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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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spre­chen. Er war nicht fä­hig, auch nur einen Laut von sich zu ge­ben. Es war be­ängs­ti­gend, als hät­te ich mei­nem ei­ge­nen Ge­hirn be­foh­len, das Den­ken ein­zu­stel­len.
    „Mach’ wei­ter, Ah­med, re­de. Und mach’ mich zur Schne­cke“, sag­te ich. Ich war frus­triert bis auf die Kno­chen. Das Ego hat manch­mal ein ab­son­der­li­ches Ver­lan­gen. Ah­med stell­te die un­heim­li­che Ges­ti­ku­lie­re­rei ein und grins­te.
    Ich er­wi­der­te sein Grin­sen.
    „Laut mei­ner De­fi­ni­ti­on ist der­je­ni­ge ein ver­nünf­ti­ger Mensch, der mit mir ei­ner Mei­nung ist“, sag­te er. „Hast du ei­gent­lich in letz­ter Zeit ir­gend­was ge­ges­sen?“
    Wir be­stell­ten was, setz­ten uns im Schnei­der­sitz an die En­den mei­nes Bet­tes und teil­ten uns einen Rie­sen­trut­hahn und einen großen Tel­ler mit Bei­la­gen. Trut­hahn, Prei­sel­bee­ren und Kar­tof­fel­brei. Ein Fes­tes­sen.
    „Warum steht ei­gent­lich das Nacht­schränk­chen auf der Toi­let­te?“ frag­te Ah­med. Ich warf einen Blick ins Ba­de­zim­mer. Es stand im­mer noch da. Wir ga­ben uns bei­de Mü­he, nicht zu la­chen.
    Ah­med fing an, einen Witz zu er­zäh­len. Es war nett und ru­hig in mei­nem Kran­ken­zim­mer. Die Wän­de wa­ren rot­braun ge­stri­chen. Aber mir fiel ein, daß ich ver­ges­sen hat­te, mit die­ser Te­le­pa­then­grup­pe in den ka­li­for­ni­schen Ber­gen fer­tig zu wer­den. Ir­gend­was hat­te mich an sie er­in­nert. Ir­gend­was Un­er­klär­li­ches.
    Ah­med re­de­te im­mer noch, aber es kam kein Ton. Ir­gend­was ging hier vor. In mei­nem Kopf er­klang ein hoch­gra­dig schril­les Heu­len. Ah­med fing an, sich hin­ter durch­sich­ti­gen Fle­cken auf­zu­lö­sen. Er re­de­te wei­ter und mach­te da­bei stum­me Ges­ten. Die durch­sich­ti­gen Fle­cken er­schie­nen jetzt auch auf dem Fens­ter und auf den Wän­den. Sie wur­den grö­ßer und ver­schwam­men zu ei­ner lee­ren Welt aus her­um­wir­beln­dem Grau.
    Lang­sam mach­te sich in­ner­halb des Graus ein wir­beln­des Blau be­merk­bar, das im­mer grö­ßer wur­de. Ein be­wölk­ter, blau­er Him­mel, hel­les Licht. Bruch­stücke von Men­schen be­gan­nen zu ma­te­ria­li­sie­ren. Sie sa­ßen in ei­nem Kreis um mich her­um, Män­ner und Frau­en in lan­gen, pas­tell­far­be­nen Ro­ben, die im Gras sa­ßen. Weit in der Fer­ne senk­te sich die Son­ne in ei­nem gol­de­nen Schein dem Meer ent­ge­gen.
    Ein hüb­sches, rot­haa­ri­ges Mäd­chen stand auf, kam auf mich zu und um­arm­te mich.
    „Will­kom­men in Ka­li­for­ni­en, Ge­or­ge.“ Die Um­ar­mung fühl­te sich echt an. Auch der Wind: Er war kühl, feucht und re­al. Ich schau­te mir die Leu­te, die um mich her­um sa­ßen, an. Sie hat­ten Zeit mei­nes Le­bens ver­sucht, mit mir in Kon­takt zu tre­ten, und wa­ren so oft in mei­ner Ein­bil­dung auf­ge­taucht, daß ich ih­re Ge­sich­ter kann­te. Sie wa­ren stets mei­ne Freun­de ge­we­sen.
    Aber ich wuß­te, was sie woll­ten. Sie woll­ten mei­ne Be­fehls­ga­be ein­set­zen. Sie woll­ten, daß ich mit mei­ner hüb­schen neu­en Ma­schi­nen­pis­to­le ziel­te und den Ab­zug be­tä­tig­te.
    Sie brauch­ten den glei­chen Tritt in den Hin­tern, den Ah­med mir ver­setzt hat­te. Ich setz­te mich be­quem hin, nahm ei­ne kampf­lus­ti­ge Po­se ein und mach­te ein fins­te­res Ge­sicht. „Was zum Teu­fel, wollt ihr von mir?“
    Sie starr­ten mich an. Der sanf­tes­te von ih­nen sag­te: „Du könn­test uns da­bei hel­fen, den Krieg zu be­en­den. Du brauchst nichts an­de­res zu tun, als die Füh­rer zu be­ein­flus­sen. Wir rich­ten ih­re Er­zie­hungs­sys­te­me zum Po­si­ti­ven hin aus, sor­gen da­für, daß je­der­mann die Ge­set­ze be­fol­gen möch­te, stat­ten al­le mit ei­nem In­stinkt aus, der au­to­ma­tisch zum Rich­ti­gen hin­fuhrt, und eli­mi­nie­ren die un­ter­schied­li­chen Wert­vor­stel­lun­gen, über die sie sich re­gel­mä­ßig in die Haa­re krie­gen.“
    „Frie­den ist die Ur­sa­che von Krie­gen“, sag­te ich, bloß um et­was Kon­trä­res zu sa­gen. „Die Men­schen mö­gen den Frie­den gar nicht.“ Ich ver­such­te mir aus­zu­den­ken, wie ich ih­nen am bes­ten et­was über Macht­ver­hält­nis­se

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