Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Erl�ser

Titel: Der Erl�ser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesb�
Vom Netzwerk:
und legte ihn in Harrys ausgestreckte Hand. »Zimmer?«
    »26. Die Treppe hoch, das letzte auf dem Flur.«
    Harry war bereits losgegangen. Der Uniformierte folgte ihm dicht auf den Fersen, die Hände um die Maschinenpistole geklammert.
    »Bleiben Sie in Ihrem Zimmer, bis das hier vorbei ist«, sagte Halvorsen zu dem Jungen, als er seine Smith & Wesson zückte. Dann zwinkerte er ihm zu und klopfte ihm auf die Schulter.
     
    Er schloss die Tür auf und sah, dass die Rezeption verwaist war. Ganz normal. Ebenso normal war es wohl auch, dass ein Stück weiterein Streifenwagen mit einem Beamten auf der Straße stand. Er hatte ja gerade erfahren dürfen, dass diese Gegend nicht ganz ungefährlich war.
    Er ging die Treppe hoch, und als er um die Ecke des Flures bog, hörte er ein krächzendes Geräusch, das er aus den Bunkern in Vukovar kannte: ein Funkgerät.
    Er hob den Blick. Ganz hinten im Flur standen zwei Zivilisten und ein uniformierter Polizist mit einer Maschinenpistole vor der Tür seines Zimmers. Den Mann in Zivil, der die Hand auf der Klinke hatte, erkannte er sofort. Der uniformierte Polizist sprach leise in sein Funkgerät.
    Da drehten sich die beiden anderen zu ihm um. Es war zu spät für einen Rückzug.
    Er nickte ihnen zu, blieb vor der Tür von Zimmer 22 stehen und schüttelte demonstrativ den Kopf über die steigende Kriminalität im Viertel, während er mühsam seine Taschen nach dem Schlüssel absuchte. Aus den Augenwinkeln sah er den Polizisten von der Hotelrezeption des Scandia lautlos die Tür seines Raumes öffnen und darin verschwinden, dicht gefolgt von den beiden anderen.
    Sobald sie außer Sicht waren, trat er den Rückzug an. Die Treppe nahm er in zwei großen Sätzen. Als er am Abend mit dem weißen Bus gekommen war, hatte er sich routinemäßig alle Ausgänge gemerkt, und einen Moment lang erwog er den Hinterausgang zum Garten. Doch das wäre zu offensichtlich. Sicher hatten sie auch dort einen Beamten postiert. Die größten Chancen hatte er am Haupteingang. Er trat auf die Straße und bog nach links ab. Also direkt in Richtung des Polizeiwagens, aber da wusste er wenigstens, dass er es nur mit einem Mann zu tun hatte. Wenn er an dem vorbei kam, konnte er es bis ins Dunkel am Fluss schaffen.
     
    »Scheiße! Scheiße!«, fluchte Harry, als sie festgestellt hatten, dass das Zimmer leer war.
    »Vielleicht ist er draußen und macht einen Spaziergang«, sagte Halvorsen.
    Sie drehten sich beide zum Fahrer um. Er hatte nichts gesagt, aber das Funkgerät auf seiner Brust sprach: »Da ist der gleiche Typ, dereben reingegangen ist. Jetzt kommt er wieder raus. Er kommt auf mich zu.«
    Harry holte tief Luft. Es hing ein spezielles Parfüm im Flur, das ihm irgendwie bekannt vorkam.
    »Das ist er«, sagte Harry. »Wir haben uns täuschen lassen.«
    »Das ist er«, meldete der Fahrer durch das Mikrofon, während er Harry hinterherhastete, der bereits aus dem Zimmer gestürmt war.
    »Super, den schnapp ich mir«, kam es knatternd aus dem Funkgerät. » Over. «
    »Nein!«, rief Harry, als sie über den Flur rannten. »Versuchen Sie nicht, ihn aufzuhalten! Warten Sie auf uns! «
    Der Fahrer gab die Order per Funk weiter, doch sie bekamen nur ein Rauschen als Antwort.
     
    Er sah, wie sich die Tür des Streifenwagens öffnete. Ein junger, uniformierter Polizist stieg aus und trat mit einer Pistole in der Hand ins Licht der Straßenlaterne.
    »Stehen bleiben!«, rief der Mann und baute sich mit erhobener Waffe breitbeinig vor ihm auf. Unerfahren, dachte er. Zwischen Ihnen lagen fast fünfzig Meter dunkle Straße, und im Gegensatz zu dem jungen Räuber unter der Brücke war dieser Polizist nicht abgebrüht genug, um zu warten, bis sein Opfer keine Rückzugsmöglichkeiten mehr hatte. Zum zweiten Mal an diesem Abend zückte er seine Llama MiniMax. Und statt zu türmen, begann er auf den Polizeiwagen zuzurennen.
    »Stehen bleiben!«, wiederholte der Polizist.
    Der Abstand war auf dreißig Meter zusammengeschrumpft. Zwanzig Meter.
    Er hob die Pistole und schoss.
    Die meisten Menschen überschätzen die Möglichkeiten, einen anderen mit einer Pistole zu treffen, wenn die Distanz mehr als zehn Meter beträgt. Dafür unterschätzen sie aber den psychologischen Effekt des Geräuschs, nämlich den Knall und das Pfeifen der Bleikugel, wenn sie etwas in unmittelbarer Nähe trifft. Als die Kugel die Autoscheibe traf, wurde das Glas erst weiß und fiel dann in sich zusammen. Das Gleiche geschah mit dem Polizisten. Er wurde

Weitere Kostenlose Bücher