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Der Engelsturm

Der Engelsturm

Titel: Der Engelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Schwertern oder davon, dass der Troll Miriamel und dem Jungen nachreiten will?«
    »Von beiden.« Josua machte eine müde Gebärde.
    »Zu den Schwertern kann ich nicht viel sagen, obwohl mir Binabiks Worte in gewisser Weise einleuchten. Und das andere …« Isgrimnur zuckte die Achseln. »Jemand sollte gehen, so viel ist klar. Ich habe sie einmal zurückgeholt, darum kann ich es auch ein zweites Mal tun, wenn Ihr das wollt, Josua.«
    »Nein.« Der Prinz schüttelte energisch den Kopf. »Euch brauche ich hier. Und ich möchte Euch auch nicht meiner störrischen Nichte wegen schon wieder von Gutrun trennen. Binabik – wie viele Männer wollt Ihr mitnehmen?«
    »Keinen, Prinz Josua.«
    »Keinen?«, fragte der Prinz verblüfft. »Was soll das? Es ist doch gewiss besser, wenigstens ein paar verlässliche Leute bei sich zu haben? Denkt an Eure Fahrt zum Urmsheim!«
    Binabik schüttelte den Kopf. »Was ich denke, ist, dass Miriamel und Simon sich vor mir nicht verstecken werden, mit Gewissheit aber vor berittenen Soldaten, die sie verfolgen. Außerdem können Qantaqa und ich an Orte gelangen, zu denen selbst Reiter von großer Geschicklichkeit wie Hotvigs Thrithingmänner nicht vordringen. Auch kann ich mich geräuschloser bewegen. Nein, es ist besser, wenn ich allein reite.«
    »Es gefällt mir nicht«, beharrte Josua, »und ich sehe auch, dass Eure Sisqi ebenfalls nicht glücklich darüber ist. Aber ich will es mir überlegen. Vielleicht wäre es wirklich das Beste – mich quält der Gedanke, was geschehen wird, wenn Miriamel und Simon in die Hände meines Bruders fallen. Kein Zweifel, wir müssen etwas unternehmen.« Er rieb sich die Schläfen. »Lasst mir Zeit zum Nachdenken.«
    »Sicherlich, Prinz Josua.« Binabik stand auf. »Doch vergesst nicht, dass selbst Qantaqas wunderbare Nase eine Spur, die zu lange am Boden liegt, nicht mehr verfolgen kann.« Er verbeugte sich, Sisqi ebenso, und die beiden verließen das Zelt.
    »Er ist klein – sie sind beide klein«, sagte Josua sinnend. »Und doch wünschte ich nicht nur, die Trolle blieben bei uns, ich wäre auch glücklich, wenn ich noch tausend andere wie sie hätte.«
    »Ein tapferer Kerl ist er, dieser Binabik, kein Zweifel«, bestätigte Isgrimnur. »Kommt mir manchmal vor, als wäre uns auch nur die Tapferkeit geblieben.«

    Eolair beobachtete schon eine ganze Zeit die Fliege, die den Kopf seines Pferdes umsummte. Das Tier zuckte nur gelegentlich mit den Ohren, schien sich aber sonst nicht gestört zu fühlen. Trotzdem konnte Eolair den Blick nicht von der Fliege abwenden. Es gab auch sonst nicht viel zu sehen in diesem westlichsten Teil von Hernystir, am Rande der Frostmark, und die Fliege erinnerte ihn an irgendetwas, das ihm im Kopf herumging, dass er jedoch nicht recht zu fassen bekam. Der Graf von Nad Mullach starrte auf den kleinen schwarzen Fleck und begriff dann endlich, was ihm daran bedeutsam vorkam.
    Das ist die erste Fliege seit langem – ich glaube, die erste, seit dieser Winter über uns hereinbrach. Es muss wärmer geworden sein.
    Dieser so alltägliche Gedanke ließ eine Fülle anderer, weniger banaler Überlegungen in ihm aufsteigen.
    Ist es möglich, dass sich das Blatt gewendet hat? Haben Josua und seine Anhänger etwas erreicht, das die Macht des Sturmkönigs schwächt und den Zauberwinter zurückdrängt?
    Er drehte sich nach der kleinen, zerlumpten Hernystiri-Schar um, die hinter ihm ritt, und dann wieder nach dem großen Heer der Sithi, das ihnen mit seinen leuchtendbunten Bannern und Rüstungen voranzog.
    Kann die Tatsache, dass Jirikis Volk sich dem Krieg angeschlossen hat, das Gleichgewicht zu unseren Gunsten verschoben haben? Oder lege ich einem winzigen Zeichen eine viel zu große Bedeutung bei?
    Er lachte in sich hinein, aber es war ein grimmiges Lachen. Das vergangene Jahr und seine Schrecknisse ließen ihn überall Zeichen und Wunder sehen – wie seine Ahnen in den Tagen Herns.
    In den letzten Tagen hatte Eolair ungewöhnlich oft an seine Ahnen gedacht. Das Heer der Sithi und Menschen hatte auf seinem Zug nach Naglimund erst kürzlich in Eolairs Burg Nad Mullach am Baraillean-Fluss gerastet. In den zwei Tagen dieses Aufenthalts hatte der Graf sechzig weitere Männer aus der Umgebung gefunden, die bereit waren, sich den Kriegern anzuschließen – die meisten, so vermutete Eolair, wohl eher, um mit den sagenhaften Friedlichen reiten zu dürfen, als aus Pflichtgefühl oder Rachedurst. Viele der jungen Männer hatten im gerade erst

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