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Der erste Versuch

Der erste Versuch

Titel: Der erste Versuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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ums Werben von Gleichgesinnten, Menschen mit
Pioniergeist. Der Mars, der Rote Planet, war nun
empfangsbereit, offen, seinem Namen Unehre zu erweisen,
sein Kriegsimage abzulegen und sich umzufärben.
    Der Shuttle dockte an die neu installierte Orbitalstation an,
man stieg um und ohne Aufenthalt in den Raumliner
HERMES, der in etwas mehr als einem Vierteljahr die alte
Erde erreichen würde.
    Eine äußerst erholsame Zeit begann. Die 500 Passagiere –
Urlauber, Ingenieure und Wissenschaftler, nach einem
befristeten Einsatz auch an die 30 Rückkehrer – und 108 Leute
der Crew pflegten ungezwungenen Umgang, nutzten die
Angebote – Sport, Unterhaltung
– auf der geräumigen
HERMES, arbeiteten oder relaxten. Die Zeit verging
buchstäblich im Flug.
    Alina genoss die Reise. Der Gegensatz zu den beiden vorigen
konnte größer nicht sein, was Bequemlichkeit und
Abwechslung anbelangte. Und die Zweisamkeit! Ein wenig
Bedenken hatte sie schon, war doch die Bindung zwischen ihr
und Connan auf dem Planeten wesentlich durch die Arbeit
geprägt. Wie würde sie sich im Nichtstun gestalten? Aber
Befürchtungen, der Mangel an echten Aufgaben könne sich
negativ auf ihre Beziehung auswirken, erwiesen sich schon
nach wenigen Tagen als völlig gegenstandslos. Es schien
sogar, als sollte gegenseitig die in der Vergangenheit
arbeitsbedingte Vernachlässigung des anderen durch besondere
Aufmerksamkeit wettgemacht werden. Sie lernten sich nun
von jenen Seiten kennen, die auszuleben sie auf dem Mars
keine Gelegenheit hatten. Und sie fanden eng zueinander.
Alina gestand sich ein, es sei bislang ihr glücklichstes
Erleben…
    Connan freundete sich mit dem Kapitän der HERMES an,
dem tiefschwarzen, hochgewachsenen Äthiopier Haile
Nalasse, mit dem er des Öfteren eine Partie Schach spielte.
    Sie waren den 107. Tag unterwegs; Connan saß im kleinen,
gemütlichen Clubraum und erwartete den Kapitän zu einer der
üblichen Schachrunden. Alina hatte es sich mit einem
papierenen Buch daneben bequem gemacht – wie Tage vorher.
Sie mochte das königliche Spiel, verfolgte von Zeit zu Zeit den
einen oder anderen Zug, sah minutenlang zu, las ein paar
Seiten in Patsituationen oder wenn einer der Spieler gar lange
nachdachte.
    Haile Nalasse verspätete sich.
Als er kam, hatte Connan sofort den Eindruck, der Kapitän
sei nicht wie stets; er schien nervös und gleich nach den ersten
Zügen so unkonzentriert, dass er beinahe auf eine Variante des
Schäferzuges reingefallen wäre. Nach weniger als 20 Zügen
gab er auf und verzichtete auf eine Revanche. „Ich bin heute
nicht so gut drauf“, entschuldigte er sich mit seiner tiefen,
gutturalen Stimme.
    Connan musterte sein Gegenüber; das schwarze Gesicht
verriet jedoch keinerlei Regung. Nur die Stirn glitzerte vor
tausendpunktigen winzigen Schweißperlen. „Ist etwas nicht in
Ordnung, bist du krank?“, fragte er leise, jedoch nicht leise
genug, um Alina nicht aufmerksam zu machen.
    Haile schüttelte den Kopf. Dann sagte er: „Aber nur zu euch:
Die Primatverbindung zur Erde funktioniert nicht – schon seit
drei Stunden.“
    „Primatverbindung?“ Connan blickte fragend.
„Die, mit der der persönliche Sprechverkehr realisiert wird.“
„Aber“, mischte sich Alina altklug ein, „da gibt es doch
    sicher einige harmlose, reparable Gründe. Meine Güte, wo
schon träfe man auf eine perfekt funktionierende Technik!“
„Gibt es nicht“, sagte der Kapitän sarkastisch.
Alina und Connan schauten ihn ungläubig an.
„Diese Funkbrücke ist aus verständlichen Gründen mehrfach
gesichert. Selbst wenn die Zentrale zerstört werden würde,
schaltet sich automatisch eine zweite an, die sich nicht am
selben Ort befindet. Ähnliches passiert hier auf dem Schiff.
Und das Merkwürdige ist, die Geräte zeigen es an, und man
glaubt es am Rauschen zu hören: Die Verbindung steht, wir
rufen, aber es antwortet niemand. Glücklicherweise hatte nur
ein Passagier den Wunsch, mit einem seiner Angehörigen zu
sprechen. Ihn konnten wir vertrösten und bitten, vorerst
Stillschweigen zu wahren.“
„Also – wie beim Telefon: Ihr lasst es läuten, und es geht am
anderen Ende keiner ran“, verdeutlichte Alina ihr Verständnis.
„So ungefähr.“
„Aber es kann dies doch nicht die einzige Möglichkeit sein,
mit der Erde Kontakt zu halten“, resümierte Connan.
„Natürlich nicht.“ Haile lächelte schwach. „Wir fliegen auf
einem Leitstrahl, der uns ständig in Impulsen
entgegengesendet

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