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Der Erdbeerpfluecker

Der Erdbeerpfluecker

Titel: Der Erdbeerpfluecker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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reichte ihm, um wieder aufzutanken.
    Den andern nicht. Die meisten waren unzufrieden mit den Bedingungen. Der Bauer, dem sämtliche Erdbeerfelder der Umgebung gehörten, war nicht umsonst zum reichsten Mann des Orts geworden. Er zahlte einen Hungerlohn und brachte die Arbeiter in kleinen, düsteren Zimmern unter, wofür er die überhöhte Miete selbstverständlich auch gleich einbehielt.
    Seine Frau gehörte zu der Sorte, mit der Georg jeden Kontakt vermied. Stark geschminkt, ordinär zurechtgemacht, frühe Falten im Gesicht. Sie grüߟte nicht zurück, wenn man an ihr vorbeiging. Georg hatte sie noch nie lächeln sehen.
    Allerdings hatte er gesehen, wie sie ihn anschaute. Er hatte rasch den Blick abgewandt. Das fehlte ihm noch, dass sie Gefallen an ihm fand! Dass sie anfing, ihm nachzulaufen! Er konnte solche Komplikationen nicht brauchen.
    Malle hatte seinen Pudding aufgegessen. Er leckte das Schälchen aus. Georg schob ihm seinen eigenen Nachtisch hin.
    »Echt? Du willst ihn nicht?« Malle hatte die Frage noch nicht ganz zu Ende gebracht, da hatte er das Schälchen schon herangezogen und den Löffel eingetunkt.
    »Iss nur«, sagte Georg. »Hab keinen groߟen Hunger heute.«
    Würde er eben ein paar Erdbeeren essen. Es war wichtiger, Malle bei Laune zu halten, ihm das Gefühl zu geben, sie seien Freunde. Möglicherweise brauchte er ihn irgendwann. Dann stünde Malle in seiner Schuld und könnte ihm seine Hilfe nicht verweigern.
    Mit dieser Taktik war er immer gut gefahren. Sie hatte ihm schon ein paarmal die Haut gerettet.
    Du bist ein Schwein, dachte Georg und grinste in sich hinein. Ja. Ein Schwein.
     

Kapitel 4
    Merle und ich hatten eingekauft. Wir wollten zusammen kochen. Eigentlich hatte auch Caro mitmachen wollen, aber dann hatte sie angerufen und abgesagt.
    »Und sie hat wirklich keinen Grund angegeben?«, fragte Merle.
    »Keinen«, antwortete ich.
    »Ich versteh nicht, warum sie so ein Geheimnis aus ihrem Neuen macht.« Merle schnitt die grüne Stelle aus den Cocktailtomaten, eine Arbeit, die Fingerspitzengefühl verlangte. »Sie ist doch sonst nicht so... eigen.«
    »Eigen? Wieso?«
    »Wir könnten es ja auf ihn abgesehen haben.«
    »Quatsch! Erstens weiߟ Caro, dass sie sich auf uns verlassen kann, und zweitens hat sie einen ganz anderen Geschmack, was Typen angeht.«
    »Nicht unbedingt.« Merle steckte sich eine Tomatenhälfte in den Mund. »In Gil hätte ich mich glatt verlieben können.«
    Ich sah sie an und grinste.
    »Na ja.« Merle grinste zurück. »Wär doch ein Fortschritt gewesen oder nicht?«
    »Und was für einer!« Gil war zu weich gewesen für Caro. Und für Merle erst recht. Ich hatte ihn sehr gemocht. Wie den Bruder, den ich mir immer gewünscht hatte. Es fiel mir schwer, plötzlich in der Vergangenheit an ihn zu denken.
    Das Wasser kochte. Ich riss die Nudelpackung zu hastig auf. Die Spagetti fielen auf die Arbeitsplatte und blieben liegen wie Holzstäbchen beim Mikado. Ich sammelte sie wieder ein.
    »Jedenfalls war er etwas Besonderes«, sagte ich. »Was man von den meisten Typen, die hier so auftauchen, nicht behaupten kann.«
    Merle rührte eine Vinaigrette an. Sie schien ganz in Gedanken versunken. Dann drehte sie sich halb zu mir herum. »Dieser Mord vor ein paar Wochen... der macht mich ganz fertig. Ich hab das Mädchen schlieߟlich gekannt. Nicht richtig, aber sie ist mir ein paarmal über den Weg gelaufen. In der Disko und auch in der Pizzeria manchmal. Sie hat immer so gelächelt. Ich... ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass sie jetzt tot sein soll.«
    Immer wieder fing sie damit an. Es schien sie wirklich zu belasten. Ausgerechnet jetzt waren die Nudeln so weit. Sie konnten abgeschüttet werden. Es kam mir gefühllos vor, über ein ermordetes Mädchen zu sprechen und dabei weiterzukochen.
    »Ist der Salat fertig?« So war das Leben. Der eine starb, der andere freute sich auf ein gutes Essen und wir alle bemühten uns, mit dem Zynismus solcher Widersprüche fertig zu werden.
    Einige Minuten später saߟen wir uns am Tisch gegenüber.
    »Stell dir vor«, sagte Merle, »du vertraust jemandem und der bringt dich um.«
    So viel stand inzwischen fest: Das Mädchen hatte die Disko besucht. Sie war mit dem Wagen ihres Vaters unterwegs gewesen. Die Polizei ging davon aus, dass sie ihren Mörder selbst ins Auto gebeten hatte. Vielleicht hatte sie ihn in der Disko kennen gelernt, vielleicht kannte sie ihn schon länger, oder aber sie hatte ihn als Anhalter

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