Der Engelmacher
kriegen, ohne dass sie dafür einen Mann braucht. In Amerika sind sie da schon sehr weit mit.«
»In Amerika ist alles möglich«, sagte René Moresnet.
»Sogar die unbefleckte Empfängnis!«, prustete Meekers heraus.
»Meekers, benimm dich!«, wies Maria ihn zurecht, aber auch sie konnte ein Lachen nicht ganz unterdrücken.
Die Tür, die sich geöffnet und wieder geschlossen hatte, ließ alle kurz aufblicken. Lothar Weber war ohne ein Wort aufgestanden und gegangen. Durch das Fenster sah René Moresnet, wie er mit gesenktem Kopf die Straße überquerte.
»Wir hätten uns vielleicht ein bisschen zurückhalten sollen«, sagte der Wirt. »Stellt euch mal vor, ihr müsstet plötzlich ohne Kind durchs Leben gehen, und alle anderen würden dauernd von nichts anderem mehr sprechen als von Kindern und vom Kinderkriegen.«
»Ich dachte, es ginge ihm schon wieder besser«, sagte Jacques Meekers. »Er hat doch wieder regelmäßig gelacht.«
»So was gärt im Innern weiter, Jacques. Sieh dir nur seine Frau an.«
Meekers nickte. Vera Weber hatte in den vergangenen Monaten fast wöchentlich den Doktor aufgesucht. Sie litt unter Depressionen, das war allgemein bekannt, aber niemand sprach das Wort laut aus. Höchstens sagte man, sie sei ins Bodenlose gefallen.
Lothar Weber hatte von Anfang an Schwierigkeiten damit gehabt.
»Sie dürfen dabei sein«, hatte Doktor Hoppe gesagt, »aber Ihr Sperma ist nicht nötig.«
Nicht nur hatte er Schwierigkeiten damit, er hatte es auch nicht verstanden. Wie konnte der Doktor einen Sohn für ihn machen, ohne dass er seinen Beitrag dazu lieferte? Er hatte sicherheitshalber beim nächsten Termin noch einmal ausdrücklich nachgefragt, aber die Antwort hatte ihn wieder nicht beruhigt.
»Es ist nur eine Frage der Technik. Auch die Eizellen Ihrer Frau sind im Prinzip nicht nötig. Es würde auch mit anderen Eizellen gehen. Aber wir probieren jetzt erst mal die von Ihrer Frau.«
»Aber wie denn, Herr Doktor, wie denn?«
»Durch die Hormone, die sie jetzt bekommt, wird der Reifungsprozess der Eizellen …«
»Ich meine, wie machen Sie denn unser Kind? Woraus? Doch nicht aus Lehm?«
»Aus Erbmaterial. Aus DNA.«
»DNA?«
»Desoxyribonucleinsäure.«
Lothar hatte genickt, obwohl er nichts davon begriffen hatte. Seine Frau hatte ihm schon zweimal gegen das Schienbein getreten. Sie war fest entschlossen. Das war vermutlich das Werk der Hormone, vermutete Lothar, denn anfangs war eher sie diejenige gewesen, die gezögert hatte. Aber nachdem der Doktor ihr die erste Injektion verabreicht hatte, hatte sie ihre Meinung schnell geändert. Sie war seither allerdings sehr launenhaft und reizbar, bei jeder Kleinigkeit keifte sie Lothar gleich an. Das kam wahrscheinlich auch durch die Hormone.
Die hatten auch dafür gesorgt, dass sie ordentlich zugenommen hatte. Vierzehn Kilo in vier Monaten. Fast so, als wäre sie bereits schwanger. Das hatte sie selbst eines Tages gesagt, und in ihren Augen hatte er dabei ein Leuchten bemerkt.
Es selbst war skeptisch geblieben. Bis zu jenem Nachmittag im »Terminus«. Was Léon Huysmans gesagt hatte, hatte ihn überrascht. Er hatte in aller Eile das Wirtshaus verlassen, um seine Frau zu Hause einzuweihen.
»In Amerika machen sie es schon länger.«
»Was?«
»Was der Doktor macht. Ohne Mann und so.«
»Du hast es doch wohl nicht im ›Terminus‹ herumerzählt?«, hatte sie bestürzt gefragt. Sie wollte nicht, dass jemand davon erfuhr, dass sie sich helfen ließ.
»Nein, nein, sie haben von selbst davon angefangen. Weil da eine Frau bei dem Doktor war, die …«
»Die behauptet, sie wäre die Mutter seiner Kinder. Ich hab’s schon gehört. Helga Barnard hat mich angerufen. Ist die immer noch da?«
»Ja, offenbar schon.«
»Ich hoffe nur, dass sie morgen weg ist.«
»Bestimmt.«
Es lag nicht an ihm. Davon war Victor überzeugt. Ihm wurden Steine in den Weg gelegt. Gott würde sich nicht ohne weiteres geschlagen geben. Das war abzusehen. Aber das bestätigte ihm zumindest, dass er, Victor Hoppe, auf dem richtigen Weg war, denn sonst hätte Gott nicht so viel Widerstand geleistet. Es hatte schon angefangen mit der schlechten Qualität der Körperzellen von Gunther Weber. Das hatte er bereits als Warnung aufgefasst. Aber auch als zusätzliche Herausforderung, und nachdem er das Hindernis schließlich überwunden hatte, glaubte er, die meisten Widerstände damit aus der Welt geschafft zu haben. Deshalb hatte er auch den Eltern zu versprechen
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