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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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Ecke Park Avenue und 128. Straße war eine Telefonzelle aus rostfreiem Stahl. Ich ging hinein, rief die Rettungsbrigade an und fragte nach dem Chef.
    Wußte er, daß er mich darum bat, in das Territorium des Schwarzen Reiches, nach Spanish Hartem oder Arabisch-Jordanien zu gehen, um dort nach Ahmed zu suchen? Anderswo konnte er gar nicht sein. Ich fror innerlich. Der Chef mußte mir ein paar Tips geben, damit ich reinkam, mich umsehen und wieder abhauen konnte. Oder glaubte er etwa, ich wollte ihm über das Telefon nur meinen letzten Willen diktieren?
    Er nahm meinen Anruf aber sofort entgegen. „Hier ist Judd Oslow, George.“
    „Chef, ich kann mit diesen Unterlagen überhaupt nichts anfangen. Woran hat Ahmed gearbeitet, bevor er verschwand?“
    „An einer großen Sache. Die Kriminalabteilung zog meine besten Leute zu einer Suche heran. Ahmed auch.“
    „Und worum ging es dabei?“
    „Darüber kann nur die Kriminalpolizei Informationen abgeben, und zwar die Abteilung für organisiertes Verbrechen. Ich kann Ihnen gar nichts sagen.“
    Dennoch hatte er mir einen Tip gegeben. Bei diesen drei Reichen handelte es sich um Organisationen. Ich blätterte noch einmal die Fotokopien durch, die ich in den Händen hielt, und hoffte, darin eine Information zu finden. „Haben Sie in Spanish Harlem, Schwarz-Harlem und Arabisch-Jordanien nachgefragt, ob man dort einen Mann von der Brigade gesehen hat?“ Dumme Frage.
    Der Chef sagte freundlich: „Man hat unsere Vermißtenmeldung dort bekommen.“
    „Werden sie jemanden von der Brigade reinlassen, damit er nach Ahmed suchen kann?“ Noch eine dumme Frage, aber ich konnte hoffen.
    „Nein. Man hat dort eine eigene Polizei, um solche Dinge zu erledigen.“ Bloß würde die nichts unternehmen. Judd Oslow besaß leider keine gesetzliche Handhabe, mir zu sagen, ich solle hineingehen und dort suchen. Ich wollte es trotzdem tun.
    Zwei der Blätter rutschten mir aus der Hand. Ich bückte mich, um sie aufzuheben und stieß dabei mit der Stirn gegen die Ablage der rostfreien Stahlzelle.
    Im Stereo-Kopfhörer räusperte sich der Chef mehrmals, als wisse er, daß ich noch etwas von ihm erwartete. Schließlich sagte er: „Fangen Sie dort an, wo man ihn zuletzt gesehen hat. Sie brauchen nicht viele Informationen, George; nicht nach dem, was ich von Ahmed über ihre Talente weiß. Sie brauchen nur ein bißchen Glück, wie in den ersten drei Fällen. Dann kriegen Sie’s schon hin.“
    „Oh, klar“, murmelte ich, machte den Kopfhörer und das Kehlkopfmikro ab und hängte sie ein.
    „Sie brauchen nur ein bißchen Glück“, sagte seine Stimme und wurde dünner und entfernter, als ich das Gespräch beendete. Ich betastete die heiße Beule auf meiner Stirn und verließ die Telefonzelle.
    Verschleierte Frauen schauten aus den von Stahlgittern versperrten Fenstern. Wer vorbeiging, hielt den Kopf gesenkt, damit er keinen Ärger bekam, wenn er jemanden ansah. Die Mauern hatte man gebaut, als ich fünf gewesen war – denn früher, um die Zeit meiner Geburt herum, hatten die Israelis wieder einen Krieg mit den Arabern geführt und ihnen den größten Teil ihres Wüstenlandes abgenommen. Die Ägypter hatten sich aus diesem Krieg herausgehalten und sich geweigert, Flüchtlinge aus Arabien aufzunehmen. Israel weigerte sich, arabische Flüchtlinge aufzunehmen, weil es sagte, die Araber seien seine Feinde, und sie seien Diebe und eine Gefahr für ihre Familien. Die Israelis sagten auch, es sei nur zu diesem Krieg gekommen, weil die Araber jede Nacht über die Grenze gekommen seien und geraubt, geplündert und gemordet hätten und sie keine Araber in ihrem neuen Territorium haben wollten.
    Die UNO hatte die arabischen Flüchtlinge auf alle Länder der Welt verteilt. Die Vereinigten Staaten erhielten Tausende von streitsüchtigen, empfindlichen Antisemiten, die Amerika für ein jüdisches Land und alle Juden für ihre Feinde hielten. Sie entdeckten sofort die neuen Rechte der kulturellen Eigenständigkeit, machten das nach, was in Harlem geschehen war, und errichteten um einen demolierten Slum aus vier Blocks ein Grenzgebiet. Sie verliehen sich selbst das Stadtrecht, mauerten die freien Räume zwischen den restlichen Gebäuden zu, verschlossen alle Türen, Straßen und Einfahrten, die in das Gebiet hineinführten, und ließen nur eine breite Straße übrig, die an einem offenen, im Zentrum liegenden Platz endete. Diesen Platz füllten sie mit Strandsand, pflanzten ein paar Dattelpalmen, bauten einen

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