Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
die Gespräche langsam wieder in Gang. »Ich hab doch bloß einen Witz gemacht.«
»Ja, klar … Er ist eben ein bisschen dünnhäutig.«
»Meinen Sie?« Rennie biss ein großes Stück von seinem Croissant ab und spülte es mit einem Schluck Kaffee hinunter. »Es war doch gar nicht so gemeint . Ich wollte ihn bloß ein bisschen hochnehmen.« Er starrte auf die Tür, durch die Rickards verschwunden war. »Steht er wirklich auf dieses Leder- und Peitschenzeugs?« Rennie grinste. »Wahrscheinlich ruft er gerade seine Freunde von der SM-Mafia an. Und wenn ich morgen aufwache, liegt ein Pferdekopf mit Gummimaske auf der Bettdecke.«
»Meinen Sie nicht, dass Sie da vorhin ein bisschen überreagiert haben?«, fragte Logan, als er in ihr schmuddeliges kleines Soko-Büro zurückkam. Er stellte einen dampfenden Becher Tee vor Rickards und seine vorgeschobene Unterlippe.
Der Constable blickte finster zu ihm auf. »Haben Sie’s ihnen verraten? Ich habe Ihnen vertraut, und …«
»Natürlich nicht, was denken Sie denn? Rennie hat Sie nur auf den Arm nehmen wollen. Niemand hat es gewusst – jedenfalls nicht, bis Sie es so laut gebrüllt haben, dass die ganze Kantine es hören musste …«
Rickards machte den Mund auf, um etwas zu sagen, und erstarrte mit schreckgeweiteten Augen, als ihm die Erkenntnis dämmerte. »O verdammt.« Er vergrub das Gesicht in den Händen.
»Herzlichen Glückwunsch.« Logan klopfte ihm auf die Schulter. »Sie hatten gerade Ihr Coming-out.«
Es war schon fast Mittag, als sie endlich mit Frank Garvies Pornosammlung durch waren. Inzwischen hatte Rickards sich schon einigermaßen mit seinem Outing abgefunden. Auf den DVDs war genau das zu sehen, was außen draufstand; die Videos waren Amateuraufnahmen – Garvie in seinem dunkelroten Gummistrampelanzug, manchmal mit Freunden, meist jedoch allein. Das Einzige, was Rickards sich noch nicht angeschaut hatte, waren die zwei Dosen mit alten Siebzehn-Millimeter-Filmen. Logan hebelte die mit Des Butlers Rache auf und inspizierte sie eingehend. Laut Aussage der Experten für audiovisuelle Medien bei der Kriminaltechnik stammten die Spulen aus dem späten 19. Jahrhundert, und im ganzen Präsidium gab es kein Gerät, mit dem man etwas so Altes abspielen konnte. Was aber auch nicht weiter schlimm war, denn was immer darauf zu sehen sein mochte, war längst verjährt. Jedenfalls enthielten sie nichts, was Frank Garvie mit Jason Fettes’ Leiche in Verbindung bringen würde.
Rickards griff nach einer der alten Filmdosen. »Äh … Sir«, sagte er, als er sie umdrehte, um den Titel zu lesen, »ich glaube, die sind gestohlen …« Er warf die Dose auf den Tisch und begann in einem Papierstapel zu wühlen, der vor dem Heizkörper am Boden lag. Nach einer Weile zog er eine Handvoll Formulare hervor und murmelte vor sich hin, während er sie durchblätterte. »Hier: drei Rollen mit klassischen viktorianischen Erotikfilmen, gestohlen bei ClarkRig Ltd. Wusste ich’s doch, dass die mir bekannt vorkamen.« Er grinste voller Stolz. »Ich sagte Ihnen doch, dass ich die Berichte gelesen habe.«
Logan warf einen Blick auf die Aufstellung der gestohlenen Gegenstände. Rickards hatte recht: Zander Clark, Aberdeens führender Pornofilmer, hatte die Filme als gestohlen gemeldet, zusammen mit einem Sortiment von antikem Sexspielzeug und Kostümen, ein paar Computern, Mobiltelefonen und digitalen Videokameras. Ein Lächeln hellte Logans Züge auf.
Er wählte DI Inschs Nummer, bekam aber nur den Anrufbeantworter dran und versuchte es stattdessen bei Steel. Wieder der AB. Noch ein Versuch: die Leitstelle, wo ihm eine Frau mit nahezu unverständlichem Banff-Akzent mitteilte, dass beide DIs bei der Belehrung zur Terrorismusvorbeugung seien, und die »wär frühestens um sechs rum«. Logan legte auf und tippte sich nachdenklich mit dem Handy ans Kinn. »Wissen Sie was«, sagte er, »ich glaube, wir beide sollten Mr. Frank Garvie einen Besuch abstatten. Mal sehen, ob er uns erklären kann, wieso er gestohlene viktorianische Pornografie in seiner Sockenschublade versteckt hatte.«
Aber zuerst würden sie einen kleinen Umweg machen, um eine Theorie zu überprüfen.
Zander mit Z saß im Schneideraum, vor sich einen riesigen Isolierbecher mit Kaffee und einen Teller Stovies – Hackfleisch mit Kartoffeln, alles lila eingefärbt von dunklen Rote-Bete-Scheiben. Auf dem Bildschirm zuckten Gestalten mit Schutzhelmen auf dem Kopf hin und her, während der Regisseur an den Reglern des
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