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Der Erdbeerpfluecker

Der Erdbeerpfluecker

Titel: Der Erdbeerpfluecker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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hatten ja mitgekriegt, dass es stattgefunden hatte. Sie wussten auch, dass der Kommissar extra für dieses eine Gespräch hergekommen war. Und indem Malle schwieg, würde er aus einer Mücke einen Elefanten machen. Er würde seiner Unterhaltung mit dem Kommissar eine Bedeutung geben, die sie gar nicht gehabt hatte.
    Wieso machte er sich darüber eigentlich Gedanken? Warum war ihm so unbehaglich zumute? Er gehörte doch nicht zu denen, die vor Gorge Angst hatten.
    Na schön, seine Art konnte einen manchmal ziemlich einschüchtern. Sein Blick war oft so durchdringend, dass man sich schuldig fühlte, obwohl man gar nichts verbrochen hatte. Und seine Stimme konnte so schneidend und kalt sein, dass man am liebsten das Weite gesucht hätte.
    Aber Angst? Nicht vor Gorge, seinem Kumpel.
    Malle beschloss, den Abend in Bröhl zu verbringen. Er brauchte Menschen um sich herum. Fremde Menschen, die ihm keine Fragen stellten. Er hatte keine Lust mehr zu grübeln. Er wollte nur noch ein paar Bier und seine Ruhe.
    Und er hatte absolut keine Lust, Gorge heute Abend über den Weg zu laufen.
     
    Jette saߟ neben ihm und sah schweigend auf die Fahrbahn. Offenbar spürte sie, dass ihm nicht nach Reden zumute war. Eine gute Frau fühlte immer, was ihr Mann erwartete.
    Er hatte das Gefühl, als seien seine Nerven zum Zerreiߟen gespannt. Irgendwie wuchs ihm alles über den Kopf. Es war nicht der geeignete Zeitpunkt für eine neue Liebe.
    Aber fragte die Liebe danach, bevor sie einen überwältigte?
    Die Notwendigkeit, sich genau zu überlegen, was er Jette anvertraute und was nicht, setzte ihn enorm unter Druck. Aber noch musste er vorsichtig sein. Noch konnte er ihr nicht gänzlich trauen.
    Zeit, dachte er. Wir brauchen Zeit.
    Und genau da lag das Problem. Bald würde er weiterreisen. Und dann? Jette ging noch zur Schule. Wie sollte er es aushalten ohne sie? Besuche an den Wochenenden? Für Saisonarbeiter gab es keine Wochenenden.
    Zum ersten Mal in seinem Leben wünschte er sich, sesshaft zu sein. Er sah Jette an und begegnete ihrem Blick. Sie lächelte und berührte seine Hand, die auf dem Lenkrad lag.
    Ich liebe sie, dachte er. Himmel, wie sehr ich dieses Mädchen liebe.
    Sie würde ihm helfen, alles Schlechte zu vergessen. Ein besserer Mensch zu werden. Vor allem aber würde sie bei ihm bleiben. Ihr Leben lang.
     

Kapitel 19
    Merle hörte Jette nach Hause kommen. Sie schaute auf den Wecker neben ihrem Bett. Ein Uhr. Egal. Sie hatte sowieso noch nicht geschlafen.
    Der Lichtschein aus dem Flur kroch durch den schmalen Spalt unter der Tür hindurch in ihr Zimmer. Merle hatte groߟe Lust aufzustehen, in die Küche zu gehen und ein Mitternachtsessen mit Jette zu veranstalten. Oder wenigstens einen Tee zu trinken. Das hatten sie oft gemacht, als Caro noch lebte.
    Aber wahrscheinlich hatte Jette keinen Hunger. Bestimmt hatte ihr Prinz sie zum Essen eingeladen. Schickimicki irgendwo im Grünen. Es ärgerte sie maߟlos, dass Jette ihr kaum etwas von ihm erzählte. Sie war doch sonst nicht der Typ, der aus allem ein Geheimnis machte.
    Und ich, dachte Merle, bin immer noch so blöd, mein Herz auf der Zunge zu tragen.
    Sie stellte sich das vor, ihre ausgestreckte Zunge und darauf ihr Herz, tüchtig geschrumpft, damit die Zunge es auch tragen konnte, ohne es fallen zu lassen. Viele Redensarten waren lächerlich, wenn man sie wörtlich nahm.
    Den ganzen Abend hatte sie sich mit Caros Gedichten beschäftigt, in Fotoalben geblättert, Gedanken aufgeschrieben. Sie war zu dem Schluss gekommen, dass die getrockneten Blätter mit der Blüte ein Hinweis auf Caros Freund sein mussten. Wahrscheinlich hatte er sie ihr geschenkt, denn das wäre für Caro der einzige Grund gewesen, eine Pflanze zu pressen.
    Allerdings war es eine sehr kleine, unscheinbare Blüte. Sie musste also noch eine besondere Bedeutung haben, sonst hätte Caros Freund sich sicherlich eher für so etwas wie eine Rose entschieden.
    Auch über das Tuch hatte Merle lange nachgedacht. Wahrscheinlich hatte es einem Mann gehört. Es war kein Tuch für eine Frau. Dazu war es nicht schön genug. Caro hatte es ganz sicher nicht benutzt, daran hätte Merle sich erinnert.
    Alte Männer in hellen Anzügen trugen solche Tücher oft um den Hals. Aber Merle hatte auf dem eingenähten Schild nachgeschaut - es war kein Seidentuch, nicht einmal Viskose, es war schlichte Baumwolle.
    Merle hatte unwillkürlich an einen Piraten denken müssen. Und dann hatte sie an dem Bild weitergesponnen. Welche

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