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Der Engelmacher

Der Engelmacher

Titel: Der Engelmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Brijs
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aufhören? Sie müssen aufhören! Hören Sie mich? Jetzt sofort! Sie müssen! Sie müssen! Sie sind irre! Irre!«
    Damit war sie wieder nach oben gerannt.
    In Gottes Namen. Das hatte sie gesagt. Damit hatte sie sich verraten. Aber eigentlich hatte er es schon länger gewusst. Gott hatte sie geschickt. So einfach war es. Warum sonst war sie gerade jetzt hier? Gerade zu diesem Zeitpunkt, da er im Begriff stand, seinem Widersacher einen Schlag zu versetzen?
    Sie hatte gesagt, sie sei wegen der Kinder gekommen. Aber sie hatte nichts mit den Kindern zu schaffen. Sie war nicht ihre Mutter. Sie hatte keinerlei Bezug zu ihnen.
    Sie führt mehr Böses als Gutes im Schilde.
    Das sagte man über sie. Er war nicht der Einzige, der es wusste. Alle wussten es.
    Er war nach oben gegangen und hatte sie im Badezimmer angetroffen.
    »Ich weiß, warum Sie hier sind«, hatte er gesagt. »Sie sind nicht wegen der Kinder gekommen. Sie sind meinetwegen gekommen. Sie sind geschickt worden. Sie sollen dafür sorgen, dass ich aufhöre. Aber das wird Ihnen nicht gelingen. Das wird Ihm nicht gelingen. Ich mache weiter.«
    Damit hatte er sich umgedreht und war noch kurz zu den Kindern gegangen. Sie lagen noch immer in dem anderen Zimmer. Das Zimmer und das Bett kannte er wohl. Dort hatte Gott vor langer Zeit schon einmal ein Leben genommen. Damals hatte er noch zu Gott gebetet, wie die Schwestern es ihm beigebracht hatten. Aber damals hatte er noch nicht gewusst, dass Gott das Böse war. Das hatten sie ihm verschwiegen.
    Er beugte sich über die beiden Kinder und fühlte ihren Puls. Es würde nicht mehr lange dauern.

8
    Rex Cremer meldete sich mit seinem Namen.
    »Herr Cremer, Sie müssen mir helfen! Sie müssen mir helfen! Er macht weiter. Doktor Hoppe macht einfach weiter! Und die Kinder, mein Gott, die Kinder!«
    »Entschuldigung, ich kann Sie kaum verstehen. Können Sie das noch mal wiederholen?«
    »Ich war gerade bei Doktor Hoppe. Ich bin in Wolfheim. Schon seit vorgestern. Ich wollte die Kinder sehen. Das wissen Sie doch noch, oder? Sie haben mir gesagt, wo er wohnt. Ich habe ihn gefunden.«
    »Sie haben ihn also gefunden.«
    »Aber die Kinder …«
    »Was ist denn mit den Kindern?«
    »Einer ist schon … Michael ist schon … Und die anderen beiden … Sie können jeden Moment … Ich weiß nicht, was ich tun soll! Sie müssen mir helfen!«
    »Ich wüsste nicht, wie ich Ihnen …«
    »Und er macht einfach weiter! Ich habe gehört, wie er Eizellen bestellt hat. Reife Eizellen. Außerdem hat er es mir selbst gesagt: ›Ich mache weiter‹, ganz ausdrücklich. Und dass ich ihn angeblich zwingen wollte aufzuhören. Ich wäre geschickt worden, hat er gesagt! Er ist übergeschnappt!«
    »…«
    »Herr Cremer?«
    »Ich denke nach. Ich überlege, was ich tun kann.«
    »Er ist zu allem fähig! Die Kinder. Als ich sie zum ersten Mal gesehen habe … sie … er hat sie … Schrecklich, es war schrecklich! Er ist wahnsinnig! Doktor Hoppe ist wahnsinnig geworden! Sie müssen mir …«
    »Hallo?«
    »…«
    »Hallo, sind Sie noch dran? Hallo?«
     
    Die Frau hatte vor dem »Terminus« gestanden und an die Fenster geklopft. Martha Bollen hatte es in ihrem Laden gehört und war hinausgelaufen. Die Fremde war ganz panisch gewesen: »Ich muss telefonieren! Telefonieren! Dringend!«
    Martha hatte sie zu dem Telefon in ihrem kleinen Büroraum im hinteren Teil des Ladens gebracht. Sie hatte die andere allein gelassen, aber hinter der Tür gelauscht. Vielleicht waren die Söhne des Doktors gerade von einem schweren Schicksal ereilt worden, und jetzt funktionierte sein Telefon nicht. Aber die Frau hatte angefangen, auf Doktor Hoppe zu schimpfen, und wie. Dass der Doktor wahnsinnig geworden sei! Das hatte sie gerufen. Drei Mal! Da hatte Martha Bollen eingegriffen. Sie war ins Zimmer gelaufen, hatte der Frau den Hörer aus der Hand gerissen und ihn auf die Gabel geknallt.
    »Raus!«, hatte sie gerufen. »Raus hier! Ich will Sie hier nicht mehr sehen! Sie sind selbst wahnsinnig! Machen Sie, dass Sie wegkommen, oder ich rufe die Polizei!«
    Da war die Frau weggerannt.
     
    Jacob Weinstein war an jenem Vormittag auf dem Friedhof damit beschäftigt, verwelkte Blumen einzusammeln, als er die Frau bemerkte. Zunächst wusste er nicht, wer sie war. Sie lief schnell an den Gräbern entlang und ließ den Blick über die Namen auf den Steinen gleiten. Immer wieder schüttelte sie den Kopf. Sie kam auf ihn zu, hatte ihn aber noch nicht bemerkt. Als sie gerade noch ein

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