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Der Engelsturm

Der Engelsturm

Titel: Der Engelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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glücklich wie alle anderen, dass ich ein paar Tage am selben Ort bleiben kann und ein festes Dach über dem Kopf habe.
    Die Hände in seinen Ärmeln gefaltet, wandelte einer der Mönche vorüber. Er bedachte Tiamak mit einem mehrere Schritte währenden Blick, grüßte jedoch nur mit einem förmlichen Kopfnicken.
    Die Mönche scheinen sich über unsere Anwesenheit nicht zu freuen. Er musste lächeln. Und wenn es schon schlimm für sie ist, auf diese Weise in einen Krieg verwickelt zu werden, wie viel schlimmer muss es sein, auch noch Frauen und Marschmänner in den Klostermauern dulden zu müssen!
    Trotzdem war Tiamak froh, dass Josua diesen Ort als vorübergehende Zuflucht gewählt und seiner Frau und zahlreichen anderen gestattet hatte, hierzubleiben, während das Heer weiter die Schlucht hinabmarschierte. Der Wranna spürte den kühlen, trockenen Wind und den Sonnenschein im Gesicht und seufzte. Schön war es, Schutz zu finden, auch wenn es nur kurze Zeit währte; schönauch, dass der Regen nachgelassen hatte und die Sonne wieder schien.
    Doch das, erinnerte er sich an Josuas Worte, will nichts besagen. Es ist nur eine kleine Atempause – nichts von dem, was wir bisher getan haben, kann den Sturmkönig aufhalten. Wenn wir die Rätsel, vor denen wir stehen, nicht lösen und die Schwerter nicht gewinnen und uns zunutze machen können, ist dieser Augenblick des Friedens wertlos. Der tödliche Winter wird zurückkehren, und dann wird es keinen Sonnenschein mehr geben. O Du-der-stets-auf-Sand-tritt, lass mich nicht versagen! Gib, dass Strangyeard und ich die Antworten finden, die wir suchen!
    Aber die Antworten ließen auf sich warten. Immer schwerer begann die Verantwortung ihrer Suche auf ihnen zu lasten. Binabik war fort, Geloë tot, und von allen Trägern der Schriftrolle waren allein Tiamak und der schüchterne Priester übriggeblieben. Zusammen hatten sie über Morgenes’ Handschrift gegrübelt, sie von einem Ende zum anderen haarklein durchforscht und immer darauf gehofft, bisher übersehene Hinweise zu finden, die ihnen helfen könnten, das Rätsel der Großen Schwerter zu lösen.
    Auch die von Binabik übersetzten Schriftrollen seines Meisters Ookequk hatten sie durchgearbeitet, darin aber nur einen großen Schatz an Trollweisheiten entdeckt, die sich zumeist auf die Vorhersage von Lawinen und die Gesänge gegen Frostbeulengeister bezogen.
    Und wenn Strangyeard und ich nicht bald Erfolg haben, dachte Tiamak ingrimmig, brauchen wir Ookequks Weisheit vielleicht nötiger, als uns lieb ist.
    Tiamak hatte sich im Lauf der letzten Tage von Strangyeard noch einmal alles erzählen lassen, was der Archivar über die Großen Schwerter und ihren untoten Feind wusste, und zwar in allen Einzelheiten – Dinge, die er selbst aus Büchern gelernt hatte, das, was der alte Jarnauga ihm beigebracht hatte, die Erlebnisse des Jungen Simon und seiner Gefährten, alles im vergangenen Jahr Geschehene, das in irgendeiner Form zur Entschlüsselung des Geheimnisses beitragen konnte.
    Tiamak betete, dass sich ein Muster zeigen würde, wie die kleinen Strudel in einem Fluss, die einen Felsen unter der Wasseroberflächeverrieten. In den Überlieferungen so vieler weiser Männer und Frauen, Abenteurer und zufälliger Zeugen, musste sich doch irgendetwas finden, musste doch jemand etwas darüber wissen, wie man die Großen Schwerter nutzbringend einsetzen könnte.
    Wieder seufzte Tiamak und wackelte mit den Zehen. Er sehnte sich von Herzen danach, wieder nur ein kleiner Mann mit kleinen Sorgen zu sein. Wie wichtig ihm diese Sorgen vorgekommen waren! Und wie gern er sie jetzt wiederhätte, sie und keine anderen! Er hielt die Hand hoch und sah dem Licht zu, das auf seinen Knöcheln spielte, einer Mücke, die über die dünnen, dunklen Haare auf seinem Handgelenk krabbelte. Der Tag war trügerisch angenehm wie die ruhige Oberfläche eines Flusses.
    Aber es gab keinen Zweifel, dass darunter verborgene Felsen oder Schlimmeres lauerten.
     
    »Bitte leg dich hin, Vara«, bat Aditu.
    Die Thrithingfrau schnitt ein Gesicht. »Du redest schon wie Josua. Es tut doch nur ein bisschen weh.«
    »Da seht Ihr, wie sie ist«, bemerkte Gutrun mit grimmiger Genugtuung. »Wenn ich könnte, wie ich wollte, würde ich sie am Bett festbinden.«
    »Ich glaube nicht, dass dies notwendig ist«, erwiderte die Sitha.
    »Aber es ist auch keine Schande, Vara, sich hinzulegen, wenn man Schmerzen hat.«
    Widerwillig ließ die Gemahlin des Prinzen sich in ihre Kissen

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