Der Engel mit den Eisaugen
Blick auf das zarte junge Fleisch einer Sexkillerin zu erhaschen.«
»Jimbo ist genau der Typ des alternden Schürzenjägers, der durch seine Medienbeziehungen an Weiber herankommen will.«
»Jemand sollte Jimbo eine kalte Dusche verpassen. Er steht eindeutig unter Strom und ist klar zum Gefecht mit einer brünetten Sexkillerin.«
Skeptical Bystander, die Administratorin von
Perugia Murder File,
trug noch ein Wortspiel bei: »Im Ernst, was ist denn los mit diesen Wiki-Typen und ihren Wichsgeräten?«
Die Anti-Amanda-Fraktion griff auch viele andere an, die sich zugunsten von Amanda äußerten. Häufig verfolgten sie sie bis an den Arbeitsplatz, so wie im Fall von Steve Moore. Zu ihren Opfern zählten ein Highschool-Lehrer auf Hawaii, ein Professor der Universität Leeds und mehrere Mitarbeiter des Committee to Protect Journalists ( CPJ ). Die Pro-Amanda-Blogger schlugen, häufig ebenfalls anonym, mit der gleichen Waffe zurück und wühlten in dem Privatleben ihrer Gegner herum – ebenso gnadenlos, wie diese es bei Amandas Familie und ihren Unterstützern getan hatten. Peter Quennell wurde als Messie entlarvt, gegen den wegen Belästigung einer New Yorker Balletttänzerin ein Kontaktverbot bestand. BRMull wurde als Brendon Robert Mull enttarnt, ein kalifornischer Arzt, dem die Approbation vorübergehend entzogen worden war, weil er eine Bewährungsstrafe verbüßte. Er hatte versucht, die Psychiaterin zu erwürgen, bei der er wegen Medikamenten- und Alkoholmissbrauchs in Behandlung war. Bei Peggy Ganong entdeckten die Pro-Amanda-Blogger keine Leichen im Keller, doch sie bedrohten sie und posteten private Informationen über sie, unter anderem die Tatsache, dass ihr Bruder an Schizophrenie litt. Einige der E-Mails empfand Ganong als derart bedrohlich, dass sie damit zur Polizei ging. Sich mit dem Fall Amanda Knox zu befassen war also eine durchaus riskante Sache, vor allem wenn man etwas zu verbergen hatte.
Bleibt immer noch die grundsätzliche Frage: Warum investierten diese Leute, die mit dem Fall überhaupt nichts zu tun hatten und sich dadurch sogar möglicherweise selbst in Gefahr brachten, so viel Zeit und Mühe für Attacken auf Amanda Knox und all jene, die sie unterstützten? Die Erklärung für dieses rätselhafte menschliche Verhalten findet sich, wie so häufig, in der Evolutionsbiologie.
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Kapitel 6
K atrin Riedl vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig führte mit Schimpansen ein kurioses Experiment durch. In ihrer Versuchsanordnung konnte ein Schimpanse mit Hilfe verschiedener Seilrollen und Klappen Futter von Artgenossen stehlen. Ein weiterer Schimpanse, der den Dieb beobachtete, konnte ihn dann »bestrafen«, indem er an einem Seil zog, wodurch dem Dieb das unrechtmäßig ergatterte Futter wieder abgenommen wurde. Ziel dieses Experiments war, herauszufinden, ob Schimpansen eine »Bestrafung Dritter« betreiben – das heißt, ob ein Schimpanse einen Artgenossen bestraft, weil dieser einem anderen Schimpansen unrecht tut.
Doch der dritte Schimpanse bestrafte den Dieb kein einziges Mal – selbst wenn es sich bei dem Opfer um einen nahen Verwandten handelte. Dieses und andere Experimente belegten überzeugend, dass es bei Schimpansen keine »Bestrafung Dritter« gibt. Wenn ein Schimpanse einem anderen das Futter stiehlt oder ihm etwas antut, übt das Opfer selbst Vergeltung. Andere Schimpansen, die den Vorfall beobachten, mischen sich nicht ein.
Ein krasser Gegensatz zum menschlichen Verhalten. Andere Forscher am Max-Planck-Institut führten ein Experiment mit dreijährigen Kindern durch, das wie folgt ablief (ich vereinfache ein wenig): Ein Kind wurde in ein Spielzimmer geführt, in dem bereits zwei Schauspieler mit Handpuppen warteten; die eine stellte eine Kuh dar, die andere einen Elefanten. Kuh, Elefant und Kind formten jeweils eine Figur aus Ton – die Kuh eine Blume, der Elefant eine Schnecke und das Kind eine Phantasiefigur. Dann verließ die Kuh das Zimmer, und der Elefant sagte zu dem Kind: »Die Blume der Kuh gefällt mir nicht, ich mache sie jetzt kaputt.« Und der Elefant zerstörte die Blume der Kuh und warf den Tonklumpen in den Abfalleimer. Fast alle Kinder, die sein Tun beobachteten, protestierten entschieden, manche versuchten, ihn davon abzuhalten, und erzählten der Kuh davon, als sie wiederkam. Nach diesem Vorfall waren die Kinder freundlicher zur Kuh, wollten sie trösten, tätschelten und streichelten sie, während sie sich dem
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