Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
versuchte sich zu erinnern, was er mit seinem Handy angestellt hatte. Das verfluchte Ding musste doch irgendwo sein!
»Ist es denn zu fassen, dass sie diesen blöden Duff immer noch nicht aufgegriffen haben?«, wetterte Insch, als sie in die Summer Street einbogen. »Ja, sie behaupten , sie könnten ihn nicht finden, aber wir wissen doch, was in Wirklichkeit dahintersteckt, oder? Sie wollen sich vor der Arbeit drücken, also – WO HAST DU DENN DEN FÜHRERSCHEIN GEWONNEN ?« Die Hupe des Range Rover blaffte einen kleinen blauen Mini Metro an, der am Crimon Place rechts abzubiegen versuchte. »Dieser Finnie muss aufpassen, dass er sich nicht irgendwann eine fängt. Der und seine Drogenfuzzis spielen sich auf, als ob ihnen der Laden gehört …« Die Tirade versiegte, als Insch sein klobiges Gefährt in eine winzige Parklücke ein Stück oberhalb des Gemeindesaals zwängte und aus dem Wagen kletterte.
» Sie «, sagte Insch, als sie in der frostigen Abendluft standen, und bohrte Logan einen fetten Zeigefinger in die Brust, »werden unseren uniformierten Freunden morgen Feuer unterm Arsch machen – ich will, dass sie Jimmy Duff schnappen. Wenn Finnie nicht in der Lage ist, seinen verdammten Job zu machen, dann tun wir’s eben!«
Im Gemeindesaal herrschte Chaos. Die Hälfte von Inschs Theatertruppe war schon im Kostüm, während der Rest noch mit Anziehen und Schminken beschäftigt war, und alle redeten durcheinander.
»Können wir nicht den DCS dazu bringen, ein Machtwort zu sprechen?«, fragte Logan, als Insch seinen gewaltigen Hintern auf einen klapprigen Plastikstuhl pflanzte. »Und Finnie ein bisschen Dampf zu machen?«
»Der ist doch selbst scharf auf die Drogenrazzia. Wenn’s nach ihm geht, ist die allemal wichtiger als irgend so ein Perverser, der seinen Körper an SM-Freaks verkauft hat.« Er wandte sich seiner Truppe zu, setzte ein Lächeln auf, das vor falscher Jovialität troff, und rief: »Alles auf die Plätze bitte – wir machen heute Abend einen Gesamtdurchlauf.«
Sofort stoben die Herren auseinander und bauten sich mit ihren Papierfächern und Vasen und Samuraischwertern aus Plastik in orientalischen Posen auf, während die Damen sich an den schmuddeligen Wänden des Saals aufreihten und auf ihren großen Auftritt als Chor der Schulmädchen warteten. Logan ließ den Blick über die Gesichter wandern und versuchte Debbie Kerr zu entdecken. »Was ist mit dem Polizeipräsidenten?«
Das Klavier holperte durch die ersten Takte der Ouvertüre, während Insch nickte und sagte: »Ich habe einen Termin bei ihm – morgen um halb zwölf.« Die Melodie wechselte, und schlagartig erwachten die reglosen Gestalten zum Leben und jagten einander mit schlurfenden Schritten über die mit Klebeband markierte Bühne.
Und dann fingen sie an zu singen.
Logan beobachtete, wie ein gequälter Ausdruck sich über Inschs Züge schlich. Es würde ein langer, langer Abend werden.
51
Logan hoffte, bis ans Ende seiner Tage keine Operette von Gilbert und Sullivan mehr sehen zu müssen. Er war noch nie ein großer Fan davon gewesen, aber Inschs Inszenierung noch einmal über sich ergehen lassen zu müssen, war die reinste Folter. Als endlich alles vorbei war, einschließlich Inschs ritueller Manöverkritik, stiegen die japanischen Damen und Herren aus ihren Kostümen und schlüpften wieder in ihre schweren Winterklamotten. Insch rief seinen Star zu sich. »Debs, Sie waren brillant. Bellow of the Blast hat mir super gefallen – wird mit jedem Mal noch besser.« Sie errötete leicht und genoss das Kompliment, während sie ihr welliges braunes Haar aus dem strengen Dutt befreite, in den sie es für die Rolle gezwungen hatte. Der Inspector stockte, rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her und räusperte sich. »Ich muss Ihnen ein paar Fragen stellen …« Eine Schar Damen in mittleren Jahren zog schwatzend vorüber. Insch lächelte ihnen zu und versicherte ihnen, sie seien heute Abend allesamt spitze gewesen. Dann führte er seinen Star in eine Ecke, wo sie außer Hörweite waren.
Logan blieb, wo er war, und sah zu, wie Insch Rickards vom Souffleurtisch verjagte, um sein gewaltiges Hinterteil darauf parken zu können, während er sich mit Debbie Kerr unterhielt. Es mochte noch so offensichtlich sein, dass sie in Jason Fettes’ Tod verwickelt war – der Inspector hatte sich strikt geweigert, sie förmlich zu vernehmen, und sich nur mit Mühe und Not zu einem kurzen Gespräch nach der Probe überreden lassen. Jetzt, da
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