Der Engel mit den Eisaugen
zu recherchieren. »Bei jedem wichtigen Indiz, das sie belastete, fand ich gravierende Probleme … Je tiefer ich grub, desto eindeutiger wurde es für mich, dass alles von vorne bis hinten konstruiert war. Später, als ich schließlich die Aufzeichnungen vom Tatort in die Hände bekam, begriff ich, dass es kein Versehen war, sondern volle Absicht. Sie haben ihr den Mord
absichtlich
angehängt.«
Zuerst unternahm Moore nichts. Der Prozess gegen Amanda und Raffaele war fast abgeschlossen, in wenigen Wochen sollte das Urteil verkündet werden. Er war überzeugt, dass die beiden freigesprochen würden. »In den USA werden nur absolut unanfechtbare Beweise bei Gericht zugelassen«, erklärte er. »Und ich dachte, in Italien sei es ebenso. Es gab keine Beweise gegen Amanda.«
Am 5 . Dezember wurden die beiden des Mordes für schuldig befunden. »Ich war derartig geschockt, dass ich von der Arbeit nach Hause gehen musste«, erzählte er. »Bei mir schrillten die Alarmglocken, ich konnte da nicht tatenlos zusehen.« Als ehemaliger Topagent des FBI müsse er doch etwas tun können, dachte er. Sein Arbeitgeber, die Pepperdine University, erteilte ihm mündlich und schriftlich die Erlaubnis, sich öffentlich für Amanda einzusetzen.
Moore vertiefte sich in den Fall, recherchierte jedes kleinste Detail. Schon seine ersten öffentlichen Auftritte sorgten für Aufruhr. Am 2 . September 2010 meldete er sich am selben Tag in drei Sendungen zu Wort – in der
Today Show
mit Anne Curry, bei
Good Morning America
mit George Stephanopoulos und in der
Early Show
mit Harry Smith auf CBS . Bei Stephanopoulos sagte er, die Beweise gegen Amanda seien »lächerlich«, die kriminaltechnischen Methoden »haarsträubend« und das mit ihr geführte Verhör sei »Dritte-Welt-Niveau«. »Ich bin mir so sicher wie nur was, dass sie unschuldig ist«, schloss er.
Moores Auftritte in der Öffentlichkeit hatten eine durchschlagende Wirkung. Die Anti-Amanda-Fraktion mit ihren drei Websites heulte auf vor Wut.
»Ich bin es gewohnt, dass man mich nicht liebt«, erzählte mir Moore. »Ich bin schon von Mördern bedroht worden. Auf der Website der Aryan Nations posteten sie, dass ich auf ihrer Abschussliste stünde, dass ich ein Feind meiner Rasse sei. In Pakistan hatte ich mit al-Qaida zu tun. Aber was jetzt geschah, war unglaublich. So etwas habe ich noch nie erlebt. Selbst die Mörder, die ich in den Knast brachte, haben mich nicht dermaßen attackiert wie diese Spinner von
PMF
und
TJMK
.«
Auf diesen Websites wurde Moore angegriffen, lächerlich gemacht und wegen seines christlichen Glaubens verspottet, als Pädophiler, Rassist, Lügner und Idiot beschimpft. Man beschuldigte ihn, seine Töchter sexuell belästigt zu haben. Seine älteste Tochter erhielt Drohanrufe. Vor allem auf Steves Frau Michelle hatte man es abgesehen. »Michelle wurde mit besonders gemeinem, widerwärtigem Zeug bombardiert, manche schrieben Dinge wie ›ich möchte so gerne mit dir machen, was sie mit Meredith gemacht haben, nur dass es weniger angenehm sein wird‹ und dass man sie mal vergewaltigen sollte.« Jemand schickte ihr pornografische Sachen. Die Äußerungen zu Moore auf den beiden
Perugia Murder File
-Websites summierten sich auf Hunderte von Postings, und auf
True Justice
wurde gar ein eigener Ordner angelegt.
Den Stein ins Rollen brachte Skeptical Bystander auf
PMF:
»Mein Bullshit-Detektor ist in höchster Alarmbereitschaft … Als ich klein war, drohte mir meine Mutter, uns den Mund mit Seife auszuwaschen, wenn wir logen oder fluchten. Wahrscheinlich werden Steve aus sämtlichen Löchern Seifenblasen quellen, wenn er sich das nächste Mal im Fernsehen zeigt.«
»Auweia, Skep! … Ich denke lieber nicht an Steevie, schon gar nicht an seine Körperöffnungen. Der Kerl ist doch ein ausgemachtes Arschloch.«
»Kann man denn überhaupt nichts tun, damit dieser Steve Moore nicht weiter seinen Bullshit verbreitet? Ich meine es ernst. Es ist nicht nur eine Beleidigung, es wird auch absolut lächerlich, wenn man diesen Mann weiter seine Show abziehen lässt.«
»Er tut so, als wäre er ein Kreuzritter, der Amanda retten muss, dabei ist sie nur ein unmoralisches, versoffenes College-Girl wie die auf der Pepperdine, die er so verachtet, nur eine Million Mal schlimmer! Aber sie ist jung, sie ist scharf, sie hat blaue Augen, sie ist sexy, also ist er ausgetickt. Der ist doch ein echter Jekyll-Hyde-Typ, und seine Frau genauso, sie hat ihn zu diesem Irrsinn
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