Der Esper und die Stadt
Junge spielte Flugzeug und lief summend und in Schlangenlinien mit ausgestreckten Armen über einen Hof. Seine Eltern waren im Inneren des fremden Hauses. Sie hatten das silberne Flugzeugmodell, mit dem er sonst spielte, nicht mitgenommen.
Das Kind hörte auf zu summen und beobachtete eine silberne Maschine, die am Himmel kreiste. Seine Mutter hatte ihn gebeten und angefleht, damit aufzuhören, den Leuten zu sagen, was sie tun sollten. Aber sie wünschte sich, daß er spielte und glücklich war, solange sie sich in diesem Haus aufhielt. Wenn er ein silbernes Flugzeug zum Anfassen gehabt hätte, wäre er glücklich gewesen.
„Fluchßeuch“, sagte seine piepsige, kindliche Stimme. „Fluchßeuch, komm’ runter.“ Dann rannte er weiter umher und summte und stellte sich vor, daß er die Kontrollen der Maschine mit Händen und Füßen bearbeitete. Es war alles sehr echt und er kam sich vor wie ein richtiger Pilot. „Der Hof da ist zu klein , um auf ihm zu landen“, sagte der wirkliche Pilot oben am Himmel, und so machte der Junge ihn glauben, daß es hier unten einen großen Landeplatz gab – wie in einem Film; ein Platz, auf dem Flugzeuge landen konnten. „Komm’ runter, Fluchßeuch. Lande hier … hier …“
Es wurde größer. Es wurde sehr groß, größer, zu groß. Und es wuchs immer noch. Ich streckte die Arme aus, um es wegzustoßen. Große, silberne Tragflächen jagten brüllend über mir dahin, und dann hörte ich ein donnerndes Kreischen und wie etwas zerriß – wie bei einem Autounfall. Ich spürte, wie meine Eltern in dem Haus aufschreckten. Dann verstummten ihre besorgten Gedanken – für immer.
Ich rannte auf das Haus zu und sah, wie eine der Seitenwände langsam nach außen kippte und es Ziegelsteine regnete. Eine Badewanne kam mit zerknicktem Abflußrohr wie in Zeitlupe durch die Luft geflogen und krachte zu Boden. Es gab einen lauten Knall.
Ich hörte auf zu rennen und stand still. Rennen nützte jetzt nichts mehr. Ich konnte auch nichts mehr tun. Ich hatte es getan. Ich konnte noch Schlimmeres tun.
Sirenen. Menschen. Schreie.
Erwachsene, die sich herunterbeugen, bis ihre Gesichter ganz nahe sind. „Wie heißt du, Kleiner?“
„Hast du in dem Haus gewohnt?“
„Wo sind deine Eltern?“
„Meine Eltern waren zu Besuch hier. Ich wohne nicht hier. Ich habe keinen Namen. Laßt mich in Ruhe. Ich habe es nicht getan. Ich bin nicht ich.“
„Natürlich hast du es nicht getan. Wie heißt du denn?“
Ich bin nicht ich.
„Wie heißt du denn?“
Sag’ ich nicht. Ich hab’ keinen Namen.
Vollständiger Name bitte. Familienname zuerst, dann erster und zweiter Vorname. Jahrelanges Ausfüllen von Formularen.
Warum fragen sie nur immer? Warum kann ich nicht antworten?
(Schock.) SILBERHELLE TRAGFLÄCHEN FLUGZEUG KOMM’ RUNTER HELLGLÄNZEND HELLGLÄNZEND WEG KEIN GLANZ MEHR NICHTS! Weg, aufgelöst. Ich kann antworten. Wer bist du?
Mein Name ist Ralph George Ericson. Mein Vater heißt Ralphie, und meine Mutter nennt mich Klein-George. Ich wohne Altona Boulevard Nummer 1257. Das war bevor ich fünf wurde. Danach wohnte ich in Waisenhäusern und bei Pflegeeltern in New York City. Man gab mir den Namen George Sanford, weil ich niemandem meinen richtigen Namen sagen wollte. Ich hab’ sie dazu gebracht, alle Formulare für mich auszufüllen und für mich zu schreiben. Aber sonst habe ich niemanden um irgend etwas gebeten. Ich tat, was sie wollten.
Als ich fünf war, konnte ich die Leute kommandieren. Ich hab’ ihnen heimlich Befehle gegeben. Ich glaube, ich kann es noch immer.
Warum ich es nicht immer gemacht habe? Aus irgendeinem Grund, den ich beinahe vergessen habe. Ein silbernes Flugzeug.
Ich versuchte das silberne Flugzeug noch einmal durch meine Erinnerung
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