Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)
eigenes Kind in die Welt zu setzen, damit dein verdammtes, blaues Blut nicht ausstirbt. Alles andere ist dir völlig egal!“
„ Du weißt, das ist nicht wahr. Meine Sorge hat stets eurem Wohlergehen gegolten und das nicht nur, weil ich es deinem Vater geschworen habe. Ich werde alles für euch tun, weil ich euch liebe. Und ich habe meine Versprechen noch nie leichtfertig gegeben.“
„Aber natürlich, schließlich bist du ein Mann von Ehre!“, spie der junge Mann angewidert aus.
„ Du bist mein ältester Sohn. In allen Dingen, die je wichtig waren, bist du mein Sohn. Und der Erbe von Sean Garraí , woran auch das Ungeborene nichts ändern wird. Manuel, wir haben mit dem Arzt alles Für und Wider besprochen. Er ist der Meinung …“
„ Guck dich an, du Monster! Wie soll sie mit einem Kind von dir fertig werden? Es wird sie umbringen!“
„ Warum kannst du den Wunsch deiner Mutter nicht akzeptieren? Denn, um ehrlich zu sein, es war allein ihre Entscheidung. Ich weiß sehr wohl, was die Ärzte sagten. Ich habe drei wunderbare Söhne, auf die ich mehr als alles andere stolz bin. Aber Suse hat es sich nun einmal in den Kopf gesetzt. Sie freut sich auf dieses Kind.“
„ Ein Kind von einem alten Mann? Das glaubst du doch selber nicht! Sie weiß genau, dass es sie das Leben kosten kann. Sie tut es deinetwegen, damit du einen würdigen Erben für dieses beschissene Land bekommst und nicht auf uns Bastarde zurückgreifen musst. So war es schon immer, du brauchst lediglich mit dem Finger schnippen und schon sagt sie ‚Ja und Amen’ zu allem, was du von ihr verlangst.“
„ Ich habe nichts von ihr verlangt, Manuel. Noch nie. Ich habe sie nicht einmal um dieses Kind gebeten. Es ist … einfach passiert.“
„Für wie blöd haltet ihr mich eigentlich? “, ätzte Manuel. „Von wegen: einfach passiert! Falls es dir entgangen sein sollte, ich glaube nicht mehr an den Klapperstorch. Womit hast du sie bestochen, dass sie nachgegeben hat? Noch mehr glitzernder Tand? Ein neuer Fummel? Oder haben ein paar süße Worte ausgereicht?“
„ Rede bitte nicht von deiner Mutter, als würde sie Wert auf solche Dinge legen oder sich dafür gar verkaufen.“
„ Du wirst mir nicht den Mund verbieten! Du hast mir überhaupt nichts zu sagen! Du? Nicht! Du bist nicht mein Vater! Oder hast du schon vergessen, dass du ihn aus dem Weg geschafft hast, um dich an meine Mutter heranmachen zu können?“
Unter seinen Füßen schien sich der Boden zu bewegen und d as Blut schoss dem Grafen ins Gesicht. Erbost schlug er Manuels Hände von seinen Schultern. „Warum sagst du so etwas? Manuel, ich habe damals alles getan, was in meiner Macht stand, um Ossi zurückzuhalten. Aber er war ein genau so sturer Mensch, wie du heute einer bist. Er war überzeugt, das Richtige zu tun, als er mit Frithjof Peters ins Flugzeug nach Gabun stieg. Sein Ehrgefühl und Verantwortungsbewusstsein haben ihn dazu gezwungen. Nichts und niemand sonst. Er wollte der Freundin deiner Mutter helfen. Willst du ihm das zum Vorwurf machen?“
„Du warst der Einzige, auf de ssen Meinung mein Vater jemals Wert gelegt hat. Dein Wort war ihm ehernes Gesetz. Wenn du bloß einen Ton gesagt hättest, wäre er geblieben.“
Des Grafen Hände sanken hinab, vor seinen Augen verschwamm die Welt und ein rasender Schmerz schnitt durch seine Brust. Als würde ihm mit einem Mal die Kraft fehlen, schüttelte er müde den Kopf. Wie oft hatte er sich mit der Frage gequält, ob er wirklich noch etwas hätte tun oder sagen können, um seinen Freund von dieser wahnwitzigen Idee abzubringen. Wieder und wieder hatte er sich ihr letztes Gespräch vor Ossis Abflug durch den Kopf gehen lassen. Nach der Katastrophe in Gabun hatte er nächtelang wach gelegen und nach der Antwort gesucht, die ihm niemand mehr geben konnte. Und selbst heute noch, nach so vielen Jahren, fuhr er mitunter aus dem Schlaf, weil Ossi neben ihm stand und auf ihn und seine Frau hinabblickte.
D er Schweiß brach ihm aus allen Poren, lief über die Schläfen und brannte in den Augen, doch er bemerkte es nicht. Seine Gedanken überschlugen sich, aber die Angst betäubte sein Gehirn und er wusste nichts zu sagen. Er keuchte gequält auf, als er eine Armee von Ameisen durch seinen Körper marschieren spürte. Vorsichtig rollte er die Schultern und legte den Kopf in den Nacken, weil ihm der brennende Schmerz in seiner Brust den Atem nahm.
„Was ist? “, erkundigte sich Manuel, misstrauisch geworden. „Was hast du?
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