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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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flie­gen zu las­sen, aber nichts ge­sch­ah. Die Er­in­ne­rung war weg. Ich saß in ei­nem klei­nen Raum in der Kri­mi­nel­len­ab­tei­lung des Hos­pi­tals und hat­te ei­ne Zwangs­ja­cke an, die mei­ne Ar­me un­be­weg­lich mach­te. Man un­ter­zog mich ei­ner Ge­hirn­wä­sche und hat­te aus Ver­se­hen den Strom nicht wie­der ab­ge­schal­tet.
    Mei­ne geis­ti­gen Füh­ler tas­te­ten durch den Kor­ri­dor. Nie­mand war bei Be­wußt­sein.
    In dem Raum jen­seits des Kor­ri­dors knie­te der Tech­ni­ker ne­ben dem Arzt auf dem Fuß­bo­den und fühl­te des­sen Puls. Ich gab ihm einen Be­fehl, und er kam rü­ber, lös­te die Elek­tro­den von mei­nem Kopf und be­frei­te mich von der Zwangs­ja­cke.
    Ich stand auf und reck­te mich.
    „Das ver­ges­sen Sie“, sag­te ich zu ihm.
    Er nick­te.
     
    Ah­med fand mich ei­ne Stun­de spä­ter. Ich lag schla­fend in mei­nem Kran­ken­bett und hat­te das An­stalts­nacht­hemd wie­der an. Mei­ne Klei­der hin­gen an ei­nem Ha­ken im Schrank.
    Ah­med rüt­tel­te mei­ne Schul­ter und re­de­te auf mich ein.
    „Die rät­sel­haf­te Epi­lep­sie­wel­le in der Ge­hirn­wä­sche­ab­tei­lung hat ganz schö­ne Krei­se ge­zo­gen. Es ging los, als sie dich in Be­hand­lung hat­ten, und traf ge­nau die Bü­ro­kra­ten­ty­pen, die dir schon im­mer ein Dorn im Au­ge wa­ren – je­ne, die du am meis­ten für dei­ne Schwie­rig­kei­ten ver­ant­wort­lich ma­chen wür­dest. Du hast ja noch nie die­se Tin­ten­kleck­ser aus­ste­hen kön­nen, die ewig ir­gend­wel­che For­mu­la­re aus­ge­füllt ha­ben woll­ten. Ih­re Sym­pto­me äh­neln Über­do­sis-Lö­schun­gen und er­in­nern an die Elek­tro­schock­the­ra­pi­en al­ten Stils. Ich ha­be dich zwar ein paar­mal wü­tend wer­den se­hen, Ge­or­ge, aber noch nie ge­walt­tä­tig. Was hast du da­zu zu sa­gen?“
    „Zu sa­gen?“ frag­te ich. „Wo­zu?“
    „Du glaubst doch wohl nicht et­wa, du könn­test all die­sen Leu­ten eins ver­pas­sen, oh­ne daß man dir auf die Schli­che kommt?“
    Ich dreh­te mich um und mach­te die Au­gen auf. Sie wa­ren ge­schwol­len. Ich hat­te einen schlech­ten Ge­schmack im Mund. Es war sehr schön ge­we­sen, einen tie­fen Schlaf zu ha­ben und nicht von die­sen schmei­cheln­den Stim­men aus Ka­li­for­ni­en oder ir­gend­wel­chen Alp­träu­men aus der Ver­gan­gen­heit ge­quält zu wer­den. Al­les, was ich woll­te, wa­ren gu­te und an­ge­neh­me Träu­me von Mäd­chen, Lie­be und Glück. Nur zö­gernd kehr­te ich in die Wirk­lich­keit zu­rück. „Wer weiß denn schon, was ich an­ge­stellt ha­be?“
    „Der Sta­tis­tik-Com­pu­ter. Er hat ein paar Ver­gleichs­rech­nun­gen an­ge­stellt und da­bei ei­ne hüb­sche klei­ne Kor­re­la­ti­on zwi­schen der mys­te­ri­ösen Epi­lep­sie­wel­le und dei­ner Be­hand­lung ent­deckt.“
    Einen Au­gen­blick lang schloß ich die Au­gen. Der Com­pu­ter war ei­ne Pet­ze. „Dann frag’ die­sen Hun­de­sohn doch mal, wie er Lar­ry Ru­ba­schows Ge­hirn­wä­sche ent­schul­digt.“
    Ah­med brab­bel­te et­was in sei­nen Arm­band­sen­der und schob sich einen Stöp­sel ins Ohr. „Er sagt, er wür­de in sol­chen Fäl­len nie­mals ei­ne Ge­hirn­wä­sche emp­feh­len, es sei denn, es han­de­le sich um ei­ne me­di­zi­nisch nach­weis­ba­re Funk­ti­ons­stö­rung“, be­rich­te­te er. „Und er sagt noch ei­ne Men­ge mehr.“
    Ich roll­te mich auf den Bauch und ver­grub das Ge­sicht im Kis­sen.
    „Seit Lar­ry an dem Com­pu­ter her­um­ge­fum­melt und ihm gu­tes Eng­lisch bei­ge­bracht hat, re­det die Kis­te zu­viel. Sie sucht so­gar in der Li­te­ra­tur nach pas­sen­den Me­ta­phern. Kein Wun­der, daß die Leu­te sich be­schwe­ren! Im Mo­ment zi­tiert er ge­ra­de das Ge­dicht vom Pa­trio­ten von Ro­bert Brow­ning. In vol­ler Län­ge! Soll ich es für dich wie­der­ho­len?“
    „Nein, dan­ke. Frag’ ihn, was er dar­über denkt, daß ich der Ge­hirn­wä­sche ent­kom­men bin.“
    Ah­med mur­mel­te et­was in den Sen­der hin­ein, dann be­rühr­te er mei­ne Schul­ter und sag­te lei­se: „Der Com­pu­ter sagt, du seist der Ge­hirn­wä­sche nicht ent­kom­men. Man hat dich ei­ner frei­wil­li­gen Per­sön­lich­keits­kor­rek­tur

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