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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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Seite niedersinken. Lorbeer erhebt sich und schleicht wie ein eingesperrtes Tier im Zelt herum. Genauso habe ich meine Gefangenschaft im Untergeschoss durchgestanden, denkt Justin und beobachtet, wie sein Gefangener stehen bleibt, entsetzt sein Gesicht in einem Blechspiegel mustert und dann lange ein Holzkreuz betrachtet, das an der Leinwand über dem Kopfende der Pritsche befestigt ist.
    »Gott im Himmel. Wie zum Teufel haben Sie mich gefunden, Mann?«
    »Mit Leuten gesprochen. Ein bisschen Glück war auch dabei.«
    »Lassen Sie den Quatsch, Mann. Von wegen Glück. Wer bezahlt Sie?«
    Lorbeer geht immer noch hin und her. Schüttelt sich den Schweiß von den Schläfen. Fährt herum, als befürchte er, Justin könne sich von hinten auf ihn stürzen. Starrt ihn argwöhnisch und vorwurfsvoll an.
    »Ich arbeite freiberuflich«, sagt Justin.
    »Unsinn, Mann! Ich hab schon viele Journalisten wie Sie gekauft! Ich kenne alle eure Tricks! Wer bezahlt Sie?«
    »Niemand.«
    »KVH? Curtiss? Ich hab diese Kerle reich gemacht, Herrgott noch mal!«
    »Und die haben Sie reich gemacht, stimmt’s? Meinen Unterlagen zufolge besitzen Sie ein Drittel von neunundvierzig Prozent an den Unternehmen, die das Molekül entdeckt haben und patentieren ließen.«
    »Ich habe darauf verzichtet. Lara hat auch darauf verzichtet. Es war schmutziges Geld. ›Behaltet es‹, habe ich gesagt. ›Es gehört euch. Und möge euch Gott beim Jüngsten Gericht gnädig sein.‹ Das habe ich ihnen gesagt, Peter.«
    »Wem genau?«, fragt Justin nach. »Curtiss? Jemandem von KVH?« In Lorbeers Gesicht steht das blanke Entsetzen. »Oder vielleicht Crick. Ah ja. Verstehe. Crick war Ihr Verbindungsmann bei ThreeBees.«
    Und er schreibt Crick in sein Notizbuch, jeden Buchstaben einzeln, weil seine Hand von der Hitze schwerfällig geworden ist. »Aber Dypraxa ist kein schlechtes Medikament, stimmt’s? Meine Zeitung geht davon aus, dass es ein gutes Medikament ist, dessen Zulassung nur zu schnell vorangetrieben wurde.«
    » Schnell? « Das Wort entlockt Lorbeer bitteren Spott. » Schnell , Mann? Die Leute von KVH wollten die Testergebnisse am liebsten vorgestern schon haben.«
    Eine gewaltige Explosion bringt die Welt zum Stillstand. Zuerst ist es Khartums russisches Flugzeug aus Juba, das eine seiner Bomben abwirft. Dann sind es die wilden Reiter aus dem Norden. Dann ist es die wütende Schlacht um die Ölfelder von Bentiu, die vor den Toren der Station angekommen ist. Die Zeltwände beben, sacken in sich zusammen und stemmen sich einer neuen Attacke entgegen. Halteschnüre ächzen und stöhnen, als ungeheure Wassermassen auf das Zeltdach herabstürzen. Doch Lorbeer scheint von dem Angriff nichts mitzubekommen. Er steht mitten im Zelt, eine Hand an die Stirn gepresst, als habe er etwas vergessen. Justin schlägt die Plane zurück und sieht im strömenden Regen drei Zelte tot und zwei weitere vor seinen Augen sterben. Wasser rinnt von der Wäsche an den Leinen. Auf der Grasfläche hat sich ein See gebildet, der schon an der Holzwand des tukuls emporsteigt. Das Wasser schwappt in monströsen Wogen über das Strohdach hinweg, das jetzt über dem Luftschutzraum liegt. Und dann, so plötzlich es begonnen hat, ist das Unwetter vorbei.
    »Nun, Markus«, sagt Justin, als hätte der Wolkenbruch die Luft nicht nur draußen, sondern auch im Zelt gereinigt. »Erzählen Sie mir von Wanza. War sie ein Wendepunkt in Ihrem Leben? Meine Zeitung neigt zu dieser Ansicht.«
    Lorbeers vorquellende Augen fixieren Justin. Er versucht zu sprechen, bringt aber kein Wort heraus.
    »Wanza, aus einem Dorf nördlich von Nairobi. Wanza, die nach Kibera gezogen ist, in den Slum. Und dann ins Uhuru-Krankenhaus gebracht wurde, um dort ihr Kind zu bekommen. Sie ist gestorben, ihr Kind hat überlebt. Meine Zeitung nimmt an, dass Wanza ein Zimmer mit Tessa Quayle geteilt hat. Kann das sein? Oder mit Tessa Abbott, wie sie sich manchmal genannt hat.«
    Noch immer ist Justins Stimme so ruhig und leidenschaftslos, wie es sich für den objektiven Reporter ziemt. Und diese Leidenschaftslosigkeit ist in mancher Hinsicht echt, denn es ist ihm nicht wohl dabei, einen Mann seiner Gnade ausgeliefert zu sehen. Die Verantwortung wiegt schwerer, als ihm lieb ist. Sein Racheinstinkt ist nicht stark genug dafür. Ein Flugzeug fliegt in Richtung Abwurfzone über sie hinweg. Lorbeers Augen verfolgen es mit einem Ausdruck kläglicher Hoffnung. Sie kommen, um mich zu retten! Aber nein. Sie kommen, um den Sudan zu

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