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Der Erbe der Nacht

Titel: Der Erbe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gesehen hatte.
    Rowlf ragte wie ein Berg aus Fleisch und rotem Strubbelhaar hinter ihnen und Mary auf, die heftig gestikulierend versuchte, die drei morgendlichen Gäste abzuwimmeln. Ich sah den vieren einen Augenblick lang zu, dann trat ich zu ihnen und winkte Mary ab.
    »Schon gut, Mary. Ich kenne die Herren.«
    »Aber Sir!« ereiferte sie sich. »Das geht doch wirklich nicht.
    Sie müssen sich ausruhen, und «
    »Es ist gut«, sagte ich noch einmal, ein ganz kleines bißchen schärfer. »Sie können gehen. Bereiten Sie unseren Gästen einen Tee oder ist Ihnen Kaffee lieber?«
    H. P. schüttelte fast hastig den Kopf. »Weder noch«, sagte er.
    »Wir haben nicht viel Zeit. Wir müssen miteinander reden«, fügte er hinzu, und auf sein Gesicht trat ein sehr besorgter Ausdruck.
    Ich deutete auf den Salon.
    »Gehen wir dort hinein. Und bitte stören Sie uns nicht, Ma-ry,«
    Mary rauschte beleidigt ab, während H. F.. Rowlf, ihr unbe-kannter Begleiter und ich in den Salon gingen.
    H. P. kam gleich zur Sache. »Das ist Dr. Gray, Robert«, sagte er mit einer Geste auf seinen Begleiter.
    »Mein Rechtsanwalt und ein guter Freund. Er ist in alles eingeweiht.«
    Ich musterte den kleinwüchsigen Mann aufmerksam. Er hatte ein schmales, fast edel geschnittenes Gesicht und mußte weit über die sechzig hinaus sein. Seine Augen waren sehr wach, aber auch sehr freundlich.
    Ein bißchen erinnerte er mich an meinen Großvater.
    »Freut mich, Sie kennenzulernen, Sir«, sagte ich. Zu H. P.
    gewandt, fuhr ich fort: »Was gibt es so Dringendes?«
    Draußen in der Halle erklang erneut das schrille Läuten der Türglocke. Ich sah stirnrunzelnd auf.
    Manchmal ging es in diesem Haus zu wie in einem Tauben-schlag und vornehmlich dann, wenn man es am aller-wenigsten gebrauchen konnte. Aber dann hörte ich Marys Schritte. Sie würde zuverlässig alle lästigen Besucher abwim-meln.»Ich glaube, ich weiß jetzt, was das alles hier bedeutet«, erklärte H. P. Er wirkte noch nervöser und fahriger als sonst.
    »Gestern abend war es nur ein Verdacht, deshalb habe ich noch nicht darüber gesprochen, aber jetzt … Die Sterne, Robert. Die Sterne stehen günstig.
    Wieder einmal.«
    »Aha«, antwortete ich. Ich verstand kein Wort.
    »Ich erkläre es dir«, sagte H. P. »Aber es ist nicht leicht. Ich habe dir von deinem Vater erzählt, und daß «
    Er kam nicht dazu, weiter zu sprechen. In der Halle wurde Marys Stimme plötzlich schrill und laut, und kaum eine Sekunde später flog die Tür zum Salon mit einem Knall auf, und ein weißhaariger Hüne stürmte herein.
    »Was soll das?« fragte ich erbost. »Sie «
    »Das werden Sie gleich erfahren, Mister McFaflathe-Throllinghwort-Simpson«, unterbrach mich Inspektor Card grob. »Genauer gesagt, in meinem Büro im Yard.«»In Ihrem Büro?« wiederholte ich verwirrt. Gray straffte sich.
    »Ganz recht, Mister McFaflathe-Throllinghwort-Simpson«, bestätigte er mit einem eindeutig triumphierenden Lächeln.
    »Wenn ich Sie also bitten dürfte.«
    »Sie dürfen gar nichts«, sagte Gray schneidend.
    »Wer sind Sie überhaupt, Sir?«
    »Wer ich bin?« Card zog fröhlich eine Visitenkarte hervor und gab sie Gray, der sie sehr aufmerksam las und dann in seiner Rocktasche verstaute. »Und wer sind Sie, Sir?«
    »Mein Name ist Gray«, antwortete Gray. »Dr. Dr. Dr. Samu-el Gray, um genau zu sein. Ich bin Mister McFaflathe-Throllinghwort-Simpsons Rechtsbeistand.«»Na bestens«, antwortete Card ungerührt. »Dann sollten Sie Ihrem Klienten vielleicht raten, mich freiwillig zu begleiten, Dr. Dr. Dr. Gray.
    Sonst müßte ich ihm nämlich Handschellen anlegen, wissen Sie?«

    Als wir gekommen waren, hatte die Sonne noch weit im Osten gestanden, und das altehrwürdige, aus graubraunem Sandstein erbaute Gebäude schien noch nicht ganz erwacht zu sein. Jetzt stand die Sonne hinter den blind gewordenen Scheiben des kleinen Büros fast im Zenit und verriet mir, daß es bald Mittag war.
    Ich fühlte mich erschöpft und müde. Ich hatte geredet, zugehört, wieder geredet und zugehört, Fragen beantwortet und selbst welche gestellt, und irgendwann hatte das Gespräch angefangen, sich im Kreis zu drehen. Es war das zweitemal innerhalb kurzer Zeit, daß ich das Vergnügen hatte, mich mit Jeremy Card zu unterhalten, und er war kein bißchen weniger ekelig als beim erstenmal. Dabei ließ er keine Gelegenheit verstreichen, mich spüren zu lassen, daß er in Wahrheit noch ganz anders konnte, wenn er nur wollte.
    Wenigstens hatte er

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