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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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überprüfen die Straßen. Vielleicht ist er nicht allein gekommen.“ Die drei verschwanden lautlos in verschiedenen Richtungen.
    „Ich tue euch doch nur einen Gefallen, wenn ich euch sage, was die Leute so reden“, sagte ich in naivem Tonfall. „Und jetzt tut mir ’n Gefallen und helft mir, daß ich meine Uhr wiederkriege.“
    „Einen Gefallen?“ schrie der Häßliche mit der Fahrradkette. „Wir sollen dir ’n Gefallen tun? Du hättest besser dein dreckiges Maul gehalten!“ Und er riß an der Kette, so daß sie mich noch fester zwickte.
    Mehr konnte ich nicht aushalten. Ich blieb still stehen, glotzte wie ein Blöder, tat so, als wäre ich völlig durcheinander, dann beugte ich mich vor, knallte dem Typen mit der Kette eins vor die Rübe, daß er über den Betonboden rollte, warf mich die Stufen der Treppe hinunter und löste die Kette. Ich kam auf die Knie und packte nach der Kette, um sie als Waffe einzusetzen. Sie war zwei Meter lang und hatte an jedem Ende einen Griff. In den Händen eines starken Mannes kann eine solche Kette eine tödliche Waffe sein. Hätte ich sie im rechten Moment zu fassen gekriegt, hätte ich sie kreisen lassen und die Burschen niedergemäht wie Grashalme. Ich nahm sie zusammengerollt in die Hand, beugte mich vor und ließ sie durch die Luft sausen, weil ich ungeheuer wütend war. Die Bande zerstreute sich und floh; die kreisende Kette raste ins Leere.
    „Blöde Punks“, keuchte ich. „Können einfach nicht hören …“
    Ich hielt inne und ließ die kreisende Kette über den Boden wirbeln, wo sie sich verlangsamte. Ich rollte sie zusammen und hängte sie mir über den Arm. Ein Stück davon behielt ich in der Hand, für alle Fälle. Die Sonne war jetzt untergegangen. In den Ecken war nun alles dunkler und schwerer zu erkennen. Ich wehrte einen Knüppel mit dem Kettenende ab und schnappte mir einen anderen mit der Hand. Etwas pfiff an mir vorbei und schepperte gegen die Wand – ein Messer. Offenbar war der Anführer der Bande zu der Erkenntnis gelangt, daß ich zuviel wußte und deswegen umgebracht werden mußte.
    „Carl Hodges!“ brüllte ich. „Lassen Sie mich rein! Ich bin ein Freund! Ich brauche Hilfe! Computermann Carl Hodges, kommen Sie raus!“ Auf diese Weise würde der Helikopterpilot wenigstens erfahren, daß ich in Not war und rasche Hilfe brauchte. Er würde schnell kommen. Auch wenn die Halbstarken mich um Hilfe schreien hörten – daß ich damit die Polizei heranholte, konnten sie nicht einmal ahnen.
    Hinter der Kellertür krachte es zweimal, dann gaben die rostigen Scharniere nach, und sie donnerte auf die Stufen. Auf ihr lag ein Mann, der sich aufrappelte und die Stufen auf allen vieren hinaufkroch.
    Als er oben war, stand er auf. Er war mager, hatte schütteres Haar, war drahtig, etwas kleiner als der Durchschnitt und sah mir weder körperlich noch im Gesicht ähnlich. Dennoch war er ich. Aus seinem Gesicht sahen mich meine eigenen Augen an.
    Ich hob einen Knüppel auf und gab ihn ihm. „Deck’ mir den Rücken. Ich glaube, sie wollen dich lebend haben, aber mich wohl nicht.“ Ich wandte mich langsam um, schaute und lauschte, aber es war alles still. Sie würden an jedem Weg lauern, den ich zu nehmen versuchte. Und sie gedachten mich zu töten.
    Ich sah zu Carl Hodges zurück und stellte fest, daß der magere Computermann mich anstarrte. Er war ich – wie ein Spiegel.
    „Hallo, ich … da drüben“, sagte ich.
    „Hallo, ich … da drüben“, sagte er. „Bist du ein Computermann? Hast du Lust, mit mir eine Partie Stadtschach zu spielen, wenn ich wieder arbeiten gehe? Vielleicht könntest du einen Job in meiner Abteilung bekommen.“
    „Nein, Kumpel. Wir sind zwar wir, aber Stadtschach spiele ich nicht. Ich bin nicht wie du.“
    „Aber warum …“ Hodges duckte sich vor einem heranfliegenden Knüppel, so daß er auf dem Beton landete. Aber warum habe ich dann den Eindruck, daß wir ein und dieselbe Person sind? hatte er fragen wollen.
    „Ein gefühlsmäßiges Bindeglied ist zwischen uns“, sagte ich. „Ich denke nicht wie du. Ich fühle nur das, was du fühlst.“
    „Dann möge Gott jedem beistehen, der im Moment die gleichen Gefühle hat wie ich“, sagte Hodges. „Auf meiner Seite nähern sich ein paar Burschen.“
    „Halt sie dir vom Leib. Wir bleiben Rücken an Rücken. Alles, was wir brauchen, ist ein bißchen Aufschub.“ Ich drehte mich wieder um und suchte die Umgebung mit den Augen ab. Ich war auf alles vorbereitet. „Was

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