Der Engelmörder - Spindler, E: Engelmörder
drückte sich fester an Lance.
„Möchtest du darüber reden?“
Für ein paar Sekunden dachte sie nach, dann aber sagte sie: „Auf keinen Fall.“
„Was möchtest du stattdessen tun?“
Sie hob den Kopf und sah Lance an. „Ich bin für Vorschläge offen.“
Wie sich zeigen sollte, hatte er eine ganze Reihe an Vorschlägen parat, die sich allesamt als ausgesprochen erfindungsreich und aufregend erwiesen.
M.C. wachte plötzlich auf und wusste sofort, was sie aus dem Schlaf geholt hatte.
Lance war aufgestanden.
Reglos lag sie im Bett und lauschte. Ins Badezimmer warer nicht gegangen, auch nicht in die Küche. M.C. war hier zwar nicht zu Hause, doch sie erkannte am Geräusch seiner Schritte, wo er sich eindeutig nicht aufhielt.
Es war typisch für einen Cop. Diese bewusste Wahrnehmung aller Details in ihrer Umgebung war die Folge eines Jobs, bei dem man nie unachtsam sein durfte, wenn man überleben wollte.
Zweimal hatte sie mit ihm geschlafen, doch sie kannte ihn noch nicht gut genug, um sich in seiner Gegenwart wirklich zu entspannen. Leise stand sie auf und zog ihre Glock unter der Matratze hervor, wo sie sie versteckt hatte. Sie zog Bluse und Slip an, dann schlich sie zur Tür.
Vom Schlafzimmer aus begab sie sich in den Flur. Lance stand nackt an dem Fenster, das zur Straße wies, und schaute hinaus. Als er sich umdrehte und M.C. ansah, bemerkte sie seine entsetzlich traurige Miene.
„Was ist los?“, fragte sie.
„Ich konnte nicht schlafen.“ Er schaute auf die Waffe in ihrer Hand, ein flüchtiges Lächeln umspielte seine Mundwinkel. „Ist das nicht ein bisschen übertrieben?“
„Ich bin nur vorsichtig.“ Sie legte die Waffe auf die Rückenlehne des Sofas. „Willst du mir erzählen, warum du nicht schlafen kannst?“
„Die Wahrheit?“
„Die Wahrheit ist immer am besten.“
Er holte tief Luft, was M.C. dazu veranlasste, sich auf das Schlimmste gefasst zu machen. Überlegte er, worauf er sich mit ihr eingelassen hatte? Wollte er die Beziehung beenden?
Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Mann ihr sagte, die Beziehung zu ihr sei ein Fehler, ein kapitaler Fehler sogar.
„Ich glaube, ich mag dich zu sehr.“
Mit allem hätte sie gerechnet, aber nicht mit einer solchen Erklärung. Verdutzt sah sie ihn an. „Das ist nicht witzig.“
„Ich scherze auch nicht. Ausnahmsweise nicht.“
Sie ging zu ihm und hob den Kopf an, um ihm in die Augen zu sehen. Ihr wurde klar, dass er tatsächlich nicht scherzte. Auf eine sonderbare Art erschreckte sie das mehr, als wenn er ihr einen Korb gegeben hätte. Was sollte als Nächstes geschehen? Was wollte sie, was als Nächstes geschah? War sie wirklich bereit, sich für eine richtige Beziehung zu öffnen?
Ja, das Gefühl hatte sie.
Sie lächelte Lance verschmitzt an. „Ich glaube, ich mag dich auch zu sehr.“
„Ehrlich?“ Jetzt war es an ihm, ihr tief in die Augen zu schauen, um festzustellen, dass sie nicht scherzte. Als er sich davon überzeugt hatte, begann auch er zu lächeln. „Nicht schlafen zu können hat sein Gutes.“
Sie lachte und ließ ihren Kopf auf seine Schulter sinken. „Finde ich auch.“
Plötzlich klingelte ihr Mobiltelefon, das im Schlafzimmer lag. Ein Anruf um diese Uhrzeit konnte nur bedeuten, dass jemand gestorben war. Da man sie anrief, war das Schlimmste zu befürchten. Der Nachahmer hatte ganz sicher wieder zugeschlagen.
Sie hoffte inständig, sie würde sich irren.
Lance drückte sie fester an sich. „Kannst du es nicht einfach ignorieren?“
„Geht nicht.“ Sie löste sich aus seinen Armen, griff nach ihrer Waffe und lief eilig ins Schlafzimmer. Als sie das Telefon hochnahm, erkannte sie die Nummer auf dem Display: das Police Department.
„Riggio“, meldete sie sich.
„Wir haben wieder ein Mädchen gefunden, Detective.“
Sie hasste es, wenn sie recht hatte, zumindest in einem solchen Fall.
Während sie den Details lauschte, drehte sie sich zur Tür um. Lance war ihr ins Schlafzimmer gefolgt und stand jetzt abwartend und mit besorgter Miene da.
„Ich bin schon unterwegs“, erwiderte sie und beendete das Gespräch.
„Du musst gehen?“
„Ja. Ich wünschte, ich müsste nicht …“
„Ich verstehe schon. Geh ruhig.“
Sie sammelte ihre Kleidung auf und ging in Richtung Badezimmer, drehte sich aber noch einmal kurz zu Lance um. „Es wurde wieder ein Mädchen ermordet.“
Hilflos schaute er sie an. „Das tut mir leid. Kann ich irgendetwas für dich tun?“
„Du kannst an mich denken,
Weitere Kostenlose Bücher