Der Erl�ser
wissen, Gerüchte.« »Hm. Wer weiß sonst noch davon … von dem Helfer und dem Hotel International?«
»Wer? «
»Vielleicht jemand aus der Heilsarmee?«
»Aber ja. David Eckhoff weiß alles. Und auch die anderen. Er geredet nach Essen bei Fest auf Østgård im Sommer.«
»Geredet?«
»Ja. Er erzählt, dass mali spasitelj und manche andere immer im Krieg sein. Dass Krieg nie zu Ende. Auch für sie nicht.«
»Und der Kommandeur hat das wirklich gesagt?«, fragte Beate, als sie den Wagen durch den hell erleuchteten Ibsen-Tunnel steuerte, abbremste und am Ende der Autoschlange stehen blieb.
»Jedenfalls nach Aussage von Herrn Miholjec«, präzisierte Harry. »Und es waren bestimmt alle da. Robert auch.«
»Und du meinst, so könnte Robert auf die Idee gekommen sein, sich einen Profikiller zu besorgen?« Beate trommelte ungeduldig aufs Lenkrad.
»Tja. Wir wissen jedenfalls, dass Robert in Zagreb war. Und da er wusste, dass Jon Thea traf, hatte er auch ein Motiv.« Harry rieb sich das Kinn. »Hör mal, kannst du das irgendwie hinkriegen, dass Sofia mal gründlich von einem Arzt untersucht wird? Wenn ich mich nicht irre, hat sie mehr als nur diesen blauen Fleck. Ich versuche, den nächsten Flieger nach Zagreb zu erwischen.«
Beate warf ihm einen raschen, scharfen Blick zu. »Wenn du ins Ausland reist, dann am besten, um der Polizei des jeweiligen Landes beizustehen. Oder um Ferien zu machen. Die Vorschrift sagt ganz klar, dass «
»Letzteres trifft zu«, sagte Harry. »Ein kurzer Weihnachtstrip.«
Beate seufzte resigniert. »Dann hoffe ich, dass du Halvorsen auch ein bisschen frei gibst. Wir hatten vor, seine Eltern in Steinkjer zu besuchen. Wo willst du dieses Jahr eigentlich Weihnachten feiern?«
Im gleichen Moment begann sein Handy zu klingeln. Er wühlte hektisch in der Jackentasche und sagte: »Letztes Jahr war ich bei Rakel und Oleg. Und das Jahr davor habe ich mit Vater und Søs gefeiert. Dieses Jahr hatte ich noch gar keine Zeit, mir darüber Gedanken zu machen.«
Er dachte an Rakel, als er einen Blick auf sein Display warf und entdeckte, dass er das Gespräch bereits angenommen haben musste. Und jetzt hallte ihr Lachen in seinem Ohr.
»Sie können ja zu mir kommen«, sagte sie. »Wir haben immer ein offenes Haus an Weihnachten und können jede helfende Hand gebrauchen. Im Fyrlyset. «
Es vergingen zwei Sekunden, bis Harry begriff, dass nicht Rakel am Telefon war.
»Ich hab nur angerufen, um zu sagen, dass mir das mit gestern leid tut«, sagte Martine. »Ich wollte nicht einfach so weglaufen. Ich fühlte mich nur plötzlich so fehl am Platze. Haben Sie die Antworten bekommen, die Sie wollten?«
»Ach, Sie sind das?«, sagte Harry und versuchte neutral zu klingen, bemerkte aber dennoch Beates raschen Blick. Ihre überlegene soziale Intelligenz. »Kann ich Sie zurückrufen?«
»Natürlich.«
»Danke.«
»Dafür doch nicht.« Sie sagte es mit ernster Stimme, aber Harry hörte dennoch ein Lachen. »Nur noch eine Kleinigkeit.«
»Was?«
»Was machen Sie denn am Dienstag, also dem 22.?«
»Keine Ahnung«, antwortete Harry.
»Wir haben noch eine Karte für das Weihnachtskonzert im Konzerthaus. «
»Aha. «
»Sie hören sich nicht gerade begeistert an. «
»Tut mir leid, aber wir haben so viel zu tun und diese Anzugsachen sind eigentlich nichts für mich.«
»Und die Künstler zu strebsam und langweilig?«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Nein, aber ich. Und mit 'wir haben noch eine Karte‹ meinte ich eigentlich ich. «
»Ach ja?«
»Das ist eine Gelegenheit, mich mal im Abendkleid zu sehen. Das steht mir nämlich wirklich gut. Mir fehlt nur noch der passende große, ältere Herr als Begleitung. Denken Sie drüber nach.«
Harry lachte. »Danke, das versprech ich.«
»Nichts zu danken.«
Beate sagte kein Wort, nachdem er aufgelegt hatte, ja, sie kommentierte nicht einmal das hartnäckige Lächeln auf seinem Gesicht. Sie verkündete nur, dass die Räumfahrzeuge laut Wetterbericht einiges zu tun bekommen würden. Manchmal fragte sich Harry, ob Halvorsen eigentlich wusste, was für einen Volltreffer er da gelandet hatte.
*
Jon Karlsen war noch nicht aufgetaucht. Er stand vom Bürgersteig des Sofienbergparks auf und streckte seine steifen Glieder. Die Kälte schien aus dem Inneren der Erde aufzusteigen und sich in seinen Körper fortzupflanzen. Als er sich in Bewegung setzte, begann das Blut in den Beinen zu zirkulieren, aber dieser Schmerz war ihm willkommen. Er hatte die
Weitere Kostenlose Bücher