Der Engel von Santa Marguerita
Schlaftablette, mein Lieber. Recht angenehme Ruhe!“
Er drückte aufs Gas, fuhr schleudernd um das Rondell herum und verschwand in Richtung Palos Verdes Estates.
Es war neunzehn Uhr dreißig, als ich ebenfalls um das Haus herum ging. Zwischen dem Haus und den Garagen führte ein Plattenweg über den Rasen durch einen Park zu einem großen, flachen Gebäude. Rings um das Gebäude befanden sich Ausläufe aus Maschendraht, ähnlich wie in Hühnerfarmen. Aber in den Ausläufen standen kleine Kisten, und Kaninchen tummelten sich auf dem Rasen. Jeweils fünf solcher Ausläufe waren zu einer Art Gehege zusammengeschlossen, zwischen denen wiederum Plattenwege durchführten.
Ich ging um das Gebäude herum. Es war mindestens fünfzig bis sechzig Yards lang und ungefähr zwölf Yards breit. Es hatte ringsherum große Fenster; sie waren dunkel. Nur in einem Raum brannte Licht, doch hier war ein weißes Rollo vor die Fenster gezogen, so daß ich nichts weiter sehen konnte. Ich schlich leise hin, konnte aber auch nichts hören, obwohl die Fenster offen waren.
Ich setzte meinen Weg fort und spielte ein wenig mit den Kaninchen. Es gab dort die verschiedensten Rassen: weiße, gefleckte, große und kleine. Soweit ich das in der Eile konnte, schätzte ich sie auf insgesamt etwa fünfzehnhundert Stück.
Ich kam zu einer Tür, die nicht verschlossen war, und als ich eintrat, stand ich in einem langen Korridor, der von einer blauen Nachtbeleuchtung notdürftig erhellt war. Ich ging den Korridor entlang bis dorthin, wo ich Licht aus einer Türritze schimmern sah, und klopfte.
Ein erstauntes „Herein!“ ertönte, und ich trat ein.
Der noch junge Mann, der hinter einem großen, weißen Schreibtisch saß, blickte mich über den Rand seiner Brille überrascht an. Er klappte ein großes, schwarzes Buch zu und sagte:
„Wie kommen Sie denn hier herein? Sind Sie Mr. — äh — Manning?“
„Ganz richtig“, sagte ich und schob mir einen Stuhl vor seinen Schreibtisch. „Ganz richtig, ich bin Chester Manning. Ich fand nirgends einen Hinweis, daß der Eintritt verboten ist, und außerdem waren alle Türen offen. — Ich muß mit Ihnen sprechen, Doktor Dardington. Sie sind doch Stephen Dardington, der Arzt?“
„Ja“, sagte er und nahm seine Brille ab. Er war also offenbar weitsichtig. Ich wußte, daß er achtundzwanzig war, aber ich hätte ihn viel älter geschätzt. Er war ein hagerer Typ, sein Haar lang, glatt und sehr dunkel, und seine Augen waren genauso schwarz wie die seiner Mutter.
„Was wollen Sie von mir?“ fragte er, „ich wüßte nicht, was ich mit Ihnen zu reden hätte. Sie stören mich bei der Arbeit.“
„Tut mir leid“, sagte ich, „aber ich war Collins Freund, Lynn Collins wurde gestern abend ermordet, und zufällig hatte er mich eingeladen, meinen Urlaub hier zu verbringen.“
„Und?“ fragte er schneidend scharf. „Was geht mich das an? Das ist Ihre Sache.“
„Nicht ganz“, sagte ich, „denn da Lynn Collins mein Freund war, möchte ich ganz gern wissen, wer ihn umgebracht hat.“
„Das will die Polizei vermutlich auch“, sagte er und verzog seine schmalen Lippen. „Glauben Sie, daß so etwas Ihre Aufgabe ist?“
„Warum nicht, Mr. Dardington? Die Polizei hat mich heute morgen mitgenommen, um Collins zu identifizieren. Nun bin ich also sozusagen schon mal in der Sache drin. Würden Sie mir einige Auskünfte über ihn geben?“
„Keine Veranlassung“, schnarrte er, „Sie können meinetwegen ein paar Tage in seiner Wohnung bleiben. Am ersten Oktober müssen Sie jedoch draußen sein. Und vergessen Sie bitte nicht, daß es mein Grund und Boden ist, auf dem Sie Gast sind.“
„Hatte er Angehörige?“ fragte ich.
„Nein. Aber als sein Freund müßten Sie das doch eher wissen als ich.“
„Natürlich, aber wir haben uns lange nicht gesehen. Wer sorgt denn nun für ihn, ich meine die Beerdigung, seinen Nachlaß und so weiter?“
„Das erledige selbstverständlich ich.“
„Wissen Sie, ob ein Testament vorhanden ist?“
„Nein, das weiß ich noch nicht. — Ich habe jetzt keine Lust mehr, Ihre Fragen zu beantworten. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das endlich zur Kenntnis nehmen würden.“
Er war kein sehr sympathischer Bursche, und ich kann es in den Tod nicht leiden, wenn mir einer so hochnäsig daherkommt. Ich überlegte einige Sekunden und dann war ich entschlossen, meine Karten auf den Tisch zu knallen. Ich verfolgte dabei einen ganz bestimmten Zweck.
Ich legte ihm meinen
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