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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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Hämmern.
    „Aus dem Weg!“
    „Warte, Gorilla, hilf uns. Wir brauchen noch ein paar Muskeln.“
    „Ich muß da hinten noch was mit Schaum einsprühen.“ Ich stellte die metallene Sprayflasche ab, folgte den Anweisungen der anderen und hob einen schweren, fast zweieinhalb Meter langen Balken hoch. Dann hielt ich ihn, auf einem Ziegelstein stehend, mit ausgestreckten Armen, während Weeny, der picklige Typ mit den längsten Armen, nach oben langte und einen alles abdichtenden, schnell hart werdenden Schaumstoff in die Ritzen sprühte, damit die glatte Sperrholzwand auch stehenblieb.
    „Festhalten, George!“ Weeny eilte schnell an das andere Ende, justierte die Höhe des Balkens anhand einer Markierung und sprühte auch dort alles ein.
    Während Weeny die Sekunden zählte, hielt ich den Balken fest. „Achtzehn, neunzehn, zwanzig. Okay, George, du kannst ihn jetzt loslassen.“
    Ich zeigte ihm zwar mit einer Grimasse meine Zweifel an, ließ das Gewicht dann aber los und sprang beiseite. Erstaunlicherweise fiel der Balken nicht um. Er hing an der Wand und zog sich auf einer Höhe von zweieinhalb Metern durch den Tunnel.
    „Sauber“, sagte jemand von der Bande.
    „Damit kannst du ’n Flugzeug aufhängen“, sagte ich und hob die metallene Schaumflasche auf. „Jetzt muß ich aber wieder gehen.“
    Die anderen packten die Vier-mal-acht-Spanplatten und paßten sie an den Balken an, während Weeny den Sprühleim vorbereitete.
    Nicholi, die Kindfrau mit dem krausen, schwarzen Haar, ließ ihr Paneel sinken, lief hinter mir her und legte eine Hand auf meinen Arm. „Ich gehe mit dir, George. Ich helf' dir festhalten.“
    Die anderen lachten. „Echt Nicholi!“
    „Was willst du festhalten?“
    „Sorg’ dafür, daß er von allein steht, Nicholi!“
    Wir gingen und entfernten uns von dem Gelächter.
    „Wo steckt denn Larry?“ riefen die Stimmen aus der Ferne.
    „Er sollte hier sein und uns sagen, ob wir auch alles richtig machen.“
    Nachdem ich am Spätnachmittag aufgewacht war und bei einem Kaffee auf der Bergseite des Acht-Kilometer-Parks saß, fragte ich mich, ob das, was ich da tat, richtig war. Ich saß mit Larry zusammen und gab ihm die Gelegenheit, mir etwas von seinem Weltbild zu vermitteln.
    „Larry, was du da letzte Woche getan hast … Ich meine, als du Akbar Hisham an die Azteken verscherbelt hast … Was sollte das?“
    „Du mußt zugeben, es war lustig, George.“ Er lag auf dem Bauch, kaute auf einem Grashalm und schaute einer Libelle zu. „Ich lockte ihn unter einem Vorwand zur Azteken-Kommune. Er nahm an, ich wolle ihm einen Tip geben, wie er den Azteken Schwierigkeiten machen könnte. Er hat nur das bekommen, was er verdient.“
    Ich lächelte. „Na ja, spaßig mag es ja gewesen sein – aber wem sollte es nützen, oder was sollte es für die Geschichte bewirken?“
    Der Junge rollte sich im Gras auf den Rücken und schaute in den Himmel. „Gorilla, der Zustand der Welt ist Langeweile. Leute, die ein friedliches Leben leben, langweilen sich unbeschreiblich. Alles, was sie an Aufregung kriegen, resultiert daraus, daß sie ihre Jobs hassen und daß die Langeweile ihnen Schmerzen bereitet. Sie betreiben ihre Hobbys nicht, weil sie Spaß daran haben, sondern weil sie glauben, das würde sie vor der Langeweile bewahren. Sie halten Langeweile für einen Bestandteil der Zivilisation und glauben, es gibt keine Möglichkeit, daran etwas zu ändern. Sie nehmen Beruhigungsmittel. Sie machen absichtlich gefährliche Fehler. Sie werden krank, gehen ins Hospital und lassen sich ihre Organe ersetzen. All das ist Langeweile. Sie hoffen darauf, daß mal ein Erdbeben ausbricht, und stürzen sich wie Insekten in ein Großfeuer oder werfen sich wie Lemminge in die Fluten. Sie bewegen sich in ihren Gleisen wie ein Zug, der auf Schienen fährt und feststellt, daß die vor ihm liegende Brücke eingestürzt ist. Ich biete ihnen nur die Möglichkeit, zwischen Überschwemmungen, Bränden, unterhaltsamen Toden und Katastrophen auszuwählen. Der Ausbruch ist leicht – wenn man ausbrechen will.“ Er setzte sich hin und löste den Deckel einer Dose, die ein heißes Fertigfrühstück enthielt.
    „Die Leute löschen sich selbst aus?“ fragte ich. So was hatte ich ja noch nie gehört!
    „Nimm die Leute in den beiden Untersee-Kuppeln. Man hielt es für eine tolle Sache, unter Wasser zu leben, aber niemand hat da unten rumgetaucht. Die Leute lebten bloß dort, wie in einer ganz normalen Wohnung. Leute, die sich in

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