Der Esper und die Stadt
fliegen zu lassen, aber nichts geschah. Die Erinnerung war weg. Ich saß in einem kleinen Raum in der Kriminellenabteilung des Hospitals und hatte eine Zwangsjacke an, die meine Arme unbeweglich machte. Man unterzog mich einer Gehirnwäsche und hatte aus Versehen den Strom nicht wieder abgeschaltet.
Meine geistigen Fühler tasteten durch den Korridor. Niemand war bei Bewußtsein.
In dem Raum jenseits des Korridors kniete der Techniker neben dem Arzt auf dem Fußboden und fühlte dessen Puls. Ich gab ihm einen Befehl, und er kam rüber, löste die Elektroden von meinem Kopf und befreite mich von der Zwangsjacke.
Ich stand auf und reckte mich.
„Das vergessen Sie“, sagte ich zu ihm.
Er nickte.
Ahmed fand mich eine Stunde später. Ich lag schlafend in meinem Krankenbett und hatte das Anstaltsnachthemd wieder an. Meine Kleider hingen an einem Haken im Schrank.
Ahmed rüttelte meine Schulter und redete auf mich ein.
„Die rätselhafte Epilepsiewelle in der Gehirnwäscheabteilung hat ganz schöne Kreise gezogen. Es ging los, als sie dich in Behandlung hatten, und traf genau die Bürokratentypen, die dir schon immer ein Dorn im Auge waren – jene, die du am meisten für deine Schwierigkeiten verantwortlich machen würdest. Du hast ja noch nie diese Tintenkleckser ausstehen können, die ewig irgendwelche Formulare ausgefüllt haben wollten. Ihre Symptome ähneln Überdosis-Löschungen und erinnern an die Elektroschocktherapien alten Stils. Ich habe dich zwar ein paarmal wütend werden sehen, George, aber noch nie gewalttätig. Was hast du dazu zu sagen?“
„Zu sagen?“ fragte ich. „Wozu?“
„Du glaubst doch wohl nicht etwa, du könntest all diesen Leuten eins verpassen, ohne daß man dir auf die Schliche kommt?“
Ich drehte mich um und machte die Augen auf. Sie waren geschwollen. Ich hatte einen schlechten Geschmack im Mund. Es war sehr schön gewesen, einen tiefen Schlaf zu haben und nicht von diesen schmeichelnden Stimmen aus Kalifornien oder irgendwelchen Alpträumen aus der Vergangenheit gequält zu werden. Alles, was ich wollte, waren gute und angenehme Träume von Mädchen, Liebe und Glück. Nur zögernd kehrte ich in die Wirklichkeit zurück. „Wer weiß denn schon, was ich angestellt habe?“
„Der Statistik-Computer. Er hat ein paar Vergleichsrechnungen angestellt und dabei eine hübsche kleine Korrelation zwischen der mysteriösen Epilepsiewelle und deiner Behandlung entdeckt.“
Einen Augenblick lang schloß ich die Augen. Der Computer war eine Petze. „Dann frag’ diesen Hundesohn doch mal, wie er Larry Rubaschows Gehirnwäsche entschuldigt.“
Ahmed brabbelte etwas in seinen Armbandsender und schob sich einen Stöpsel ins Ohr. „Er sagt, er würde in solchen Fällen niemals eine Gehirnwäsche empfehlen, es sei denn, es handele sich um eine medizinisch nachweisbare Funktionsstörung“, berichtete er. „Und er sagt noch eine Menge mehr.“
Ich rollte mich auf den Bauch und vergrub das Gesicht im Kissen.
„Seit Larry an dem Computer herumgefummelt und ihm gutes Englisch beigebracht hat, redet die Kiste zuviel. Sie sucht sogar in der Literatur nach passenden Metaphern. Kein Wunder, daß die Leute sich beschweren! Im Moment zitiert er gerade das Gedicht vom Patrioten von Robert Browning. In voller Länge! Soll ich es für dich wiederholen?“
„Nein, danke. Frag’ ihn, was er darüber denkt, daß ich der Gehirnwäsche entkommen bin.“
Ahmed murmelte etwas in den Sender hinein, dann berührte er meine Schulter und sagte leise: „Der Computer sagt, du seist der Gehirnwäsche nicht entkommen. Man hat dich einer freiwilligen Persönlichkeitskorrektur
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