesen wäre, sondern murmelte tröstende Worte, die aber nichtssagend klangen und die Claudia gar nicht zu hören schien. Ihr Schluchzen schmerzte ihn, er mochte nicht sehen, wie sich ihre Augen röteten. Doch da war auch eine andere Seite an ihr, dunkel und sündhaft; am Schicksal hilfloser Mädchen hatte sie sich bereichert, einem skrupellosen Mann hatte sie geholfen. In mehr als nur einer Hinsicht hatte sie gegen christliche Gebote verstoßen und selbstsüchtig gehandelt.
    Mit einem Ruck erhob Jakob sich, reichte Claudia kurz die Hand und ging zur Tür.
    »Ich werde morgen wiederkommen«, sagte er eine Spur zu barsch. »Zu niemandem ein Wort über unser Treffen, verstanden?«
    Claudia nickte und sah ihn an. Jakob drehte sich abrupt um und stürmte zur Tür hinaus.
    Schon auf

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