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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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ich den anderen sagen, wenn ich zurückkomme? Falls ich jemals zurückkomme?«
    »Ihnen wird schon was einfallen.«
    »Normalerweise vielleicht«, sprach Woodrow in sein Taschentuch.
    »Ihnen fällt doch immer was ein«, sagte Justin.
    Ängstlich drehte Woodrow den Kopf in seine Richtung, aber Justin stand immer noch an der Tür, die Hände hinterm Rücken.
    »Wer hat Sie angewiesen, die Sache zu unterdrücken, Sandy?«, fragte Justin.
    »Pellegrin! Was dachten Sie denn? ›Verbrennen Sie das Zeug, Sandy. Vernichten Sie alle Kopien.‹ Befehl von höchster Stelle. Ich hatte nur eine Kopie behalten. Die hab ich dann verbrannt. Hat nicht lange gedauert.« Er schniefte, bemüht, nicht wieder in Tränen auszubrechen. »War’n braver Junge. Bin kein Risiko eingegangen. Wollte mich nicht auf den Hausmeister verlassen. Hab die Kopie eigenhändig in den Ofen geworfen. Gute Ausbildung. Bester meines Jahrgangs.«
    »Wusste Porter Bescheid?«
    »Gewissermaßen. Partiell. Hat ihm nicht gefallen. Er mag Bernard nicht. Offener Krieg zwischen den beiden. Jedenfalls, soweit das im Ministerium möglich ist. Porter hatte da so einen Spruch. Pellegrin soll mir nicht auf die Pelle gehn . Damals fand ich das ziemlich witzig.«
    Offenbar fand er es auch jetzt noch ziemlich witzig, denn er versuchte ein raues Lachen, das aber nur dazu führte, dass er wieder in Tränen ausbrach.
    »Hat Pellegrin gesagt, warum Sie die Sache unterdrücken sollten? Warum alle Kopien verbrannt werden mussten?«
    »Gott«, murmelte Woodrow.
    Langes Schweigen. Woodrow starrte in die Kerze, als wollte er sich selbst hypnotisieren.
    »Was ist?«, fragte Justin.
    »Ihre Stimme, alter Junge, sonst nichts. So erwachsen geworden.« Woodrow fuhr sich mit einer Hand über den Mund und betrachtete dann eingehend seine Fingerspitzen. »Wir waren davon ausgegangen, dass Sie längst an Ihre Grenzen gestoßen sind.«
    Justin stellte die Frage noch einmal, formulierte sie um, als spräche er mit einem Ausländer oder mit einem Kind. »Sind Sie auf die Idee gekommen, Pellegrin zu fragen, warum das Dokument vernichtet werden musste?«
    »Zwei Gründe, Bernard zufolge. Zunächst einmal standen britische Interessen auf dem Spiel. Man muss seine eigenen Leute schützen.«
    »Haben Sie ihm das abgenommen?«, fragte Justin, und wieder musste er warten, während Woodrow die nächste Tränenflut zurückdrängte.
    »Das mit ThreeBees habe ich geglaubt. Selbstverständlich. Speerspitze der britischen Wirtschaft in Afrika. Unser Kronjuwel. Curtiss der Liebling der afrikanischen Führer, verteilt Schmiergelder nach allen Seiten, nach links und rechts und in die Mitte. Der Mann hat eine wichtige Funktion für unser Land. Außerdem unterhält er intime Beziehungen zu zahlreichen Ministern im britischen Kabinett, was ihm auch nicht gerade schadet.«
    »Und der zweite Grund?«
    »KVH. Die Leute in Basel hatten signalisiert, sie wollten in Südwales eine riesige Chemiefabrik errichten. Drei Jahre später in Cornwall eine zweite. Eine dritte in Nordirland. Reichtum und Wohlstand für unsere ärmsten Regionen. Aber wenn wir Dypraxa Steine in den Weg legen würden, wär’s damit Essig.«
    »Und weiter?«
    »Das Medikament war noch in der Testphase. Ist es theoretisch immer noch. Wenn ein paar Leute an dem Giftzeug eingehen, die sowieso sterben müssen – was ist dabei? Das Zeug ist ja in Großbritannien nicht zugelassen, also wozu die Aufregung.« Sein Trotz war zurückgekehrt. Er appellierte an einen Kollegen. »Ich meine, ehrlich, Justin. An irgendwem müssen Medikamente doch getestet werden! Wen würden Sie denn dafür auswählen? Die Harvard Business School?« Konsterniert, dass sein treffliches Argument bei Justin keine Zustimmung fand, versuchte er es mit einem anderen. »Ich meine, Herrgott. Es ist doch nicht Sache des Außenministeriums, die Sicherheit im Ausland hergestellter Medikamente zu beurteilen! Das Ministerium soll die Räder der britischen Industrie schmieren, und nicht rumlaufen und jedem erzählen, eine britische Firma würde in Afrika ihre Kunden vergiften. Sie wissen doch, wie das ist. Wir werden nicht dafür bezahlt, dass wir uns solche Dinge zu Herzen nehmen. Schließlich wird niemand getötet, der nicht sowieso sterben würde. Ich meine, Herrgott, sehen Sie sich doch die Sterberate in diesem Land an.«
    Justin ließ sich etwas Zeit, über diese erstklassigen Argumente nachzudenken. »Aber für Sie war es doch eine Herzensangelegenheit, Sandy«, wandte er schließlich

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