Der Engel von Santa Marguerita
Tür und nahm offenbar an, ich würde ihr berauscht folgen. Ich hätte es weiß Gott auch gern getan, ich wäre ihr überall hin nachgelaufen, wenn nicht Lynn Collins gewesen wäre.
„Na?“ meinte sie und zog die Augenbrauen hoch, „keine Lust?“
„Lust schon“, sagte ich, „aber leider keine Zeit.“
„Oh“, machte sie und war deutlich sichtbar eingeschnappt. Etwas zu deutlich sichtbar.
„Ja“, sagte ich, „irgend jemand muß sich ja wohl um Collins kümmern, nicht?“
„Nun ja“, gab sie zögernd zu, „das wohl. Sie waren ja sein Freund.“ Sie sagte das in einem Ton, der mir nicht gefiel, aber ich ging nicht darauf ein.
„Morgen“, sagte ich, „dampfe ich wieder ab. Also dann — auf Wiedersehen, Miß Dardington!“
Sie kam rasch auf mich zu und blieb dicht vor mir stehen Sie duftete sehr zart nach irgend etwas Gutem, und sie stand so, daß ich leicht oben reinschauen konnte. Ich beherrschte mich aber und schaute ihr in die seltsam hellen Augen.
„Ich muß Sie unbedingt noch sprechen“, flüsterte sie, „unbedingt. Sind Sie heute abend hier, — ich meine drüben?“
„Ja.“
„Gut“, sagte sie, „es ist wirklich wichtig.“
Sie machte kehrt und wippte die Treppe hinauf.
Ich ging ins Nebenhaus hinüber und fragte Mrs. Arillaga, wo Arlene Forjeon wohnte. Zum Glück wußte sie die Adresse. Es war in Signal Hall. Und während ich den Pacific Coast Highway entlangraste, um auf schnellstem Weg dorthin zu gelangen, hoffte ich nichts so sehr, als daß die Polizei noch nicht bei Arlene Forjeon gewesen war.
7
Sie wohnte in einem Apartement=House, Ecke Wardlow Road und Gardenia Avenue. Ich fragte den Portier, ob Miß Forjeon zu Hause sei, und er meinte, sie müsse oben sein. Er schaute in ihrem Fach nach und sagte: „Sicher ist sie da, Sir, weil ihre Wagenschlüssel noch hier liegen. Neunter Stock, Sir, Nummer 27g.“
Ich fuhr mit dem Expreßlift hinauf und klopfte an ihre Tür. Als keine Antwort kam, schaute ich durchs Schlüsselloch, konnte aber nichts erkennen. Mir war aber, als hörte ich einen Mann sprechen. Ich drückte auf die Klinke, und die Tür gab nach.
Ich stand in einem kleinen Vorraum. Links hing ein gelber Sommermantel, rechts war die Tür zur Toilette. Vor mir war eine breite Schiebetür aus Kathedralglas. Hinter dieser Tür sprach ein Mann, der von irgendeiner Sache sehr begeistert zu sein schien. Ich klopfte an das Glas, aber der Mann schien das nicht zu hören. Hierauf klingelte ich nochmals von draußen, aber der Mann redete unentwegt weiter. Da schob ich die Tür auseinander und trat ein.
Es war ein großes, helles Zimmer, dessen Vorderseite fast ganz aus Glas bestand. An der rechten Wand führte eine Tür vermutlich ins Schlafzimmer, und neben der Tür stand ein Hi=Fi=Musikschrank, aus dem die männliche Stimme kam, die ich für ,natura’ gehalten hatte.
Die Stimme erklärte gerade, daß Bridley’s Mandelmilch das einzig Wahre sei, um ein Frauenantlitz jung zu erhalten, nur Bridley’s Mandelmilch verleihe der Gesichtshaut jenen köstlichen, rosigen Schimmer, der —
Ich stellte das Radio ab. Selbst Bridley’s Mandelmilch konnte dem Mädchengesicht keinen rosigen Schimmer mehr verleihen, das da vor mir auf dem Teppich lag und mit glasigen Augen zur Decke starrte.
Sie lag, zwischen der Couch und einem Sessel, neben dem Tisch auf dem Boden. Ihr Körper war zusammengekrümmt, und ihre rechte Hand hatte sich in den Teppich gekrallt.
Auf dem Tisch stand eine kleine, blaue Kaffeekanne und eine Tasse, in der sich ein kleiner Rest Kaffee befand. Am Rand der Tasse war die rote Spur eines Lippenstifts.
Ich beugte mich zu ihr hinunter und studierte ihr Gesicht. Durch ihr dunkles, etwas rötlich schimmerndes Haar, das ihre rechte Gesichtshälfte fast verdeckte, sah ich etwas rosa glitzern. Vorsichtig schob ich das Haar ein wenig zur Seite, Es war ein Ohrklip aus kleinen, rosa Muscheln.
Ich versuchte, ihren Arm zu bewegen, aber sie war schon steif. Sie hatte einen Morgenmantel aus geblümter, japanischer Seide an, und darunter ein Nylonnachthemd. Neben ihren Füßen lag ein kleines, rotes Pantöffelchen; das andere sah ich unter der Couch.
Ich roch an dem Kaffee, und es kam mir vor, als röche er bitter. Ich schaute mich weiter im Zimmer um.
Rechts von der gläsernen Schiebetür war ein Vorhang hinter dem sich die Kochnische befand. Auf dem kleinen Gasherd stand ein Wasserkessel und nebenan, auf der Anrichte, eine angebrochene Büchse Kondensmilch. In dem
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