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Der erste Tod der Cass McBride

Der erste Tod der Cass McBride

Titel: Der erste Tod der Cass McBride Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Giles
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glühen schien.
    Mom warf einen Blick auf mich. >Na, da hat sich ja jemand schick gemacht!< Aber in ihrer Stimme schwang ein unheilvoller Ton mit und ich wusste, sie würde gleich noch etwas nachschieben, was ich nicht hören wollte.
    >Du hast dich doch so in Schale geworfen, um irgendeinem Flittchen an die Wäsche zu gehen? So läuft das doch beim Schulball. Glaubst du etwa, ich weiß nicht, was da los ist?<
    Sie musste mir einfach den Abend verderben. Niemand durfte in ihrer Nähe glücklich sein. Aber sie wollte sichergehen, dass sie David auf ihrer Seite hatte, wenn sie mich attackierte.
    Ich fragte mich, ob sie wohl so clever war, zu wissen, dass sie David von Zeit zu Zeit ein bisschen Zuneigung zeigen, ihm eine Karotte an der Schnur vor die Nase halten musste, damit er sich ihr immer wieder zuwandte. Es tat ihm bestimmt noch mehr weh, wenn sie über ihn herfiel, nachdem sie gerade nett zu ihm gewesen war. Also begrüßte sie ihn ab und zu mit einem >Hallo David. Na, wie war dein Tag? Erzähl mal, was so los war<. Oder sie umarmte ihn. So kam er immer wieder zu ihr und hoffte: >Jetzt, vielleicht liebt sie mich jetzt ein kleines bisschen.<«
    Er senkte die Stimme. Es klang fast wie eine Beichte. »Ich wusste es besser. Sie konnte ihn nicht lieben. Sie würde ihn nie lieben.
    Meistens genügte schon sein Anblick, um sie aufzubringen. Sie rastete aus und irgendwann ging ihr Ärger auf mich über. >Warum kannst du nicht dafür sorgen, dass er mir nicht unter die Augen kommt!< Das bekam ich am häufigsten zu hören. >Du bist wirklich zu nichts zu gebrauchen, wenn du nicht mal dafür sorgen kannst, dass so ein Wurm unter der Erde bleibt!< Und manchmal ... scheiße, manchmal wünschte ich mir, er wäre nie geboren worden. Was hat das nur aus mir gemacht?«
    Da war es! Ich hatte ihn. Kyle hatte seinen Selbstzweifel preisgegeben und ich konnte ihn ihm zurückverkaufen. Er glaubte, dass er seinen Bruder nicht genug geliebt, ihn nicht ausreichend beschützt hatte und dass in Wahrheit das der Grund für Davids Tod war.
    Nicht ich.
    Mein Mund war so trocken, dass mir das Reden immer schwerer fiel, aber ich hatte, was ich brauchte. Ich musste davon Gebrauch machen.
    »Das macht dich als Mensch aus. Du bist ein Mensch, der von klein auf manipuliert wurde. Also, das ist zumindest, was ich denke.«
    Nichts.
    »Kyle, halten wir uns doch mal an die Fakten. Du hast mich lebendig begraben. Deshalb halte ich dich zwangsläufig nicht für einen guten Menschen. Dann erzählst du mir, wie furchtbar deine Mutter ist, wie sie David sein ganzes Leben lang das Gefühl gab, Abschaum zu sein. Und du warst auf ihn wütend, weil du auch mit hineingezogen wurdest. Das war absolut mies von dir.
    Aber, und hier kommt der entscheidende Punkt: Das Wenige, was du erzählt hast, klingt ganz danach, als gehe es für deine Mutter immer nur um sich selbst. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie dir gegenüber eine besonders liebevolle Mom war. Sie muss eine ganz schöne Nummer mit dir abgezogen haben. Wann ist es dir zum ersten Mal klar geworden?«
    Teds Regel Nummer zwei: Stell eine Suggestivfrage. Falls Kyle antwortete, hatte ich eine Chance, das Spiel am Laufen zu halten.

 
BEN
    »Erica Lambert?«
    Das Mädchen war hübsch und selbstsicher. Dunkle Haare und Augen, aber keine harten Kanten, keine aufgesetzte Coolness wie bei diesem Schnösel von vorhin.
    »Eine unserer Rechtsmedizinerinnen ...«
    »... ist meine Mutter«, unterbrach ihn Erica.
    Ben zog eine Augenbraue hoch. »Ich kenne sie. Sie macht einen guten Job.«
    »Sie ist noch in vielen anderen Dingen gut«, erwiderte Erica.
    »Kommen wir zu Cass McBride.«
    In Ericas Augen glänzten Tränen, aber sie begann nicht zu weinen. Sie setzte sich aufrecht hin, faltete ihre Hände und sammelte sich. »Was wollen Sie wissen?«
    »Wer könnte sie entführt haben?«
    »Wenn ich das wüsste, hätte ich es Ihnen schon längst mitgeteilt.«
    Ben klopfte auf die Tischplatte.
    »Erzähl mir mehr über Cass. Alles, was dir einfällt. Wie ist sie?«
    »Sie ist meine beste Freundin.«
    »Erzähl mir etwas über sie, was sie sauer machen würde, wenn sie wüsste, dass du davon gesprochen hast«, bat Ben.
    Auf Ericas Gesicht konnte man ablesen, dass sie irritiert war. »Warum soll ich das tun?«
    »Lobeshymnen helfen mir nicht, um herauszufinden, wer sie entführt haben könnte. Falls du nicht zufällig von einem Stalker weißt - aber das hättest du mir längst gesagt. Also, erzähl mir was über ihre weniger

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