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Der Erbe der Nacht

Titel: Der Erbe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Blasen stiegen an ihre Oberfläche und zer-platzten lautlos, und als ich mich noch ein Stück weiter vorwagte, stieg mir ein atemberaubender Gestank in die Nase.
    Und um ein Haar hätte mich meine Neugier das Leben gekostet.
    Aus der schillernden Pfütze schoß ein dünner grüner Faden, ringelte sich um mein Bein und brachte mich mit einem Ruck aus dem Gleichgewicht. Ich schrie auf, fiel zum zweitenmal auf den Rücken und versuchte verzweifelt, mein Bein loszurei-
    ßen. Es ging nicht. Der Faden war nicht viel dicker als mein kleiner Finger, aber er verfügte über schier unglaubliche Kraft.
    Ich spürte, wie meine Haut aufriß und Blut an meinem Fuß herablief. Und der Strang zog sich weiter zusammen. Der Schmerz war furchtbar.
    Mit einer verzweifelten Bewegung warf ich mich herum und stemmte mich hoch, soweit es meine bizarre Fessel zuließ.
    Im Zentrum der Pfütze stiegen nun mehr Blasen auf. Die Flüssigkeit kochte und brodelte. Grünbraune Schlieren bildeten sich, wirbelten wie in einem gewaltigen Sog aufeinander, dann stieg ein faustgroßer Klumpen an die Oberfläche und begann zu wachsen.
    Der Anblick ließ mich für einen Augenblick sogar den Schmerz vergessen. Das Ungeheuer begann sich neu zu formen!
    Ich schrie erneut auf und riß mit aller Gewalt an dem Schleimfaden, aber das einzige Ergebnis war, daß er sich noch tiefer in mein Heisch schnitt. Verzweifelt sah ich mich um. Die Straße war leer, nirgends war etwas zu sehen, das ich behelfs-mäßig als Waffe hätte benutzen können, und wenn meine verzweifelten Schreie überhaupt bis zu den Bewohnern der Häuser drangen, so bemühten sie sich vermutlich geflissentlich, sie zu überhören.

    Meine Pistole! Wo war meine Pistole?! Mein Blick tastete über die brodelnde Pfütze, verharrte einen Moment auf dem wabbelnden, rasch größer werdenden Klumpen in ihrem Zentrum und glitt weiter. Es würde nur noch Augenblicke dauern, bis das Ungeheuer in alter Macht wiedererstanden war. Und ein zweites Mal würde ich keine Chance haben.
    Ich entdeckte die Waffe. Sie lag gar nicht weit weg von mir
    aber sie befand sich unter einer brodelnden Schicht grüner Flüssigkeit.
    Als hätte das Ungeheuer meine Gedanken gelesen, zerrte der Faden mit einem heftigen Ruck an meinem Fußgelenk und zog mich auf die Pfütze zu, und ich schrammte mit dem Gesicht über das harte Pflaster.
    Im letzten Augenblick stemmte ich mich noch einmal hoch und streckte den Arm aus.
    Für einen Moment war der Ekel fast stärker als meine Furcht.
    Meine Finger verharrten wenige Millimeter über der Oberflä-
    che der brodelnden Pfütze. Ich spürte die Wärme, die von der Flüssigkeit ausging. Der Gestank wurde übermächtig und nahm mir den Atem.
    Dann überwand ich meinen Widerwillen und schloß die Finger um die Pistole.
    Meine Haut brannte, als hätte ich in Säure gegriffen.
    Dünne, schleimige Fäden krochen an meinem Handgelenk empor und ringelten sich um meinen Unterarm. Ich warf mich mit einem verzweifelten Ruck zurück und riß dabei die Waffe mit mir. Blind vor Schmerz und Angst zielte ich auf den dünnen Faden und drückte ab.

    Die Kugel durchtrennte den Strang. Der kurze Stumpf des Monsterarmes peitschte wild hin und her.
    Ich kroch zurück, setzte mich hastig auf und streifte das Ende des Fadens, das noch immer an meinem Fußgelenk klebte, angeekelt ab. Für einen Moment wurde mir übel. Die Anstrengungen des Kampfes und der Schmerz waren zuviel gewesen.
    Ich kämpfte den Brechreiz mit aller Macht nieder und stand taumelnd auf. Mühsam hob ich den Kopf und schrie vor Entsetzen auf. Aus dem Zentrum der rasch kleiner werdenden Pfütze war ein gewaltiges, grünschillerndes Monstrum hervor-gewachsen. Eben richtete sich sein gesichtsloser Schädel auf, starrte in meine Richtung …Ich riß mich von dem gräßlichen Anblick los, fuhr herum und rannte, so schnell ich konnte.
    Mein Fuß schmerzte unerträglich. Eine dünne Spur glitzernder Blutstropfen blieb auf dem Straßenpflaster hinter mir zurück, und meine rechte Hand brannte noch immer wie Feuer. Die Haut war rot, als wäre sie verätzt worden. Im Laufen warf ich einen hastigen Blick über die Schulter zurück und sah, daß mein Gegner bereits zur Verfolgung angesetzt hatte und hinter mir herwabbelte. Und er holte rasend schnell auf!
    Ich verdoppelte meine Anstrengungen, aber meine Verletzungen beeinträchtigten mich zu sehr. Selbst wenn es nicht so gewesen wäre, wäre ich dem Unheimlichen wohl kaum entkommen. Das Wesen bewegte sich

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