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Der Erdsee Zyklus 06 - Rückkehr nach Erdsee

Der Erdsee Zyklus 06 - Rückkehr nach Erdsee

Titel: Der Erdsee Zyklus 06 - Rückkehr nach Erdsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula K. LeGuin
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Stück von ihm entfernt, ein kleines Stück den Hang hinunter. Von ihnen allen sah er nur Tehanu. Er konnte sie nicht klar sehen, aber er erkannte sie. Sie stand zwischen ihm und der Mauer. Er sprach sie an. »Sie haben sie gebaut, aber sie können sie nicht niederreißen«, sagte er. »Wirst du mir helfen, Tehanu?«
    »Das werde ich, Hara«, antwortete sie.
    Ein Schatten stürmte zwischen sie, eine große, massige, dunkle Kraft, die sie verdeckte und ihn packte und festhielt. Er rang mit ihr, japste, bekam keine Luft, sah rotes Feuer in der Dunkelheit. Und dann sah er nichts mehr.
     
    Sie trafen sich im Sternenschein am Rand der Lichtung, der König der westlichen Lande und die Meister von Rok, die beiden Mächte der Erdsee.
    »Wird er leben?«, fragte der Gebieter, und Lebannen antwortete: »Der Heiler sagt, er schwebe jetzt nicht mehr in Gefahr.«
    »Es war ein Fehler von mir«, sagte der Gebieter. »Es tut mir Leid.«
    »Warum habt Ihr ihn zurückgerufen?«, fragte der König, nicht, um ihm einen Vorwurf zu machen, sondern um eine Antwort zu bekommen.
    Nach langem Schweigen sagte der Gebieter grimmig: »Weil ich die Macht dazu hatte.«
    Sie schritten schweigend auf einem offenen Pfad zwischen den Bäumen. Es war zu beiden Seiten sehr dunkel, aber dort, wo sie gingen, schien grau das Sternenlicht.
    »Es war falsch von mir. Aber es ist nicht richtig, sterben zu wollen«, sagte der Gebieter. Der gutturale Akzent des Ostbereiches war aus seiner Stimme herauszuhören. Er sprach leise, fast flehentlich. »Für die ganz Alten, die ganz Kranken mag es das vielleicht sein. Aber das Leben wird uns geschenkt. Es ist zweifellos falsch, dieses große Geschenk nicht festzuhalten und zu hegen!«
    »Auch der Tod wird uns geschenkt«, sagte der König.
     
    Erle lag auf einer Pritsche auf dem Gras. Er müsse draußen unter den Sternen liegen, hatte der Formgeber gesagt, und der alte Meister der Kräuterkunde hatte das bestätigt. Er schlief, und Tehanu saß immer noch an seiner Seite.
    Tenar hockte in der Tür des niedrigen Steinhauses und beobachtete sie. Die großen Sterne des Spätsommers funkelten über der Lichtung: der höchste von ihnen war der Stern, der Tehanu genannt wurde, das Schwanenherz, der Achsnagel des Himmels.
    Seserakh kam leise aus dem Haus und setzte sich neben sie auf die Türschwelle. Sie hatte den Reif abgenommen, der ihren Schleier hielt, sodass ihr dichtes lohfarbenes Haar offen herunterhing.
    »Oh, meine Freundin«, murmelte sie, »was wird mit uns geschehen? Die Toten kommen hierher. Fühlst du sie? Wie die Flut, die unaufhörlich steigt. Auf der anderen Seite der Mauer. Ich glaube, niemand vermag sie aufzuhalten. All die toten Menschen aus den Gräbern all der vielen Inseln des Westens, aus all den vielen Jahrhunderten ...«
    Tenar fühlte das Pochen, das Rufen in ihrem Kopf und in ihrem Blut. Sie wusste jetzt, sie alle wussten jetzt, was Erle gewusst hatte. Aber sie hielt sich an das, auf das sie vertraute, auch wenn Vertrauen nur mehr zu einer bloßen Hoffnung geschwunden war. Sie sagte: »Es sind nur die Toten, Seserakh. Wir haben eine falsche Mauer errichtet. Sie muss niedergerissen werden. Aber es gibt eine richtige.«
    Tehanu erhob sich und kam leise zu ihnen herüber. Sie setzte sich auf die Stufe unter ihnen.
    »Er ist wohlauf, er schläft jetzt«, flüsterte sie.
    »Warst du dort bei ihm?«, fragte Tenar.
    Tehanu nickte. »Wir waren an der Mauer.«
    »Was hat der Gebieter getan?«
    »Ihn zurückgeholt - mit Gewalt.«
    »Ins Leben?«
    »Ins Leben.«
    »Ich weiß nicht, wovor ich mehr Angst haben soll«, sagte Tenar, »vor dem Tod oder vor dem Leben. Ich wünschte, ich hätte diese Angst überwunden.«
    Seserakhs Gesicht, die weich geschwungene Fülle ihres warmen Haares, beugte sich in einer sanften Liebkosung zu Tenars Schulter herab. »Du bist tapfer, so tapfer«, murmelte sie. »Aber ach! Ich fürchte das Meer! Und ich fürchte den Tod!«
    Tehanu saß ganz still da. In dem schwachen, weichen Licht, das zwischen den Bäumen hing, konnte Tenar sehen, dass die schmale Hand ihrer Tochter über ihrer verbrannten und verkrüppelten Hand lag.
    »Ich glaube«, sagte Tehanu mit ihrer leisen, fremdartigen Stimme, »wenn ich sterbe, kann ich den Odem zurück einatmen, der mich leben machte. Ich kann der Welt alles zurückgeben, was ich nicht getan habe. All das, was ich hätte gewesen sein können und nicht sein konnte. Jede Wahl, die ich nicht getroffen habe. All die Dinge, die ich verloren,

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