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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Brun
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einließen. Wollte man diese Cortigiani mit dem Klerus vergleichen, so verhielten sie sich zu den ganz berühmten Damen wie ein Monsignore zu einem Kardinal; weil aber manche Schönheit darunter war, fanden sich die Plätze vor ihren Fenstern und Türen heftig umschwärmt. Am Fenster zu sitzen bildete für diese Huren einen wichtigen Teil ihres Tagesablaufes; sie konnten hoffen, so eines Tages das Wohlgefallen eines herausgehobenen Mannes zu erregen; allerdings störte diese Sitte auch den äußeren Schein eines moralischen Lebens, weshalb Hadrian diese Unsitte mit Nachdruck untersagt hatte. Auch wenn Clemens diese Verordnung seines Vorgängers nie aufgehoben hatte, wurde sie längst nicht mehr vollzogen, und daher boten die Straßen der inneren Stadt in den Abendstunden ein Bild moralischer Verderbtheit. Und doch, dachte Jakob, war diese Art der käuflichen Liebe weit angenehmer zu nennen als das gemeine Geschäft mit den Engeln.
    Er zögerte, in welche Richtung er sich wenden sollte. Schließlich entschloß er sich, Frangipane aufzusuchen. Immerhin hatte er dem Bischof gestern das Leben gerettet, und wenn er nur einen Funken Anstand in der Seele trug, würde er ehrlich zu ihm sein.
    Ennea stand in der Tür; seine Augen blitzten abweisend, als Jakob Einlaß begehrte. Stärker noch als am gestrigen Abend empfand Jakob jene unheimliche Ausstrahlung des Kaplans, welche ihn an den ›Narren Christi‹ erinnerte und die er gestern der Aufregung über den verletzten Bischof zugeschrieben hatte.
    Enneas Bewegungen waren fahrig, er wirkte gehetzt und verängstigt. Widerwillig gab er den Weg frei und führte Jakob hinauf in das obere Stockwerk, wo Frangipane in einem holzgetäfelten Raum auf einer ausladenden Liege vor dem knisternden Feuer lag und in einem alten Folianten las. Mürrisch blickte der Bischof zur Tür, doch als er Jakob erkannte, hellte sich seine Miene auf.
    »Du kommst spät«, grüßte Frangipane seinen Gast, »aber du kommst. – Setz dich.«
    Jakob trat näher und wollte eine Verbeugung in Richtung des Bischofsrings andeuten, doch Frangipane wedelte ungehalten mit der Hand. »Laß den Unsinn; ich schulde dir mein Leben, nicht du mir eine Ehrbezeugung.«
    Er schlug den Folianten zu; der prächtige Ledereinband trug goldene Lettern und eine mit Edelsteinen besetzte Verzierung. Jakob versuchte den Titel zu entziffern, während Frangipane den Folianten lächelnd zur Seite legte.
    »Dieses schöne Werk der Antike, eine wunderbare Handschrift eines gelehrigen Adepten des Priapos über die Kunst des Liebens soll heute unser Gespräch nicht in jene Sphäre heben, die ich der reinen Freude vorbehalten will«, bemerkte der Bischof mit gestelzter Höflichkeit. »Ich will mit dir über Verbrechen reden, nicht über die Liebe.«
    »Das eine kommt mir so gelegen wie das andere«, entgegnete Jakob mit Unschuldsmiene. »Doch sagt, was Ihr auf dem Herzen habt.«
    Frangipane setzte sich auf und faltete seine Hände vor seinem mächtigen Bauch. »Ich will«, sagte er und blickte Jakob durchdringend an, »daß du mir den bringst, der mich gestern vergiften wollte. Du bist Dominikaner und ein Schüler des Johannes Eck; daher vertraue ich auf deine Fähigkeiten.«
    Ein Seufzer entrang sich Jakob mit durchaus nicht gespielter Verzweiflung. »Ich bin kein Inquisitor und kein Poenaljurist, sondern ein einfacher Rechtsgelehrter und braver Mönch. Ihr erwartet Unmögliches von mir.«
    »Rede die Aufgabe nicht um des größeren Lobes willen schwer! Sei ein Kerl, und nimm meinen Auftrag an. Du steckst mit Trippa unter einer Decke. Wäre es anders, hättest du gestern nicht den Monsignore und seinen spanischen Medicus gerufen. Was, so frage ich dich«, Frangipanes Stimme nahm einen lauernden Tonfall an, »hätte ein Doktor von der Sapienza und Gehilfe des Ordensgenerals mit dem päpstlichen Kanzleinotar zu schaffen, wenn nicht die Erledigung einer besonderen Aufgabe?«
    Jakob lächelte, zuckte mehrmals mit den Schultern und beschloß, daß es zunächst besser war zu schweigen.
    »Entspanne dich, mein Freund!« Frangipane äffte Jakobs Körpersprache nach; es war ulkig anzusehen, wie der dickere der beiden Männer seine Schultern tanzen ließ und eine Komödie daraus machte, so zu tun, als wäre er ein Narr. »Deine Rolle als lüsterner Deutscher habe ich dir keine Minute abgenommen. Allein dein Verhalten bei Ambrogio sprach Bände, bevor diese Hure ihren Ohnmachtsanfall bekam. Du hast ausgesehen wie einer, der einer Kuh die Scheiße

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