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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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versucht, Sie davon abzuhalten?“
    „Klar haben sie das. Sie stimmten ein Geschrei an wie eine Katze, die sich den Schwanz in der Tür eingeklemmt hat. Schrieben Artikel gegen mich. Hatten Schaum vor dem Mund. Ich behauptete nur, ihr Geschrei ergäbe keinerlei Sinn. Und die Öffentlichkeit war auf meiner Seite. Kein Mensch versteht das, was Wirtschaftsexperten sagen, es sei denn, man ist selber einer. Meine Gegner konnten sich der Öffentlichkeit nicht verständlich machen. Hi, hi, hi. Ich hingegen schon. Ich sagte nur einfache Sachen, wie: ‚Maschinen erleichtern einem die Arbeit.’ Und: ‚Die Leute werden weniger hart arbeiten müssen’. Hört sich gut an, George, stimmt’s?“
    „Ich arbeite gerne.“
    „Tatsächlich? Und was machst du so?“
    „Ich laufe draußen rum und spüre Leute auf, die in Schwierigkeiten stecken.“
    „Hmmm.“ Mr. Kracken schob sich den Hut in den Nacken und lehnte sich nach vorn auf seinen Spazierstock. „Das ist ein Job unter Millionen. Unter Millionen. Wenn du den ganzen Tag hinter einem Schreibtisch sitzen und Telefonanrufe beantworten, eine Rechenmaschine bedienen oder Formulare ausfüllen müßtest, würdest du auch gerne arbeiten gehen.“ Er kicherte. „Hi!“
    Ich mußte mich zwingen, ihn nicht anzubrüllen. „Das ist ein blöder Witz. Wie kann man sich über Leute lustig machen, die an einem Schreibtisch sitzen? Was soll daran lustig sein?“
    Er drehte sich um und sah mich an. „Was?“
    Ich wurde lauter. „ Was daran lustig sein soll, habe ich gefragt!“
    Er starrte mich an. Wir saßen beide ziemlich steif da und sahen einander in die Augen. Wir waren so gegensätzlich wie eine Katze und ein Hund, die sich gegenseitig wortlos mustern. Wir waren verschieden, sehr verschieden. Kracken lief rot an, und ich spürte, wie auch mein Gesicht heißer und röter wurde.
    Plötzlich schrie er mich an: „Du bist ein Affe! Und ich hasse Affen!“
    „Und Sie sind ein Schweinehund“, sagte ich und stand auf. „Ich hasse Schweinehunde. Auf Wiedersehen.“ Mit steifen Beinen und geballten Fäusten ging ich weg. Wie hatte ich mit diesem alten Teufel nur je ein freundliches Gespräch führen können?
    Hinter mir schrie Krackens Stimme: „Wenn ich eine Kanone hätte, würde ich dich erschießen!“
    Den größten Teil der Nacht verbrachte ich sitzend in der Kommune der Karmischen Bruderschaft. Da ich zum Schlafen zu wütend war, ging ich in einen der Meditationsräume und versuchte mich durch Meditation etwas ruhiger zu stimmen. „Tief und langsam atmen, George. Immer mit der Ruhe, George, es ist alles nur ein Spiel. Und irgendwie wird sich alles schon zum Besten wenden.“
    Da mir jeder Guru genau das gesagt hätte, fragte ich gar nicht erst.
    Ich saß die ganze Nacht da und sah einen irren, alten, teuflisch lachenden Mann vor mir. Er saß am Steuer eines wild dahinrasenden Busses, in dem wir alle an unseren Sitzen festklebten.
    Ich kam zu dem Entschluß, mich Larrys Bande anzuschließen. Ich konnte kaum erwarten, daß es Morgen wurde. Es war sinnlos, einen Guru um Rat zu fragen. „Meditiere und erkenne das Böse, George. Es kann dich nicht verletzen, wenn du seine Natur erkennst.“ Das würde ich zu hören kriegen. Aber was nützt es einem schlechten Menschen, wenn man seine Natur erkennt und ihm vergibt? Ich dachte an Krakken und daran, wie er sich lachend auf die Knie geschlagen hatte. Das machte mich noch wütender.
    Das Problem mit den meditierenden Brüdern war, daß sie glaubten, alles sei in Ordnung. Ich entschloß mich, die Kommune der Bruderschaft zu verlassen. Am Morgen schrieb ich in das Gästebuch, daß ich ausgezogen sei. Vor meinem Namen fand ich eine Notiz, die mich darum bat, mich bei Guru Adam zu melden, also ging ich wieder hinein und begab mich auf die Hochterrasse, die den Innenhof umsäumte. Hier herrschten die Stille und der Frieden einer Waldlichtung.
    Guru Adam war ein stämmiger, schwarzer Mann, der mit gekreuzten Beinen und geschlossenen Augen dasaß und meditierte. Er hatte zwei philosophische Bücher geschrieben, die sich ganz gut verkauften, und man sagte ihm nach, daß er Ereignisse deuten konnte.
    Illusionäre Bäume spendeten ihm Schatten. Ich schaute auf und sah nur die Kante des überhängenden Daches, aber keine Bäume. In seiner Nähe sahen die Leute immer Bäume.
    „George Sanford ist hier“, meldete ich mich und nahm auf dem Balkongeländer Platz, um zu warten. Ich musterte das sich unter mir abspielende Kommunenleben. Einen Moment

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