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Der Erdbeerpfluecker

Der Erdbeerpfluecker

Titel: Der Erdbeerpfluecker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Fleisch und Blut übergegangen, jeden Tonfall und jede Geste eines Befragten zu registrieren, dass er es selbst im Privatleben nicht lassen konnte. Es war wie ein Fluch.
    »Hör auf mit diesem Bullenblick«, fuhr Margot ihn oft verärgert an. Aber er wusste beim besten Willen nicht, wie.
    Wortkarge Menschen waren besonders schwer zu durchschauen. Es gehörte groߟes Selbstvertrauen dazu, einfach zu schweigen. Die Dinge auf sich zukommen zu lassen. Dieser Mann da hatte das Selbstvertrauen. Er schwieg und sah Bert an. Und wartete.
    Früher hatte Bert sich von einem solchen Verhalten leicht aus der Bahn werfen lassen. Hatte selbst zu viel geredet und damit den Druck verringert, den er auf sein Gegenüber ausüben wollte. Inzwischen hatte er dazugelernt. Der Mann wollte schweigen? In Ordnung. Schweigen konnte Bert auch.
    Ein Schweigen überraschend zu durchbrechen, war manchmal eine gute Methode. Einem Impuls folgend, las Bert eines von Caros Gedichten vor.
     
    mein prinz

und bettler

scharlatan

weiser

nie fass ich

dich nie

bleibst du

hasst

geschlossene räume
     
    Unter seiner Sonnenbräune wurde Georg Taban blass. Bert beobachtete es, ohne mit der Wimper zu zucken. »Ein Gedicht, das Caro geschrieben hat«, sagte er. »Kurz vor ihrem Tod. Ich frage mich, wer dieser Prinz, Bettler, Scharlatan und Weise wohl sein mag.«
    Georg Taban hielt seinem Blick stand. »Ich versteh nichts von Lyrik.« Nur langsam kehrte die Farbe in sein Gesicht zurück.
    Eine glatte Lüge. Jemand, der nichts von Lyrik verstand, hätte gesagt, er verstehe nichts von Gedichten. Er hätte das Wort Lyrik nicht benutzt, vielleicht nicht einmal gekannt. »Schade«, sagte Bert. »Wir hätten versuchen können, die Zeilen zu interpretieren. Kennen Sie jemanden, der schreibt?«
    Georg Taban schüttelte den Kopf.
    Bert hatte nichts gegen ihn in der Hand. Ein vager Verdacht und ein schlechter Leumund bei den Arbeitskollegen reichten nicht aus. Ein Mörder brauchte ein Motiv und das konnte Bert hier nicht finden.
    Gab es Anzeichen dafür, dass Georg Taban ein Psychopath war?
    Bert versuchte, sich Caro mit diesem Mann vorzustellen. Es gelang ihm nicht. Er bedauerte es, die lebende Caro nicht gekannt zu haben.
    »Haben Sie die Mädchen umgebracht?«, fragte er völlig zusammenhanglos. Es war ein Schuss aus der Hüfte, gegen alle Erfahrung und Vernunft.
    Dabei war Bert auf verschiedene Reaktionen gefasst. Der Mann konnte sich entrüsten. Er konnte fassungslos sein. In Gelächter ausbrechen. Er konnte ironisch antworten. Verwundert die Augenbrauen heben. Er konnte sagen: »Ich? Machen Sie sich nicht lächerlich.«
    Georg Taban tat nichts von alledem. Er sah durch Bert hindurch und sein Gesicht nahm einen Ausdruck unendlicher Trauer an. Für einen langen Moment schien er völlig in sich gekehrt.
    Fasziniert beobachtete Bert ihn.
    Dann, ganz plötzlich, ging ein Ruck durch Georg Taban. Er sah Bert an. Seine Augen wurden kalt. »Ich bin kein Mörder, Herr Kommissar«, sagte er. Kurz und abgehackt. Ich. Bin. Kein. Mörder.
    Bert wurde das Gefühl nicht los, dass dieser Mann log.
     
    »Wie war€™s?«, fragte Malle. Natürlich hatte er mitgekriegt, dass der Kommissar da gewesen war. Alle wussten Bescheid.
    »Wie soll€™s gewesen sein?« Georg grinste verächtlich. »Er stochert herum und tut so, als hätte er eine Spur.«
    »Genau!« Malle lachte sein meckerndes Lachen. Es klang ein bisschen dünn und Georg fragte sich, ob es sein konnte, dass Malle plötzlich Angst vor ihm hatte. Er hielt mehr Abstand als vorher. Normalerweise hätte er Georg jetzt auf die Schulter geschlagen.
    Georg wusste, dass Malle ebenfalls befragt worden war. Die Spatzen pfiffen es von den Dächern. Aber Malle, der sonst kein Geheimnis für sich behielt, verlor darüber kein Wort. Dafür konnte es nur einen Grund geben, denselben Grund wie für seine plötzliche Angst - Malle verdächtigte ihn und versuchte krampfhaft, das heikle Thema zu vermeiden.
    Feiger Hund, dachte Georg, nahm seine Kiste, lieߟ Malle stehen und ging wieder an die Arbeit. Er hatte sein Tuch im Waschsaal vergessen, die Haare fielen ihm ins Gesicht und klebten an der verschwitzten Haut fest. Ein widerliches Gefühl.
    Georg blendete die Geräusche seiner Umgebung aus und dachte nach. Der Kommissar konnte nichts gegen ihn in der Hand haben. In Norddeutschland hatte er einen anderen Namen benutzt und falsche Papiere. Von dort war keine Verbindungslinie zu ihm zu ziehen.
    Was aber würde geschehen, wenn die

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