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Der Engelsturm

Der Engelsturm

Titel: Der Engelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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warum haben sie versucht, Camaris zu töten? Nur ihn? Das ist doch sinnlos.«
    »Weil sie ihm das Schwert wegnehmen wollten. Dorn.«
    »Ah«, erwiderte Strangyeard. »Ah. Vielleicht.«
    Tiamak schwankte zum Zelteingang und trat hinaus. Die eisige Luft war wie ein Schlag vor den Kopf. Er drehte sich nach dem Priester um, der ihm gefolgt war. »Wo wollt Ihr hin?«
    »Mitgehen«, erklärte Strangyeard sachlich. »Josua sagen, dass ich Euch begleite. In die Tunnel. Nach unten.«
    »Kommt nicht in Frage«, entgegnete Tiamak fest. »Kein guter Einfall. Ich habe es Euch doch erklärt.«
    »Ich gehe trotzdem mit. Will mit Josua reden.« Die Zähne des Priesters klapperten schon jetzt. »Kann Euch doch in der Kälte nicht allein lassen.« Er stolperte ein paar Schritte, blieb stehen, schaute zum Himmel und zog die Stirn in breite Falten. »Seht Euch diesen roten Stern an. Verrücktes Ding. An allem Ärger schuld. Die Sterne sollten uns in Ruhe lassen.« Er drohte mit der Faust. »Wir haben keine Angst!«, schrie er zu dem fernen Lichtpunkt hinauf. »Keine Angst!«
    »Ihr habt zu viel getrunken.« Tiamak nahm ihn beim Ellenbogen.
    Strangyeard nickte. »Gut möglich.«
     
    Josua sah dem Archivar und dem Wranna nach, wie sie aus seinem Zelt in die Nacht hinausschwankten, und wandte sich dann kopfschüttelnd an Isgrimnur. »Das hätte ich nie gedacht.«
    »Was – ein betrunkener Priester?« Der Herzog gähnte, obwohl er so aufgeregt war, dass sein Magen rebellierte. »Das ist doch nichts Besonderes.« Hinter seinen Augen lag ein dumpfer Druck. Die Mitte der Nacht war bereits überschritten, und der nächste Tag versprach fürchterlich zu werden. Er brauchte seinen Schlaf.
    »Vielleicht – aber ein betrunkener Strangyeard?« Josua konnte es nicht fassen. »Ich glaube aber, dass Tiamak recht hat. Nach allem, was Ihr mir erzählt habt, ist er ein brauchbarer Bursche.«
    »Drahtig wie ein Jagdhund«, nickte Isgrimnur. »Außerdem tapfer und so höflich im Umgang, dass ich mich immer noch nicht daran gewöhnt habe. Ich muss gestehen, dass ich die Marschleute nicht für so gebildet gehalten hatte. Camaris könnte es weit schlechter treffen als mit Tiamak, auch wenn er hinkt. Wusstet Ihr übrigens,dass er dieses Humpeln einem Cockindrill verdankt, das ihn gebissen hat?« Josua dachte bereits an andere Dinge. »Das wäre also der Zweite, der mitgeht.« Er rieb sich die Schläfe. »Ich kann nicht mehr denken – es kommt mir vor, als seien seit dem letzten Sonnenaufgang drei Tage vergangen. Morgen früh leiten wir die Belagerung ein, und bis morgen Abend haben wir Zeit, uns endgültig zu entscheiden, wer dabei sein soll.« Er stand auf und sah fast zärtlich zu Camaris hinüber, der auf der anderen Seite des Zeltes auf einem Strohsack ausgestreckt lag und sich im Schlaf unruhig hin- und herwälzte.
    Der Knappe Jeremias, der eine Vorliebe für vom Schicksal geplagte Menschen zu haben schien, hatte sich auf einem Deckenhaufen zu seinen Füßen zusammengerollt.
    »Findet Ihr zurück?«, fragte Josua den Herzog. »Nehmt die Laterne.«
    »Ich werde den Weg schon finden. Isorn sitzt bestimmt noch bei Sludig und den anderen und erzählt Geschichten.« Er gähnte wieder. »Hat es nicht einmal eine Zeit gegeben, als wir die ganze Nacht aufbleiben und trinken, dann morgens in den Kampf ziehen und danach weitertrinken konnten?«
    »Vielleicht für Euch, Onkel Isgrimnur«, antwortete Josua mit der Andeutung eines Lächelns. »Für mich nie. Gott schenke Euch eine ruhige Nacht.«
    Isgrimnur brummte etwas, ergriff die Laterne und verließ das Zelt. Josua blieb in der Mitte stehen und starrte auf den schlafenden Camaris.
    Draußen hatten die Sturmwolken sich verzogen. Die Sterne tauchten die schweigenden Mauern des Hochhorsts in mattes Licht. Gerade über dem Engelsturm schwebte der Erobererstern wie die Flamme über einer Kerze.
    Verschwinde, verfluchtes unheilverkündendes Scheusal, flüsterte Isgrimnur, aber er wusste, dass der Stern nicht gehorchen würde.
    Fröstelnd in der Kälte stapfte er langsam durch den Schnee zu seinem Zelt.»Jeremias! Junge! Wach auf!«
    Der junge Knappe richtete sich auf und versuchte, den Schlaf abzuschütteln. »Herr?«
    Josua stand halb angekleidet vor ihm. »Er ist fort. Er ist schon viel zu lange fort.« Er griff hastig nach dem Schwertgurt und riss seinen Mantel vom Boden hoch. »Zieh deine Stiefel an und komm mit.«
    »Was ist denn? Wer ist fort, Prinz Josua?«
    »Camaris, verdammt! Camaris! Schnell jetzt, hilf

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