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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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retten.
    »Wer sind Sie, Mann?«
    Lorbeer hat sehr viel Mut gebraucht, um diese Frage zu stellen. Aber Justin geht darüber hinweg.
    »Wanza ist gestorben. Genau wie Tessa. Und wie Arnold Bluhm, ein belgischer Arzt, Mitarbeiter einer Hilfsorganisation, ein guter Freund von ihr. Meine Zeitung nimmt an, dass Tessa und Arnold nur wenige Tage vor ihrer Ermordung hierher gekommen sind, um mit Ihnen zu sprechen. Meine Zeitung geht ferner davon aus, dass Sie Tessa und Arnold gegenüber in Sachen Dypraxa eine Beichte abgelegt haben, und dass Sie die beiden – das ist selbstverständlich nur eine Vermutung – unmittelbar nach ihrer Abreise an Ihre ehemaligen Arbeitgeber verraten haben, um sich selbst abzusichern. Möglicherweise durch einen Funkspruch an Ihren Freund Crick. Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor?«
    »Gott im Himmel, Mann. Herrgott.«
    Markus Lorbeer verbrennt auf dem Scheiterhaufen. Er packt den Zeltpfosten mit beiden Händen, umschlingt ihn und drückt die Stirn daran, als wäre er so vor Justins erbarmungslosen Fragen geschützt. Dann hebt er verzweifelt den Blick gen Himmel, sein Mund flüstert und fleht unhörbar. Justin steht auf, trägt den Stuhl in die Zeltmitte und stellt ihn hinter Lorbeer ab. Dann fasst er ihn am Arm und hilft ihm, sich hinzusetzen.
    »Wonach haben Tessa und Arnold gesucht, als sie hier waren?«, erkundigt er sich. Seine Fragen sind immer noch mit Bedacht so formuliert, dass sie beiläufig klingen. Er möchte keine Geständnisse unter Tränen mehr anhören müssen, keine Appelle an Gott.
    »Sie haben nach meiner Schuld gesucht, Mann, nach meinen Schandtaten, nach den Sünden meiner Überheblichkeit«, flüstert Lorbeer und tupft sich das Gesicht mit einem triefnassen Lappen ab, den er aus der Tasche seiner Shorts gezogen hat.
    »Und haben sie etwas in Erfahrung gebracht?«
    »Alles, Mann. In allen Einzelheiten, ich schwör’s.«
    »Hatten sie einen Kassettenrekorder dabei?«
    »Zwei, Mann! Einer war der Frau zu wenig!« Justin muss innerlich lächeln, als er von Tessas juristischem Weitblick erfährt. »Ich habe mich vor den beiden restlos erniedrigt. Ich habe ihnen im Namen Gottes die ganze Wahrheit erzählt. Es gab keinen Ausweg mehr. Ich war das letzte Glied in der Kette ihrer Recherchen.«
    »Haben sie gesagt, was sie mit den von Ihnen gelieferten Informationen anfangen wollten?«
    Lorbeer riss die Augen auf, aber sein Mund blieb geschlossen, und sein Körper war so starr, dass Justin sich einen kurzen Moment lang fragte, ob ihn ein gnädiger Tod ereilt habe, doch anscheinend dachte er nur nach. Plötzlich sprach er sehr laut; er schrie fast vor Anstrengung, die Worte über die Lippen zu bekommen.
    »Sie wollten die Informationen dem einzigen Menschen in Kenia vorlegen, zu dem sie Vertrauen hatten. Sie wollten die ganze Geschichte Leakey unterbreiten. Alles, was sie gesammelt hatten. Kenianische Probleme sollten in Kenia gelöst werden, hat sie gesagt. Leakey sei der richtige Mann dafür. Davon waren sie überzeugt. Die beiden haben mich gewarnt. Das heißt, sie hat mich gewarnt. Markus, Sie sollten besser verschwinden. Hier sind Sie nicht mehr sicher. Suchen Sie sich ein tieferes Loch, denn diese Leute werden versuchen, Sie in Stücke zu hacken, weil Sie sie an uns verraten haben.«
    Es fällt Justin schwer, aus Lorbeers erstickten Worten zu rekonstruieren, was Tessa wirklich gesagt hat, aber er gibt sich alle Mühe. Immerhin hat er kein Problem mit dem Kern ihrer Aussage, denn Tessa hätte tatsächlich immer zuerst an Lorbeer und dann erst an sich selbst gedacht. Und ein Ausdruck wie »in Stücke hacken« war zweifellos typisch für sie.
    »Was hatte Bluhm Ihnen zu sagen?«
    »Er war ziemlich direkt, Mann. Hat gesagt, ich sei ein Scharlatan und hätte meinen Glauben verraten.«
    »Und das hat Ihnen natürlich geholfen, ihn zu verraten«, erklärt Justin freundlich, aber seine Freundlichkeit nützt nichts, denn Lorbeer ist bereits in Tränen ausgebrochen. Sein Geheul ist noch schlimmer als das von Woodrow. Schluchzend und jammernd versucht er, mildernde Umstände für sich in Anspruch zu nehmen. Ihm liege sehr viel an dem Medikament. Es habe nicht verdient , öffentlich verurteilt zu werden! Noch ein paar Jahre, und es werde zu den großen medizinischen Entdeckungen unserer Zeit zählen! Wir müssen nur noch die toxischen Schwellenwerte und die richtige Dosierung ermitteln! Daran wird bereits gearbeitet, Mann! Wenn es in Amerika auf den Markt kommt, sind diese kleinen Fehler

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