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Der Engel von Santa Marguerita

Der Engel von Santa Marguerita

Titel: Der Engel von Santa Marguerita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Healy. Und alle ganz neu. Der alte Doktor Dardington hatte nämlich nichts für Autos übrig, da hatten wir nur einen alten Chrysler.“
    Eine hagere ältere Dame erschien in der Tür. Der Chauffeur riß die Tür des Wagens auf. Ich stand daneben und blickte in Augen, die so schwarz waren, daß das schwarze Kleid dagegen beinahe grau wirkte.
    Ich machte zwei Schritte auf sie zu und verbeugte mich,
    „Gestatten Sie, Madame, — ich heiße Chester Manning und bin...“
    „Guten Tag!“ unterbrach sie mich. Ihre Stimme klirrte wie eine zerbrochene Fensterscheibe. „Ich dachte, man hätte Sie verhaftet?“
    „Ein kleiner Irrtum der Polizei, gnädige Frau. Sie nahmen mich nur mit, um den Toten zu identifizieren.“
    „Schrecklich“, sagte sie, „der arme Collins. Hat man den Täter schon?“
    „Ich glaube nicht, Madame.“
    Sie machte einen Schritt zum Wagen hin. Alles an ihr war schwarz: das Kleid, die Haare, das kleine Hütchen, die Augen, die Strümpfe, die Schuhe, die Handtasche und die Handschuhe. Am rechten Zeigefinger, über dem schwarzen Handschuh, funkelte ein Brillant von mindestens vier Karat. Sie hatte aus der Trauer um ihren Mann eine intersessante Modenschau gemacht, etwa nach dem Motto: was trägt die Dame von Welt beim Ableben ihres Gatten?
    „Meine Tochter sagte mir, Mr. Collins hätte Sie eingeladen?“
    „Ja, Madame.“
    „Tja, — nun werden Sie ja nicht bleiben wollen, nicht wahr?“
    Das war’s, was ich gefürchtet hatte!
    „In einigen Tagen“, sagte ich, „bekomme ich eine Wohnung in Pasadena. — Aber ich kann natürlich bis dahin auch im Hotel wohnen.“
    „Wie Sie wünschen, Mr. Manning“, sagte sie, was einem Hinauswurf verteufelt ähnlich war. Sie war eine Frau von spanischem Typ: so häßlich, daß es schon wieder interessant war, und ihre Häßlichkeit ließ ahnen, wie schön sie früher einmal gewesen sein mußte. Ich überlegte mir dauernd, wieso mir dieses Gesicht so bekannt vorkam.
    Ich verbeugte mich. „Auf Wiedersehen, gnädige Frau!“
    Sie nickte mir nur kurz zu, stieg in den Cadillac und fuhr davon, daß der Kies spritzte.
    Der Chauffeur schaute mich an und grinste. Ich schaute den Chauffeur an und grinste auch. Ich gab ihm eine Zigarette, und er sagte: „Die hat Sie ja in ziemlich hohem Bogen hinausgeschmissen.“
    „Wahrscheinlich“, sagte ich, „hält sie mich immer noch für einen Menschen, der nachts herumläuft und anderen Leuten Revolverkugeln ins Genick pustet.“
    Er bekam neugierige Augen. „Er wurde ins Genick geschossen?“
    „Ja“, sagte ich, „direkt ins Genick. Aus allernächster Nähe. Es hat keinen Kampf gegeben. Es muß jemand gewesen sein, den er gut kannte und den er nicht fürchtete. Übrigens — wie heißen Sie eigentlich?“
    „Sie sagen alle Manuel zu mir. In Wirklichkeit heiße ich Allan Streckley.“
    Er lächelte mich an. Er war wirklich ein hübscher Bursche.
    Ich sagte:
    „Wenn’s nach mir gegangen wäre, hätte ich Sie Manuela genannt.“
    Er fuhr sich mit der Zunge kurz über die Lippen, und dann senkte er den Blick. Er hatte wundervoll lange Augenwimpern. Er hob den Blick wieder, und eine Sekunde lang ruhten seine großen, dunklen, feuchten Augen auf meinem Gesicht. Er lächelte noch immer, als er sich wortlos abwandte und zu den Garagen ging. Ich hatte genau den richtigen Zahn angebohrt und nahm mir vor, den andern Burschen von dieser Sorte zu suchen.
    Im Haus war es angenehm kühl. Ich setzte mich wieder auf die Truhe und wartete, wie heute morgen. Ich brauchte nicht lange zu warten.
    Diesmal hatte sie ein Cocktailkleid an. Es war hellgrau mit großen, scharlachroten Blüten darin, und unter dem Rock hatte sie irgend etwas Steifes, so daß er weit abstand und bei jedem Schritt schaukelte, wie eine Glocke von Notre Dame. Sie trug hellgraue Wildlederschuhe mit unglaublich hohen Absätzen dazu, die etwas dünner waren als ein normaler Bleistift. Ihre Taille sah aus, als könne man sie bequem mit einer Hand umspannen. Und das, was über der Taille war, hatte sie so geschickt drapiert, daß es aussah, als wäre da wirklich eine ganze Menge.
    „Ich habe gesehen, wie Sie mit Mama sprachen“, zwitscherte sie. „Trinken Sie Tee mit mir?“
    „Tee?“
    „Kann auch was anderes sein, Mr. Manning.“
    „Hm —“, machte ich, „ist ja sehr verlockend für mich. Aber Ihre Frau Mama hat mich gerade hinausgeworfen.“
    „Ach, Mama! Sie ist immer so schrecklich konventionell. Das biege ich schon wieder hin.“
    Sie öffnete eine

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