Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der erste Versuch

Der erste Versuch

Titel: Der erste Versuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
Vom Netzwerk:
wird.“
„Und?“
„Der liegt stabil an.“
„Na also!“
„Der Leitstrahl wird von einer Station in der Nähe des
Nordpols automatisch gesendet. Versteht ihr? Automatisch?“
„Du machst dir unnötige Sorgen“, tröstete Alina. „Du wirst
sehen, in ein paar Stunden ist der Defekt behoben.“
„Mögest du Recht behalten! – Ihr entschuldigt mich.“ Und er
ging.
„Beunruhigt dich das etwa?“, fragte Alina Connan, der
gedankenvoll die Schachfiguren in ihre Kiste packte.
„Ja“, antwortete er.
„Weshalb, in aller Welt?“
„Weil es Haile beunruhigt. Natürlich ist mir der technische
Kram fremd. Aber ich bin sicher, dass bislang alles getan
wurde, dessen scheinbare Perfektion wiederherzustellen. Mit
deiner Metapher hast du natürlich Recht: Du kannst mit einem
Hörer in der Hand auf und nieder springen. Wenn am anderen
Ende der Leitung keiner abhebt…“ Connan brach ab. „Zum
Glück treten immer wieder technische Fehler auf, die nie
kalkuliert wurden, weil an die Möglichkeit ihres Daseins
niemand gedacht hat. So wird’s wohl auch in diesem Fall
sein.“
„Na, hoffen wir ‘s“, bemerkte Alina wenig überzeugt.
18. Kapitel
    Nur wenn man sich stark konzentrierte, konnte man aus der
nahen Brandung des Meeres, dem leichten Rauschen der
Blätter, dem Vogelgezwitscher und dem Chor naher und ferner
Arbeitsgeräusche das kontinuierliche Wummern der schweren
Dieselmaschinen heraushören.
    „Also doch“, dachte Ahmed Hassim mit einiger
Hochachtung. „Die Katakomben-Apologeten haben es
geschafft, den Lärm auf ein Erträgliches herabzumindern.“
    Er befand sich auf seinem Feldherrenhügel, wie er bei sich
den erhöhten Punkt nannte, von dem aus er das Entstehende
oftmals zu betrachten pflegte, und blickte hinunter auf das
riesige Antennenfeld, das in seiner Gesamtheit, ohne störende
Baumaschinen, Erdhaufen und quirlige Menschen, glitzernd im
Sonnenaufgang vor ihm lag.
    Es wäre ein Anlass, auf das Erreichte stolz zu sein, jetzt, da
sich das gesamte Ausmaß eines grandiosen Projekts darstellte
und die technischen Anlagen in einem einzigartigen Verbund
zusammenspielten. Hätte es nicht das Konkurrenzgerangel, den
Imagewettlauf und diesen tödlichen Kampf um den zu
erwartenden Gewinn gegeben, man könnte sich freuen, ein
solches Vorhaben mitgestaltet zu haben.
    Er blickte hinüber zu den Felsen, auf denen sich wie in
Parade aufgereiht die mächtigen Rotoren des Windparks
drehten.
    „Es wird Zeit!“ Doch bevor Ahmed den Hügel verließ,
wandte er sich den Masten zu und mahnte laut: „Macht mir
keine Schande!“ Er wusste natürlich, dass die Antennen das
Letzte sein würde, das dem erfolgreichen Start der HAARPAnlage auf Unije im Wege stünde.
    Ahmed schnallte sich den Schweber um zum letzten
Inspektionsgang vor dem großen Ereignis. Er landete auf dem
Plateau über dem Brennzellenareal, dort, wo er seinerzeit
diesen merkwürdigen Schwächeanfall erlitten hatte.
„Schlamperei“, dachte er und räumte einen verbogenen
Blechfetzen an die Felsen heran, dass dieser von unten nicht
sichtbar sei. Dann schwebte er hinab zwischen die gewaltigen
Container, hörte auf das leise Summen aus dem Inneren,
klopfte befriedigt ans Gehäuse und startete hinauf zum
Rondell, das zu betreten zwar streng verboten war, aber das
Auftreffen des Sonnenenergiestrahls aus dem Kosmos wurde
durch ein Warnlicht angezeigt, und dieses leuchtete rundum in
sattem Orange.
    Über dem Meer brummte ein Luftschrauber.
„Sie kommen schon!“ Ahmed startete sein Maschinchen und
ließ sich in Höchstgeschwindigkeit in das Wohngebiet tragen.
Ihm begegneten bereits einige besser als sonst angezogene
Leute, die an diesem arbeitsfreien Tag zum großen Platz vor
der Zentrale pilgerten, auf dem, allerdings erst in zwei
Stunden, der große Akt stattfinden würde.
    Die Narad eröffnete zunächst mit der Begrüßung der
Honoratioren, die es sich nicht hatten nehmen lassen, der
Einladung zum Start der größten Anlage ihrer Art zu folgen.
Es waren die Chefs und Manager des Konsortiums, anonyme
Geldgeber, Verwaltungsleute aus der Gegend und Direktoren
der Zulieferer.
    Sie dankte den Leitern, Ingenieuren, Bauleuten und allen
anderen, die zur Vollendung des Projekts beigetragen hatten,
verlor Worte des Gedenkens an jene, die dabei ihr Leben
ließen. Kurz: eine Begrüßungsrede, wie sie zu jedem ähnlichen
Anlass passt, artig und angemessen.
    Milan Nowatschek stand in der Gruppe der mittleren Leiter
zwischen den Ehrengästen und dem Bauvolk.

Weitere Kostenlose Bücher