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Der erste Versuch

Der erste Versuch

Titel: Der erste Versuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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begann,
ungeachtet der Verhältnismäßig niedrigen Temperatur, ihre
und seine Kleidung – nach Sekunden des Begreifens von ihm
unterstützt – zu öffnen, und sie verschmolzen gleichsam in
heftiger Umarmung.
    Später saßen sie schweigend, eingehüllt im Plätschern der
leichten Brandung. Aus der Siedlung drangen ab und an Fetzen
fröhlichen Lärms und Musik herunter, dann wenn der leichte
Seewind sich Augenblicke legte.
„Wir sollten nach oben gehen, es müsste bald so weit sein“,
mahnte Milan leise.
    „Lass uns hier bleiben. Es wird zum Zeitpunkt genügend
Radau gemacht werden. Und zu sehen gibt es ohnehin nichts
anderes als ein paar Zacken auf den Monitoren.“
    Sie hatte, während sie sprach, den Kopf gedreht und nach
oben in Richtung der beleuchteten Feststätte gesehen.
„Oh – schau, was ist das?“, rief Milan.
Über dem Horizont, das Gesichtsfeld einnehmend, flammte
strahlig ein bläuliches Licht. „Ein Polarlicht – hier?“ raunte
Milan verwundert.
Die Erscheinung nahm schnell zu, wurde heller, kroch den
Himmel hinan, war über ihnen.
Oben krachte ein Böllerschuss; hoch über die Köpfe hinweg
zischte eine Rakete, verschmolz mit dem unheimlichen Licht.
Bevor ein Schwindel im Kopf einen schwarzen Vorhang
zuzog, spürte Milan noch, wie der Körper Cathleens in seinem
Arm erschlaffte.
19. Kapitel
    Schon am Tage nach dem Ausbleiben der Primatverbindung
wurde die Situation im Schiff ruchbar. Das Bedürfnis, mit
Angehörigen auf der Erde zu sprechen, würde, je näher man
ihr kam, naturgemäß zunehmen, sodass sich der Kapitän
entschloss, Passagiere und Besatzung über den Ausfall der
Funkverbindung zu informieren.
    Zwar entstand zunächst eine leichte Unruhe, man diskutierte
über mögliche Ursachen und argumentierte mit Beispielen,
aber alsbald wurde doch im Vertrauen auf die Spezialisten und
die Technik im Wesentlichen zur Tagesordnung übergegangen.
Als typisch erwies sich die Frage an Mitglieder der Besatzung:
„Na – wieder in Ordnung?“, und mit dem darauf folgenden
„Leider noch nicht“ war der Fall an diesem Tag für die
Beteiligten abgetan. Man würde sich ja ohnehin bald selber an
Ort und Stelle über die Ursache der Funkstille informieren
können.
    Was im Laufe der nächsten Tage jedoch eintrat: Etliche
verloren ein wenig Vertrauen zu den
Kommunikationstechnikern an Bord; ihnen schrieb man zu,
den Fehler in den Empfangsanlagen nicht zu finden.
    Tragisch nahm den Vorfall niemand, zumal sich das Gros der
Passagiere aus Leuten zusammensetzte, die oft prekäre
Situationen erlebt und überstanden hatten und damit nicht so
schnell aus der Ruhe zu bringen waren.
Nach dem Reglement wurde bei Annäherung eines Schiffes
von diesem zehn Tage vor dem Andocken Kontakt mit dem
orbitalen Raumhafen der Erde aufgenommen.
    Obwohl es sich um einen Routinevorgang handelte und jedes
diensthabende Crew-Mitglied, wie im Normalfall auch, seinen
Platz in der Zentrale eingenommen hatte, herrschte, vielleicht
allein durch die Anwesenheit des Kapitäns oder das spürbare
Mühen eines jeden, so gelassen wie möglich zu wirken, eine
knisternde Spannung.
    Die Blicke der vier Operater waren auf den Bildschirm
gerichtet, der eine sich drehende Erdkugel zeigte und auf dem
jeden Augenblick das Piktogramm für den Orbitalhafen
erscheinen würde, dann wenn er aus dem Erdschatten
heraustrat. Zu diesem Zeitpunkt sollte die Funkkennung der
HERMES den Dialog einleiten.
    Als das Symbol erschien, schaltete der zuständige Offizier
den Impuls. In wenigen Sekunden leuchtete das Signal auf, das
anzeigte, dass die Verbindung zum Hafen stand.
    Es war, als ginge ein befreiendes Aufatmen durch den Raum,
ein nicht ausgesprochener Befehl: Rührt euch!
Der Kapitän nahm vor Mikrofon und Kamera Platz, und nach
einem Räuspern sagte er: „HERMES auf Anflug, Kapitän
Nalasse hier, O-H-E eins bitte kommen.“
Ein Bildschirm begann zu flackern, es formte sich das ernste
Gesicht einer jungen Frau. „O-H-E eins hier, bitte
Standardbericht.“
Der Kapitän atmete tief durch, nickte seiner Nachbarin zu,
die, verstehend, sich über sein Tastenfeld beugte, die
Standarddaten
– Position, Geschwindigkeit,
Schiffsatmosphäre… – von den Messstellen der HERMES
abrief und in den Kanal gab. Als sie die Position „Ende“
betätigt hatte, übernahm wieder der Kapitän: „Ich grüße dich
herzlich, Roberta“, sagte er.
„Hallo, Haile“, antwortete sie müde, ohne ein Lächeln. „Ich
bin froh, dass ihr kommt.“
„Ist doch

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