Der Erdbeerpfluecker
Denkmalschutz standen. Er war ganz hingerissen davon. Es war ein Traum von ihm, sich einmal so ein altes Haus kaufen und es renovieren zu können.
Ich wusste schon so viel über ihn und doch so wenig. Er hatte mir von seinen schlechten Erfahrungen mit Frauen erzählt und von der Therapie, die er hinter sich hatte. »Gib mir Zeit«, hatte er gesagt. »Ich muss erst langsam wieder Vertrauen gewinnen.«
Offenbar hatte ich mir eine wirklich komplizierte Liebesgeschichte eingehandelt. Wie Caro. Und Merle.
berühr dich
und hab Angst
dass du mir
untern fingern
zerfällst
Als hätte Caro diesen Augenblick vorhergesehen. Meine Angst, ihn anzufassen und auf einmal zu merken, er ist bloß ein Hirngespinst.
»Woran denkst du?«, fragte er.
»An Caro, an dich und an mich.« Ich würde ihn niemals belügen.
Er fragte nicht weiter, nahm nur meine Hand und drückte sie und wurde ein wenig schneller.
Imke hatte hart gearbeitet, hatte sich durch nichts ablenken lassen, nur zwischendurch ein bisschen geputzt, gewaschen und gebügelt, damit Frau Bergerhausen bei ihrer Rückkehr aus den Ferien nicht den Glauben an die Menschheit verlor.
Dabei wusste sie gar nicht, warum sie sich mit dem Buch so beeilte. Sie hatte Zeit genug. Außerdem war sie nie erpicht darauf, schnell ans Ende eines Romans zu gelangen, denn das hieß, sich von den Figuren verabschieden zu müssen. Und sie fürchtete sich jedes Mal davor, ihren perfekt aufgebauten Mikrokosmos zu verlassen und sich neue Trampelpfade im Alltag zu suchen.
»Eigentlich bin ich völlig untauglich für das Leben«, sagte sie zu Edgar, der sie scheinbar verständnisvoll ansah, in Wirklichkeit aber nur auf etwas Fressbares lauerte. Molly war unterwegs. Sie war eine begnadete Jägerin und verspeiste die erlegten Mäuse auch. »Molly ist eine richtige Katze«, sagte Imke. »Nicht so ein Papiertiger wie du.«
Sie wählte Jettes und Merles Nummer. Niemand nahm ab. Sie versuchte, Jette über das Handy zu erreichen. »Der von Ihnen gewünschte Teilnehmer...« Blablabla.
Die Mädchen haben Ferien, sagte sie sich. Es ist völlig normal, dass sie bei diesem schönen Wetter nicht zu Hause hocken. Aber eine andere Seite in ihr wollte wissen, wo sie sich herumtrieben. Dem erfundenen Mörder in ihrem Krimi würde es bald an den Kragen gehen. Caros Mörder war immer noch nicht gefasst.
Sie rief bei der Polizei an. Bert Melzig war unterwegs. Ob sie dem Kommissar etwas ausrichten solle, fragte die freundliche Dame am anderen Ende der Leitung. Das sei nicht nötig, antwortete Imke. Sie werde sich wieder melden.
Um wenigstens ein Erfolgserlebnis zu haben, rief sie ihre Mutter an, die gerade vom Frisör zurückgekommen war und geschlagene fünf Minuten ihre misslungene Dauerwelle verfluchte. »Und?«, fragte sie dann. »Wollen die Mädchen nun für eine Weile zu mir ziehen?«
»Man kann im Augenblick nicht mit Jette reden, Mutter. Sie ist frisch verliebt.«
»Verliebt? In wen?«
So war sie, kam immer direkt zur Sache, redete nicht lange darum herum. Imke schätzte diesen Charakterzug an ihrer Mutter, wenn er auch häufig unbequem war.
»Außer, dass er etwa dreißig ist und in jeder Hinsicht absolut unübertrefflich, weiß ich nichts über ihn.«
»Lad ihn zum Kaffee ein. Und mich auch. Tu es bald, hörst du?«
Wie dringend das klang. Sie alle waren außer sich vor Sorge um Jette und Merle. Sie versteckten es nur gut unter der Maske, die sie täglich trugen. Um das Leben auszuhalten, dachte Imke. Das Leben und den Tod.
Er würde nicht mit Gorge darüber reden. Die Saison dauerte nicht mehr lange und dann würden ihre Wege sich sowieso trennen. Warum sollte er da noch riskieren, ihn zu reizen?
Gorge war nervös. Irgendwas machte ihm zu schaffen. Man spürte es, wenn man in seiner Nähe war. Als stünde er unter Hochspannung.
Aber das musste nichts mit den Morden zu tun haben.
Einer, der mein Kumpel ist, dachte Malle, kann nicht gleichzeitig ein Mörder sein. Unmöglich. So was würd ich merken. Das kann man einfach nicht verbergen, wenn man Tag für Tag bei Wind und Wetter nebeneinander auf den Feldern herumkriecht.
Sie hatten zusammen geschwitzt, geackert, gegessen, getrunken, geschwiegen und gelacht. Da ist man wie zwei Seiten ein und derselben Münze, dachte Malle. Da kann einen so ein dahergelaufener Kommissar nicht einfach mir nichts, dir nichts auseinander dividieren.
Aber war es nicht doch besser, Gorge von dem Verhör zu erzählen? Verschiedene Leute
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