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Der Erbe der Nacht

Titel: Der Erbe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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darauf verzichtet, mich in Handschellen hierherbringen zu lassen.
    Trotzdem fühlte ich mich unbehaglich, ganz vorsichtig ausgedrückt. Und das Schlimmste war ich wußte nicht, was Card eigentlich von mir wollte. Nur eines war mir von der ersten Sekunde an klar gewesen diesmal handelte es sich nicht um eine behutsame Befragung wie am Tag nach dem Tod meines Großvaters. Was Card jetzt mit mir tat, war ein Verhör.
    Er machte nicht einmal einen besonderen Hehl daraus.
    Card seufzte und unterbrach so das lange, unangenehme Schweigen, das sich zwischen uns ausgebreitet hatte. Der Blick, mit dem er abwechselnd den Block, auf den er in unregelmäßigen Abständen etwas gekritzelt hatte, und mich maß, wirkte anklagend.
    »Und das ist alles?« sagte er.
    »Ja, verdammt«, sagte ich, lauter und um mehrere Grade gereizter, als ich vorgehabt hatte. Aber Cards offen zur Schau gestelltes Mißtrauen trieb mich schier zur Raserei. »Das ist alles, was ich Ihnen sagen kann, Inspektor.« Ich beugte mich vor, ließ die flache Hand auf den Tisch klatschen und setzte die beleidigtste Miene auf, die ich zustande brachte. »Wie oft wollen Sie mich denn noch dasselbe fragen?«
    »So oft, bis ich zu der Überzeugung gelangt bin, daß Sie mir die Wahrheit gesagt haben«, erwiderte Card gelassen.
    »Sie haben gar kein Recht, mich hierzubehalten«, murrte ich
    und kam mir dabei ziemlich albern vor.
    Cards Grinsen bewies mir auch prompt, daß er nur auf diese Worte gewartet hatte.
    »Siegelbruch ist eine schwere Straftat, Mister McFaflathe-Throllinghwort-Simpson«, sagte er freundlich. »Das ist Ihnen doch klar, oder?«Ich verzichtete darauf, ihm zum was-weiß-
    ich-wievielten Male zu versichern, daß ich das Siegel nicht aufgebrochen hatte. Es wäre auch sinnlos gewesen. Card hatte meine Geschichte keinen Augenblick lang geglaubt. Es war wohl doch nicht ganz so leicht, die Polizei an der Nase herum-zuführen, wie ich gehofft hatte.
    »Das ist doch nur ein Vorwand«, sagte ich gerade heraus.
    »Verdammt, verpassen Sie mir ein Protokoll oder eine Anzeige oder sonst etwas, und lassen Sie mich gehen oder sagen Sie mir endlich, was Sie von mir wollen!«
    Mein Wutausbruch irritierte Card nicht im geringsten. Wahrscheinlich war er ganz andere Auftritte von Leuten gewohnt, die auf diesem Stuhl saßen.
    »Gut«, sagte er schließlich. »Ich will offen zu Ihnen sein, Sir.« Er beugte sich leicht vor. »Es gibt gewisse Indizien, die darauf hindeuten, daß Ihr Großvater keines natürlichen Todes gestorben ist.«
    »Natürlich ist er das nicht!« fauchte ich. »Es war ein schrecklicher Unfall, der «
    »Und eben das bezweifle ich«, unterbrach mich Card. Er schien auf eine Antwort zu warten, aber ich reagierte nicht. Ich konnte ihm schlecht beipflichten, nach den diversen, teils geschauspielerten, teils echten Wutausbrüchen, die ich im Lauf des Vormittags bekommen hatte, aber ich hatte auch nicht mehr die Kraft, seine Verdächtigungen weiter zurückzuweisen.
    »Sehen Sie, Sir«, fuhr er fort, »ein Mensch ist ums Leben gekommen. Ein sehr angesehenes Mitglied der Gesellschaft.
    Und ein sehr reicher Mann dazu. Wir vom Yard nehmen es sehr ernst, wenn so etwas passiert.«
    »Ach?« fragte ich böse. »Bei einem Armen nicht?«

    Cards Gesicht verdüsterte sich vor Zorn. »Ich weiß nicht, ob es klug ist, sich solche Scherze zu erlauben, Sir«, antwortete er eisig. »Sie unterschätzen den Ernst Ihrer Lage, scheint mir.« Er schüttelte den Kopf und trommelte mit dem stumpfen Ende seines Bleistifts auf die Tischplatte.»Nicht, daß ich Ihre Aufrichtigkeit anzweifle, Sir«, führ er fort, in einem Ton, der das genaue Gegenteil behauptete. »Aber« sein Blick wurde hart »ich glaube, daß Sie uns eine ganze Menge verschweigen.«
    »Und was soll das sein?«
    Card lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Schauen Sie, Sir«, begann er, fast im Plauderton. »Ich habe Erkundigungen eingezogen.«
    »Über mich?«
    »Auch«, antwortete er. »Über Sie, Ihren Großvater … alles.
    Sie führen ein … sagen wir es vorsichtig: sehr bequemes Leben.«
    »Wenn Sie damit meinen, daß ich keiner geregelten Arbeit nachgehe, ja«, knurrte ich. »Sprechen Sie es ruhig aus. Ich bin ein Nichtstuer. Ein verwöhnter Faulpelz, der Gott einen guten Mann sein läßt und sich nicht die Hände schmutzig macht.
    Mögen Sie solche Leute nicht?«
    Card preßte die Lippen aufeinander und zerbrach seinen Bleistift in zwei gleich große Teile. »Nein«, antwortete er.
    »Aber das allein ist

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