Der Esper und die Stadt
in die Richtung, die ich dir angebe. Ich könnte dich auf der Stelle umlegen, und niemand würde dich je finden. Gib dir also Mühe, daß ich meine gute Laune behalte.“
„Wo ist Carl Hodges?“ fragte ich und setzte mich mit erhobenen Händen in Bewegung. Die Taschenlampe warf meinen Schatten voraus, bis er über enger werdende Mauern fiel.
„Wir gehen jetzt alle da runter. Ab nach links.“ Die Stimme kam mir irgendwie komisch vor.
Als ich mich umdrehte, sah ich, daß der kleine Bursche eine Gasmaske trug. Als ich ihn fragen wollte, wie er an sie herangekommen war, drang durch einen nachtschwarzen Spalt an der Decke weißer Nebel zu uns herab. Er roch feucht und schmeckte leicht nach Alkohol. Das richtige Mittel, um Aufrührer mattzusetzen.
„Bewegung“, sagte der Junge und fuchtelte mit seiner Kanone herum. Ich bog nach links ab und fragte mich, was eigentlich in einem Menschen vorging, der das Zeug eingeatmet hatte. Ein ereignisreicher Tag und eine ebensolche Nacht. Leute, die schon mal was von dem Gas abbekommen hatten, sagten, sie hätten allerlei symbolträchtige Erfahrungen gemacht. Welche Bedeutung hatte dieser Tag? Warum passieren solche Dinge?
Ich schwebte inmitten des weißen Nebels, verließ meinen Körper, war plötzlich über der Stadt und erblickte ein Bewußtsein, das höchst vielfältig und von bitterer Logik war. Es brütete über den Häusern und erstreckte sich in Vergangenheit und Zukunft. Ich sprach zu ihm, aber in Gedanken, nicht mit Worten. „Ahmed hat die Weltsicht seiner Großmutter, der Zigeunerin. Er hält dich für das Schicksal. Er glaubt, du verfolgst Absichten und hast Pläne.“
Das Bewußtsein lachte und dachte: Die Räder der Zeit und der Ursachen mahlen gründlich. Wenn man den Gang eingelegt hat, ist zwischen ihnen kein Platz mehr für Freiheit. Die Stadt ist eine Notwendigkeit. Die Zukunft ist schon gebaut. Wenn der Gang eingelegt ist, bewegen wir uns auf sie zu. Ich bin das Schicksal.
Auf geistigem Wege warf ich ein: Wir wissen nicht mehr, wie die Vergangenheit war. Wir wissen es nicht genau. Wir haben unsere Ansichten geändert. Damit ändert sich auch die Vergangenheit – und alles, was in der Gegenwart auf ihr aufgebaut hat. Und die Zukunft.
Mit einem Heulen taumelte das über der Stadt brütende Bewußtsein ins Nichts hinein, wurde nie erschaffen, hatte nie existiert, wie die Böse Hexe aus dem Westen, als Dorothy einen Eimer Wasser über ihr ausgeleert hatte. Es verging mit dem gleichen heulenden Gejammer. „Aber all meine herrlichen Katastrophen, meine tragische Logik …“
„Nicht nötig“, sagte ich ernst. „Wenn man die Zukunft sehen kann, kann man sie auch verändern. Wenn man die Vergangenheit nicht sehen kann, ändert sie sich in jeder Hinsicht. Nichts ereignet sich zweimal auf die gleiche Weise.“
Die Stadt der Zukunft zerfiel und verwandelte sich in weißen Nebel. Es war ein schöpferischer Nebel, den die reine Vorstellungskraft in jede gewünschte Form bringen konnte. Ich stand mitten in ihm drin und kam mir ziemlich stur vor. Da war wieder jemand, der mich in Versuchung führen wollte. Man wollte mich dazu kriegen, das bürokratische Spiel der Vorschriften und Unfreiheit mitzumachen. Ich sollte dabei mitmachen, Leute in kleine Schachteln zu sperren, damit man sie mit Vordrucken erfassen konnte.
„Nein“, sagte ich. „Ich werde mit meiner Meinung niemanden beeinflussen. Sollen sie sich doch ihre eigene Vergangenheit auswählen.“
Der Nebel wich.
In der Nähe einiger knorriger Pinien saßen sieben Leute in weißen Roben an einem Berghang und beobachteten das Glitzern des in der Ferne liegenden Pazifischen Ozeans. „In gewisser Weise suchen wir »ms wirklich unsere eigene Vergangenheit aus.“
„Eine interessante Traumvorstellung.“
„Beinahe die absolute Wahrheit.“
„Einverstanden, ein brillanter Gedanke.“
„Wenn wir aus den Erinnerungen der ganzen Welt das zusammentragen könnten, was man noch weiß und was man vergessen hat, könnte man die Richtung, die die Welt nimmt, beeinflussen. Die Menschen treffen ihre Entscheidungen teilweise aufgrund von Traditionen und teilweise nach dem, was die anderen tun.“
Sie sahen mich an und sagten „Danke“, wie liebe, alte Freunde.
Ein nettes Mädchen in weißer Robe und mit nackten Füßen sagte: „Wie schade, daß er immer schläft. Ich würde gerne seinen Namen und seine Adresse wissen.“
„Hat keinen Zweck, danach zu fragen Der Alptraum mit dem abstürzenden Flugzeug
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