Der Erl�ser
›Republika Hrvatska‹ und '5 Kuna‹ draufstand. Also hat er es überprüft.«
»Danke, ich kenne die Antwort«, sagte Harry. »Es ist also Stankic.«
»Um ganz sicher zu sein, haben wir Proben von dem Erbrochenen genommen, das auf dem Eis lag. Die Gerichtsmedizin vergleicht die DNA mit den Haaren, die wir auf dem Kissen im Bett des Obdachlosenheims gefunden haben. Morgen sollten wir die Antwort haben, hoffe ich. «
»Dann wissen wir auf jeden Fall, dass wir die DNA haben.«
»Tja. Ein Haufen Erbrochenes ist interessanterweise nicht gerade die beste Materie, um die DNA zu isolieren. Die Zellen von der Schleimhautoberfläche verteilen sich bei einem so großen Volumen. Und Erbrochenes, einfach so auf der Straße «
»... kann durch unzählige andere DNA-Spuren verunreinigt werden, verstehe schon. Aber wir haben wenigstens etwas, womit wir arbeiten können. Was machst du jetzt?«
Beate seufzte. »Ich habe eine etwas seltsame SMS vom Veterinärmedizinischen Institut bekommen. Da wollte ich jetzt mal anrufen und nachfragen.«
»Beim Veterinärmedizinischen Institut?«
»Ja, wir haben ein paar halb verdaute Fleischstücke in dem Erbrochenen gefunden und sie zur DNA-Analyse gegeben. Mit dem Hintergedanken, das Fleisch mit dem Archiv der Landwirtschaftlichen Hochschule in Ås abzugleichen. Vielleicht kann man es zum Herkunftsland und Produzenten zurückverfolgen. Sollte es sich umeine bestimmte Fleischqualität handeln, können wir daraus eventuell ein bestimmtes Restaurant in Oslo ableiten. Es ist ein Schuss ins Blaue, aber wenn Stankic in den letzten Tagen einen Unterschlupf gefunden hat, bewegt er sich vermutlich so wenig wie möglich. Und wenn er erst einmal irgendwo in der Nähe gegessen hat, kommt er wahrscheinlich auch noch einmal auf diesen Ort zurück.
»Tja, warum nicht? Und wie lautete die SMS?«
»Dass es sich dann aber wohl um ein chinesisches Restaurant handeln müsse. Sehr seltsam.«
»Hm. Ruf mich wieder an, wenn du mehr weißt. Und « »Ja? «
Harry hatte etwas sagen wollen, merkte aber noch rechtzeitig, wie idiotisch es klang: Dass Halvorsen ein harter Bursche sei. Und die Medizin heutzutage ja Wunder vollbringen könne und sicher alles gut gehen werde.
»Ach, nichts.«
Nachdem Beate aufgelegt hatte, drehte sich Harry zu dem Tisch mit den Flaschen um. »Ene, mene, miste « Die Wahl fiel auf Johnnie Walker. Harry hielt die Miniaturflasche mit der einen Hand fest, während er mit der anderen den Verschluss abdrehte. Er fühlte sich wie Gulliver. Gefangen in einem fremden Land, und das mit lauter Pygmäenfläschchen. Er sog den süßlichen, wohlbekannten Duft durch den schmalen Flaschenhals ein. Es war nur ein Schluck, aber sein Körper war bereits alarmiert und erwartete die Giftattacke. Es graute Harry vor dem ersten unvermeidlichen Erbrechen, aber er wusste, das würde ihn nicht aufhalten. Im Fernsehen verkündete Knut Hamsun gerade, er sei müde und könne nicht mehr dichten.
Harry atmete ein und füllte die Lungen wie für einen Tauchgang in unendliche Tiefen.
Das Telefon klingelte.
Harry zögerte, doch das Telefon verstummte nach dem ersten Klingeln wieder.
Er hob gerade die Flasche an die Lippen, als es erneut zu klingeln begann. Und wieder verstummte.
Dann kapierte er, dass das ein Anruf von der Rezeption war.
Er stellte die Flasche auf das Nachttischchen und wartete. Als es zum dritten Mal klingelte, nahm er den Hörer ab.
»Mister Hansen ? «
» Yes . «
»Hier unten in der Lobby ist jemand, der Sie treffen möchte.« Harry starrte auf den Gentleman in der roten Jacke auf dem Flaschenetikett. »Sagen Sie ihm, ich komme.«
» Yes, Sir . «
Harry hielt die Flasche mit drei Fingern. Dann legte er den Kopf in den Nacken und ließ sich den Inhalt in den Hals laufen. Vier Sekunden später hockte er gebückt vor der Toilettenschüssel und kotzte das Essen aus dem Flugzeug aus.
Der Mann an der Rezeption zeigte auf die Sitzgruppe am Piano. Eine grauhaarige kleine Frau saß aufrecht auf einem der Stühle. Sie hatte sich einen schwarzen Schal um die Schultern gewickelt und betrachtete Harry mit ruhigen, braunen Augen, als er auf sie zukam. Er blieb vor dem Tisch stehen, auf dem ein kleines batteriebetriebenes Radio stand. Aufgeregte Stimmen kommentierten irgendeinen Sportwettkampf, vielleicht ein Fußballspiel. Das Geräusch mischte sich mit dem Spiel des Pianisten, dessen Finger über die Tastatur huschten und ein Medley klassischer Filmmelodien zum Besten gaben.
»Doktor
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