Der Engel von Santa Marguerita
den Wagen in die Garage zum Waschen gebracht, und ich solle den Schlüssel in ihr Fach legen.“
„Bekam sie noch Besuch?“
„Das weiß ich nicht, Sir. Die Herren von der Polizei haben mich auch schon danach gefragt. Aber wenn jemand nichts weiter von mir wissen will, dann kann ich mir auch nicht merken, zu wem die einzelnen Besucher wollen. Wir haben fast dreihundert Appartements im Block, da ist es ein ständiges Kommen und Gehen. Ich kenne nur die Leute, die schon lange hier wohnen.“
„Seit wann wohnte Miß Forjeon hier?“
„Mindestens seit drei Jahren.“
„Und sie hatte keinen Freund, oder so etwas?“
„N=nein, eigentlich nicht.“
„Drücken Sie sich bitte etwas genauer aus.“
„Es kam hin und wieder ein Herr zu ihr, aber ich hatte nicht den Eindruck, daß er — daß er — ich möchte sagen, er benahm sich nicht so, wie es verliebte Männer zu tun pflegen.“
„Aha, — wie benahm er sich denn? Fauchte er sie an, prügelte er sie, oder was?“ Er lachte.
„Nein, Sir, das auch wieder nicht. Aber — ich dachte mir, er könnte eher ihr Bruder sein, ihr Chef, oder etwas Ähnliches. Verstehen Sie, was ich meine?“
„Ich denke schon. Er war nicht besonders nett angezogen, hielt sich schlecht und trug eine randlose Brille, ja?“
„Ja, Sir, — das war er wohl.“
Craig und ich schauten uns an, und dann fragte ich weiter:
„Ist Ihnen an Miß Forjeon gestern irgend etwas Besonderes aufgefallen? War sie nervös oder aufgeregt?“
„Ja, Sir. Das sagte ich auch schon der Polizei. Wie schrecklich ist das doch! Vor vier Jahren hatten wir mal einen Selbstmord, aber damals war’s ein Kranker, der sich aufgehängt hat.“
„Was war mit ihr los? Warum war sie nervös?“
„Ja, — sie war eben so, — so anders als sonst. Sie hatte es schrecklich eilig, obwohl sie doch offenbar nicht wieder fort wollte; sonst hätte sie doch nicht ausgerechnet ihren Wagen waschen lassen, nicht wahr? Und als ich ihr die Post gab, fielen ihr die ganzen Briefe aus der Hand. Sie war eben ganz anders als sonst, und ich fragte sie sogar, ob ihr nicht gut sei, ob ich irgend etwas für sie tun könnte. Aber sie schüttelte nur den Kopf und rannte zum Lift.“
„Bekam sie an diesem Abend noch einen Anruf?“
„Ich kann mich nicht daran erinnern, Sir.“
Ich gab Craig einen Wink. Wir gingen ein paar Schritte abseits.
„Wissen Sie“, sagte ich zu ihm, „für solch einen Trottel halte ich diesen Henry Ince auch nicht, daß er das nicht gemerkt hat: wenn sie um halb sieben heimgekommen ist, kann sie nicht um neun Uhr zwanzig im Bootshaus auf Collins geschossen haben.“
Ich wandte mich wieder an den Portier.
„Wie kommt man aus diesem Bau hier ‘raus, ohne daß man gesehen wird, — ich meine, von Ihnen hier?“
„Sehr einfach, Sir. Wenn man aus dem Lift kommt und gleich links um die Ecke geht, sind da ein paar Stufen, die zu einer Tür führen. Das ist sozusagen der Ausgang zum Hof.“
„Ist der nachts offen?“
„Eigentlich sollte er zugeschlossen sein. Aber viele parken ihre Wagen auf der Rückseite und sind ärgerlich, wenn sie noch um den ganzen Block herumgehen müssen. Da lassen wir die Tür eben stillschweigend offen.“
„Miß Forjeon hätte also dort hinausgehen können, ohne daß Sie es bemerkt hätten?“
„Sicherlich.“
Ich ging zur Telefonkabine und ließ mich mit Henry Ince in Long Beach verbinden. Sie sagten, sie wüßten nicht, wo er sei und müßten ihn erst suchen. Ob ich solange warten wolle? Ich sagte ja und winkte Craig zu mir.
„Sprechen Sie dann bitte mit ihm, daß er der Presse nichts sagt. Ich möchte das noch einen oder zwei Tage nicht an die große Glocke hängen.“
Er nickte, und dann kam Ince.
„Ich hab’ noch was herausgebracht“, sagte ich, „und zwar ist sie um halb sieben gekommen und hat ihre Wagenschlüssel ostentativ beim Pförtner abgegeben. Dann hat sie aber kurz vor acht Uhr das Haus durch die Tür zum Hof wieder verlassen und ist, wahrscheinlich mit einem Taxi, nach Palos Verdes Estates gefahren und von da zum Bootshaus. Vielleicht hat sie doch im Affekt auf Collins geschossen, jedenfalls kam sie ebenso unbemerkt wieder hierher zurück.“
Ich hörte ihn leise lachen.
„Wem erzählen Sie das, Mr. Marlon, — und warum erzählen Sie mir das? Sie haben wohl Angst um Ihren hübschen Selbstmord? Beruhigen Sie sich, der Coroner weiß schon Bescheid, daß es keiner ist. Aber er ist vernünftig und wird keine Schwierigkeiten machen. Was Sie
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