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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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dass er einiges an Verdiensten vorzuweisen hat«, gab Woodrow zu.
    Rob stieß ein ungeduldiges Schnauben aus. »Hören Sie. Vergessen wir seine Verdienste. Ganz persönlich: Mögen Sie ihn, ja oder nein? Ganz schlicht und einfach.« Bei diesen Worten warf er sich in eine neue Sitzhaltung.
    »Mein Gott«, gab Woodrow über die Schulter zurück, diesmal darauf bedacht, es mit der Theatralik nicht zu übertreiben, ohne aber auf einen Anflug von Verzweiflung in seiner Stimme ganz zu verzichten. »Gestern hieß es, definieren Sie lieben , heute heißt es, definieren Sie mögen . Wir sind wohl neuerdings im coolen Britannien auf absolute Definitionen aus, oder?«
    »Wir haben nur nach Ihrer Meinung gefragt, Sir«, sagte Rob.
    Vielleicht war es das Sir , das den Erfolg brachte. Bei ihrem ersten Zusammentreffen hatte es Mr Woodrow geheißen oder, wenn sie sich ganz mutig fühlten, Sandy. Jetzt waren sie beim Sir angelangt, was Woodrow deutlich machte, dass diese beiden jungen Polizeibeamten mitnichten seine Kollegen waren, nicht seine Freunde, sondern Außenseiter aus der Unterschicht, die ihre Nasen in den exklusiven Klub steckten, der ihm seit siebzehn Jahren Ansehen und Schutz gewährte. Er verschränkte die Hände hinter dem Rücken und straffte die Schultern, dann drehte er sich langsam um, bis er seinen Befragern in die Augen sah.
    »Arnold Bluhm hat ein einnehmendes Wesen«, erklärte er wie ein Dozent von oben herab quer durch den Raum. »Er sieht gut aus, besitzt einen gewissen Charme. Witz, falls man diese Art von Humor mag. So etwas wie Ausstrahlung – vielleicht macht das der schmucke kleine Bart. Für alle, die leicht zu beeindrucken sind, ist er ein afrikanischer Volksheld.« Womit er sich wieder von ihnen abwandte, als erwartete er, dass sie ihre Sachen packten und das Haus verließen.
    »Und für jene, die nicht so leicht zu beeindrucken sind?«, fragte Lesley, die seine abgewandte Haltung dazu nutzte, ihn eingehend in Augenschein zu nehmen: die Hände, die sich hinter seinem Rücken gegenseitig Trost spendeten, das nicht belastete, wie zur Selbstverteidigung angehobene Knie.
    »Oh, wir sind sicherlich in der Minderheit«, erwiderte Woodrow mit samtener Stimme.
    »Ich stelle mir nur vor, dass es für Sie beunruhigend gewesen sein könnte – vielleicht auch ärgerlich, in Ihrer verantwortlichen Position als Leiter der Kanzlei –, das sich all dies vor Ihren Augen abspielte und Sie gar nichts tun konnten, um dem Einhalt zu gebieten. Ich meine, Sie konnten schlecht zu Justin gehen und zu ihm sagen: ›Schau dir den bärtigen schwarzen Mann da drüben an, der macht mit deiner Frau rum‹, nicht wahr, das wäre nicht gegangen. Oder sehe ich das falsch?«
    » Wenn ein Skandal das hohe Ansehen der Gesandtschaft zu schädigen droht, dann habe ich das Recht – sogar die Pflicht – zu intervenieren.«
    »Und haben Sie das getan?«, fragte Lesley.
    »Im Prinzip, ja.«
    »Bei Justin? Oder direkt bei Tessa?«
    »Das Problem war doch ganz offensichtlich, dass ihr Verhältnis zu Bluhm zu gut getarnt war, wenn man so will«, wich Woodrow der Frage aus. »Der Mann ist ein angesehener Arzt. Er wird von den Hilfsorganisationen sehr geschätzt. Tessa war seine ergebene Helferin. Auf der Oberfläche lief alles völlig korrekt ab. Man kann nicht einfach hergehen und die beiden des Ehebruchs bezichtigen, ohne Beweise zu haben. Man kann höchstens sagen: Sieh mal, dein Verhalten könnte falsch gedeutet werden, also sei doch bitte etwas vorsichtiger.«
    »Und zu wem haben Sie das gesagt?«, hakte Lesley nach und kritzelte etwas in eins ihrer Notizbücher.
    »So einfach ist das nicht. Das war nicht mit einem Mal – mit einer Unterhaltung – abgetan.«
    Lesley beugte sich vor, vergewisserte sich, dass die Spule im Aufnahmegerät sich drehte. »Zwischen Ihnen und Tessa?«
    »Tessa war eine brillant konstruierte Maschine, bei der die Hälfte der Zahnräder fehlte. Bevor sie ihren kleinen Sohn verlor, war sie ein bisschen wild. So weit, so gut.« Woodrow, der sich anschickte, seinen Verrat an Tessa zu besiegeln, musste an Porter Coleridge denken, wie er in seinem Arbeitszimmer gesessen und voller Wut Pellegrins Anweisungen zitiert hatte. »Aber hinterher – und das sage ich mit großem Bedauern – hatten nicht wenige von uns das Gefühl, es habe sie vollkommen aus der Bahn geworfen.«
    »War sie nymphoman?«, fragte Rob.
    »Ich fürchte, diese Frage bewegt sich etwas außerhalb meines Horizonts«, entgegnete Woodrow

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